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26J/65-
Musikalische
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Formenlehre
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in
dreiunddreissig Aufgaben
mit
zahlreichen, ausschliesslich in den Text gedruckten Muster-
Uebungs- und Erläuterungs-Beispielen, sowie Anführungen aus
den Meisterwerken der Tonkunst
für den
Unterricht an öffentlichen Lehr-Anstalten,
den
Priyat-nndSellist-ünterriclit
systematisch -meth.odisoli dargestellt
7011
Ludwig Bussler.
Berlin SW., 1878.
(C. G. Lüderitz' sehe Verlagsbuchhandlung.)
33. Wilhelm- Strasse 33.
I
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Das Recht der Uebersetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten. '
Der Abdruck der einzelnen Muster- und Uebungsbeispiele ist nicht gestabei
1
^ Vorwort
Der vorKegende Theil der Compositionslehre behandelt die-
jenigen Formen, welche der Mehrzahl der Werke
Haydrfs, Mozarts, Beethoven 9 s, Weber 9 s, Schuberfs,
Mendelssohn 9 s, Schümanns u. V. A., auch der meisten
lebenden Tonkünstler
zu Grunde liegen.
Da die Musik hier, frei von äusseren Einflüssen, nach ihren
eigenen Gesetzen schaltet, ist es hauptsächlich die Instrumental-
musik, welche diese Formen zur Geltung bringt: man bezeichnet
sie daher auch gern als Formen der Instrumentalmusik.
Doch ist ihr Einfluss auf die Yocalmusik, besonders der genannten
Meister, sehr gross und leicht nachweisbar.
Im Gegensatz zu den contrapunktischen Formen heissen sie
frei, weil sie jede Art von Tonsatz gestatten, und weder an die
Nachahmung noch an das hörbare Metrum der älteren Tonkunst
gebunden sind, ohne jedoch die Anwendung dieser beiden grund-
sätzlich auszuschliessen.
Es ergibt sich hieraus, dass die Ansprüche an das eigent-
liche selbstschöpferische Talent hier erheblich grösser sind, als
in den vorangehenden Disciplinen, und das Mancher, der mit
leidlichem Geschick und Erfolg bis hierher vorgedrungen ist,
an den Aufgaben der Formenlehre die Grenzen seiner Befähi-
gung erkennt. Es ist eben eine andere Gabe, sich bestimmten
Vorschriften mit mehr oder weniger Anstelligkeit zu fügen, als
IV
sich in freier Gestaltung selbständig zu ergehen. Den Stoff kann
hier nur die natürliche Anlage geben. Desshalb folgt auch auf
die elementaren Disciplinen der Harmonielehre und des strengen
Satzes der freie Contrapunkt, welcher allmählig die Fesseln der
ersteren löst, und den Befähigten mit einer Fülle von künstle-
rischem Material versieht. Unbefähigte aber zur Composition
zu erziehen ist weder Aufgabe noch Verdienst der Compo-
sitionslehre.
Es ergibt sich aber ferner daraus, dass der Stil, dem diese
Formen angehören, auf einer höheren Stufe künstlerischer
Anschauung steht, als der ältere contrapunktische, den er übrigens
in sich aufzunehmen vermag. Es geschieht daher keineswegs
mit Unrecht, dass wir Deutschen, wie in der Poesie: Lessing,
Goethe, Schiller, so in der Musik die drei Grossmeister grade
dieses Stiles: Haydn, Mozart, Beethoven vorzugsweise als
unsere Classiker bezeichnen, und in ihren Werken die höchsten
Leistungen der Tonkunst bewundern.
Berlin im September 1878.
Ludwig Bussler.
Inhalts- Verzeichniss.
Seite
Vorwort III
Einleitung XI
Formenlehre.
I. Die Elemente der musikalischen Form.
A. Der Satz.
§ 1. Zweitakt oder Phrase . 1
Erste Aufgabe
§ 2. Der Doppelzweitakt 4
§ 3. Der yiertaktige Satz 5
Zweite Aufgabe
B. Die Periode.
§ 4. Die kleine, achttaktige Periode 7
1) Erste Form.
Dritte Aufgabe 1.
2) Zweite Form.
Dritte Aufgabe 2.
3) Dritte. Form.
Dritte Aufgabe 3.
4) Vierte Form.
Dritte Aufgabe 4.
O. Die kleinen Liedformen.
§ 5. Die kleine zweitheilige Liedform 14
VI
8«ite
Erste Form 14
Vierte Aufgabe 1.
Zweite Form A) in Dur , . . 17
Vierte Aufgabe 2.
B) in Moll 19
Vierte Aufgabe 3.
Dritte Form 23
Vierte Aufgabe 4.
§ 6. Der grosse — achttaktige — Satz 24
1) tonisch selbständig 24
Fünfte Aufgabe i.
2) Vorder- und Nachsatz 27
Fünfte Aufgabe 2.
3) Doppelsatz 28
Fünfte Aufgabe 3.
§ 7. Die dreitheilige Periode 30
§ 8. Die kleine dreitheilige Liedform 31
Sechste Aufgabe.
D. Die grossen Liedformen.
§ 9. Die grosse zweitheilige Liedform 36
Siebente Aufgabe.
§. 10. Die grosse dreitheilige Liedform 37
Achte Aufgabe.
E. Freiheiten der OonstruoÜon.
§ 11. Erweiterung 39
Neunte Aufgabe l.
Neunte Aufgabe 2.
Neunte Aufgabe 3.
§ 12. Verkürzung 48
Zehnte Aufgabe.
§ 13 Zusammenfallen des Schluss- und Anfangstaktes öl
§ 14. Unregelmässige Takfrverbindungen . . , 52
1) Dreitakt.
2) Fünftakt.
§ 15. Freiheiten der Modulation 54
§ 16. Das Motiv und dessen Verwendung 57
vn
8eit«
n. Angewandte Liedform.
A. Zusammengesetzte Liedform.
§ 17. Zusammengesetzte Liedform 61
§ 18. Die Variation und Etüde 61
§ 19. Die eigentlichen Tanzformen 63
Polka 64
Galop 64
Polka Mazurka 65
Walzer 66
Elfte Aufgabe.
§ 20. Die Marschformen 68
Militärmarsch 68
Festmarsch 78
Trauermarsch 78
Polonaise m 78
Contretanz 79
Zwölfte Aufgabe.
§ 21. Idealisirte Tanzformen . 79
Menuet
Scherzo
Dreizehnte Aufgabe.
§ 22. Besondere Formen 88
Vierzehnte Aufgabe.
Fünfzehnte Aufgabe.
B. Die niederen Rondoformen.
§ 23. Einführung 92
§ 24. Rondo erster Form • . 93
Sechzehnte Aufgabe.
§ 25. Rondo zweiter Form • 99
Siebzehnte Aufgabe.
§ 26. Rondo dritter Form 102
Achtzehnte Aufgabe.
§ 27. Uebergangsformen 107
§ 28. Das gesungene Lied • . . . 108
Neunzehnte Aufgabe.
IE. Die Sonatenform.
§ 99. Sonate und Sonatenform 114
VIII
A. Die Sonatine. sei*
§ 30. Der erste Theil der Sonatiiienform 115
Zwanzigste Aufgabe.
§ 31. Der erste Theil der Sonatine in Moll 120
Einundzwanzigste Aufgabe.
§ 32. Der dritte Theil der Sonatmenform in Dur 122
Zweiundzwanzigste Aufgabe.
§ 33. Der dritte Theil der Sonatine in Moll 124
Dreiundzwanzigste Aufgäbe.
§ 34. Ausfall der Modulation im ersten Theil 127
§ 35. Der zweite Theil der Sonatmenform 129
Vierundzwanzigste Aufgabe.
B. Die Sonate.
• Der erste Theil der Sonatenform.
§ 36. Ausdehnung des Hauptsatzes 134
a) durch Wiederholung.
b) durch Zusatz. ,
c) durch Periodenbildung.
Fünfundzwanzigste Aufgabe.
§ 37. Der Yermittelungssatz 148
a) thematisch entlehnt 149
b) Selbständig 151
c) Beides verbunden 152
Sechsundzwanzigste Aufgabe.
§ 38. Das zweite Thema oder der Seitensatz 153
Siebenundzwanzigste Aufgabe.
§ 39. Der Schlusssatz 156
§ 40. Der Anhang 158
§ 41. Die Ueberleitung 160
Achtundzwanzigste Aufgabe.
Der dritte Theil der Sonatenform.
§ 42 .162
Neunuadzwanzigste Aufgabe.
§ 43. Modulatorische Freiheit .166
§ 44. Modifikationen der einzelnen Glieder im dritten T heile .... 167
Der Durchfühmngssatz.
§ 45 . . 170
IX
46. Die thematische Arbeit 170
§ 47. Thematische Arbeit im Durchführungssatz 171
Dreissigste Aufgabe.
§ 48. Das Ganze der Sonatenform 176
Freiheit der Modulation 177
Dislocation der Theile 181
Einleitung und Schlussanhang 182
Thematische Arbeit 182
§ 49. Modifikation der Sonatenform im Finale 185
IV. Die höheren Rondoformen.
§ 50. Die höheren Rondoformen 189
§ 51. Die vierte Rondoform 189
Einunddreissigste Aufgabe.
§ 52. Die fünfte Rondoform 192
Zweiunddreissigste Aufgabe.
§ 53. Das langsame Tempo 196
Dreiunddreissigste Aufgabe 1.
§ 54. Die zusammengesetzte grosse Sonate 204
Dreiunddreissigste Aufgabe 2.
§ 55. Vorkommen der Instrumentalformen 207
Einleitung.
1. Die Formenlehre setzt die Lehre vom Tonsatz in Har-
monie und Contrapunkt voraus. Ihre Ineinsverarbeitung mit v 4iesen^^
würde nicht allein die Klarheit des Lehrganges beeinträchtigen,
sondern auch den Schüler verwirren und in seiner Entwickeluag
hemmen.
2. Die Aufgabe, um die es sich hier handelt, ist die Co a-
strüction: die Zusammenstellung gleicher, ähnlicher und ver-
schiedener Gedanken zu einem organisch geschlossenen Ganzen,
welches in der Musik mit dem sehr allgemeinen Ausdruck: Satz
bezeichnet wird, in concreterer Bestimmung aber Form ge-
nannt wird.
3. Die Construction heisst insofern frei, als sie weder, wie
im Contrapunkt, an die Nachahmung noch, wie in den älteren
Formen der Oper und Instrumentalmusik, an das hörbare Me-
trum gebunden ist. Doch können die Formen jede Art contra-
punktischen Satzes in sich aufnehmen, und ist auch das hörbare
Metrum von ihnen keineswegs ausgeschlossen, einige von ihnen
'-— die Tanzformen — bedingen sogar dasselbe.
4. Die Mannigfaltigkeit der Formen ist ausserordentlich
gross. Die Lehre kann sich daher nur mit denjenigen beschäf-
tigen, welche als Hauptformen allen übrigen zu Grunde liegen.
Unter diesen verdienen wieder die Elementarformen und die
Sonatenform die meiste Beachtung, die ersteren, weil sie die
XII
kleinsten Theile aller Formen bilden, die letztere, weil sie an
Mannigfaltigkeit, Reichthum und "Vielseitigkeit alle anderen
übertrifft.
5. Mozart und Haydn brachten diese Formen zu absoluter
Vollkommenheit. Beethoven bereicherte und erweiterte sie
durch die grössere Fülle und Mannigfaltigkeit seines harmoni-
schen Satzes, durch seine bahnbrechenden Schöpfungen im
Gebiet des Instrumental-Colorits, und durch seine Ausbildung
der thematischen Arbeit, welche ein Aequivalent des früheren
contrapunktischen Stiles bietet. So vereinigt er gewissermaßen
unter dem höheren Gesichtspunkt der freien rhythmischen Con-
struction alle bishörigen Richtungen der Tonkunst, und ist da-
durch recht eigentlich der Meister der modernen Kunst, aus
dessen Werken vorzugsweise die Muster derselben zu entnehmen
sind.
6. f Zu r wesentlichen Erleichterung des Classenunterrichtes
in der Formenlehre dient die, hier überall berücksichtigte Ver-
wendung der er. '-n/sich in geringem Umfange bewegenden
Arbeiten zur Herstellung der umfangreichen späteren,] da die
wenigsten Schüler im Stande sind, zu diesen Aufgaben immer
neues Material zu bilden, ohne flüchtig und nachlässig zu werden.
Anmerkung. Die erste, systematisch vollständige Formen-
lehre gab A. Reicha (f 1836 zu Paris). C. Czerny (f 1857
zu Wien) übersetzte dieselbe in's Deutsche, und erläuterte sie
mit besonderer Rücksicht auf Beethoven. A. B. Marx
(f 1866 zu Berlin) verbesserte die allzu abstrakte Terminologie
seiner Vorgänger, indem er sie dem allgemeinen (deutschen)
Sprachgebrauch näherte, und erwarb sich um Verbreitung und
Verständniss dieser Lehre grosse Verdienste.
\
Formenlehre.
I. Die Elemente der musikalischen Form.
A. Der Satz.
§1.
Zweitakt oder Phrase«
i Um die Taktart eines musikalischen Satzes dem Gehör ver-
ständlich zu machen} ist mindestens erforderlich, dass dieser
Satz die Dauer einesxaktes überschreite. Denn erst die Wieder-
kehr der gleichen Momente der Taktart (derselben Takttheile) im
zweiten Takt, macht dem Ohre die Taktart erkennbar.
Eine Tonfolge, welche, indem sie d$« Mafs eines
Taktes überschreitet, die Taktart dem Gehör verständ-
lich macht, bezeichnen wir als Zweitakt oder Phrase.
Der Zweitakt bildet das Grundelement unserer gesammten
classischen Instrumentalformen, so dass man den grössten Theil der
Compositionen, welche diesen angehören, ohne Mühe in Zweitakte
zerlegen, kann.
[Einesyb es on deren Beleges bedarf diese Behauptung hier nicht,
da die, im ganzen vorliegenden Buche enthaltenen Beispiele innen,
solchen geben werden.
Wir unterscheiden dreierlei Zweitakte:.
1) solche, die den Raum von zwei Takten vollständig
ausfüllen, und zwar durch Töne, wie z. B.*)
*) Da die Bekanntschaft der hier angezogenen Meisterwerke vorausgesetzt werden darf,
war es zulässig, sie grösstenteils nnr im melodischen Auszog zu geben, und dadurch erheblich
an Raum zu gewinnen. Ohne diese Voraussetzung wäre es nicht gerathen, die Mittheilung auf
den melodischen Auszug zu beschränken , da das Auseinanderzerren des concreten Kunstwerkes
nach abstrakten (Lehr-) Begriffen eine aesthetische Unwahrheit eiaschliesst, und die jugendliche
Phantasie auf Abwege einer verderblichen Abstraktion lenken kann. Der junge Componist hat
also stets den melodischen Auszug zum Ganzen des Kunstwerkes aus dem Gedächtniss zu ver-
vollständigen.
Bussle r, Formenlehre. \
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Beethoven.
1
Mozart.
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i i
i
fc*;
fc=t
3
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§Haydn.
=1=
QE
fei
J
2) solche, die den zweiten Takt nicht ausfüllen, son-
dern ihn entweder durch Pausen ergänzen, oder den Rest desselben
für die Anknüpfung eines neuen Gedankens . frei lassen. . ^
a) Durch Pausen ergänzend:
Beethoven. £> £ * S H
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b) Fernerer Anknüpfung freilassend:
3 Beethoven.
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^nene Phrase.
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Mozart.
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X
3) solche, welche in das Folgende (den dritten Takt)
hinüberleiten, wie:
4 Beethoven.
Iffi "f F ^Lfa
trf" pn-.JffrlJ-JJ,, I I
Mozart. Adagio,
Haydn.
Bei mehreren dieser Beispiele ist durch Klammern darauf hin-
gewiesen, dass das Ohr den Takt nicht von Taktstrich zu Taktstrich,
sondern vom ersten Ton bis zur Vollendung des Taktwerthes zahlt.
Beginnt also ein Musikstück mit dem Auftakt, so wird der Takt-
werth von diesem an gerechnet.
Viele Zwei takte zerfallen in zwei eintaktige Gedanken;
wie
5 Beethoven.
f He&I\fa\fyfrrr_ \ tf j_ 1
ffiTjffi
Mozart.
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B^g
J7??r ? C
Gegenbewegung
Haydn.
J 1 11 I
Solche Zweitakte werden in der metrischen Zifferschrift*),
wo es wünschenswerth scheint, auf diese Eintheilung hinzuweisen,
durch 2x1 bezeichnet.
*) Metram ist die Eintheilung in Takte, Verbindung und Theilung der Takte nach
Zahibegriffen. Rhythmus ist die Bewegung der Musik auf Grund dieser Eintheilung in
bestimmten, mannigfach verschiedenen Längen und Kursen. Die Metrik wird in der Musik-
lebre vertreten durch die Taktarten, die Rhythmik durch die Notengattungen.
Beispielsweise ist der Taktsohlag 1, 2, 8, 4 ein Metrnm, aber die Bewegung:
T | | | n welche auf Grund dieses Metrums geschieht, ein Rhythmus.
Erste Aufgabe.
Bilde sehr zahlreiche Zweitakte aller drei Arten, vorzugsweise
der ersten.
Dieselben sind in vollständiger harmonischer Ausführung für Klavier
(einzelne nach Belieben für Streichquartett, Harmonium, Orgel, auch
wohl Vocalsatz) zu geben, die gelungensten auszuwählen, und , behufs
späteren Gebrauchs, zu numeriren. Es sind dabei alle Haupttempi
zu berücksichtigen. Hier folgen drei Beispiele von Beethoven, zu
jeder Art eines.
Master.
6 Beethoven. Presto. Allegro con brio.
im
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p
m
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95g
-frii'"&'».
Adagio grazioso
1) «
^m
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§2.
Der Doppelzweitakt.
Die blosse Wiederholung eines Zweitaktes wird in der metrischen
Züferschrift nicht als Viertakt sondern als Zweimalzweitakt
(2x2) bezeichnet.
4x^f
m
$
mm
Dem entsprechend nenn en wir eine solche Wiederholung Doppel-
zweitakt oder Doppelphrase.
Die Bedeutung dieser Bezeichnungen und Benennungen für die
Compositionstechnik wird sich bei den grösseren Constructionen zeigen.
I
Nichtsdestoweniger kommt es hier, als in der praktischen 1 .
Kompositionslehre, nicht darauf an, die Begriffe der Formbildung ,
bis ins Einzelnste genau zu bestimmen; — dies ist vielmehr Aufgabe
der Wissenschaft der Musik; — hier aber werden die Begriffe nur
als Lehrbegriffe, d. h. als Hülfsmittel der Bezeichnung gebraucht, ■
und grade soweit bestimmt, wie es der technische Zweck verlangt. j
Zu den Wiederholungen werden auch solche Veränderungen ge-
zählt, welche nur den tonischen, nicht aber den rhythmischen Inhalt
betreffen, wofern nur die tonische Aehnlichkeit, trotz der Verän-
derung, noch ins Ohr fällt, wie z. B, hier:
8
und:
Beethoven.
frjjJ i rrHrN M
pS
i
Auch rhythmische Veränderungen sind bei der Wiederholung zu-
lässig, wenn sie nicht die Hauptpunkte treffen, sondern sich auf unter-
geordnete Momente beschränken. Letzteres geschieht z. B. bei Ver-
zierungen, figurativen Ausschmückungen und dergleichen.
10
Beethoven. , _ j-m«
J / 3 « T P i
§ 3.
Der viertaktige Satz.
Jede andere Ausdehnung über vier Takte bildet den viertak-
tigen Satz. Auch dieser ist entweder ausgefüllt, abgegrenzt oder
überleitend, und richten sich diese Bestimmungen nach der Be-
schaffenheit seiner zweiten Phrase.
11 Beethoven.
fc=i —
i
^t
1) Ausgefüllt:
2X1
wn
i
$k
2x1
6
jj,¥ r öt i r fmz^ m
2) Abgegrenzt:
P
Mozart.
s
■«i
2
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-»— i — i
si
^
Bei& bleibt ein Viertel des Viertaktes frei, welches zu neuer An-
knüpfung dient.
3) Ueberleitend:
[_r rmif^E^
q j I n 1 j *
Zweite Aufgabe.
Bilde — sehr zahlreiche — viertaktige Sätze 1) durch Er-
gänzung der numerirten Zweitakte der ersten Aufgabe, und zwar
eines jeden auf mehrfache Art,
2) neue.
Muster.
Beethoven.
1
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¥
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f ' r rr ' r
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B. Die Periode,
§4.
Die kleine, achttaktige Periode.
Die unveränderte Wiederholung desselben Satzes gibt einen
Doppelsatz.
Verändert man aber den Satz in der Wiederholung so, dass er
zu dem ersten einen harmonischen Gegensatz bildet, der den beiden
Sätzen das gegenseitige Verhältniss von Vorder- und Nachsatz
gibt, so entsteht die Periode.
8
Dieses Verhältniss wird durch die Verschiedenheit der Schlüsse
beider Sätze hergestellt.
1) Erste Form.
Der Vordersatz bildet einen Halbschluss auf der Oberdomi-
nante, der Nachsatz bildet einen vollkommenen 6anz8chlu88
auf der Tonika.
13. il Beethoven.
is
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Vordersatz
gsy
i=2
Nachsatz
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Mozart.
Vordersatz H. ö.
^Nachsatz G. S. I
Mozart. Moll.
^•fj J J i r e< ^
£
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#=*
Vordersatz
PS
£
££^
£
ü
Nachsatz
Dritte Aufgabe.
Bilde — zahlreiche — achttaktige Perioden mit und ohne
Benutzung der früheren Arbeiten:
14 Beethoven.
Brestimmo.
1) nach der ersten Forte.
Muster.
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Poco Allegretto e grazioso.
10
2) Zweite Form. I
Der Halbschluss des Vordersatzes verschärft sich zu
einem mehr oder weniger vollkommenen Ganzschluss auf
der Oberdominante.
15 jffozart.
i
&
Vordersatz.
r
eJL
[*?? » r f f f tr i e ja
&
Nachsatz.
Dritte Anfgabe.
2) Bilde eine Anzahl Perioden zweiter Form, zum Theil durch
Veränderung der ersten Form.
Beethoven.
16_ Alkaro vivace.
füiif
tr
^ffä
cresc.
11
Allegro motto.
ß \ sj | >h> |
Wä *
t
Vordersatz.
^*
£
nJ a jhlhMtf«^^
Nachsatz.
ff^i
*
3) Dritte Form.
An die Stelle des Halbschlusses oder des Oberdomi-
nantschlusses im Vordersatz t,rj_tt ein unvollkommener,
ausnahmsweise auch vollkommener Ganzschluss auf dem
tonischen Dreiklang.
E§l
17 Mozart. (Kinderlied)
£
Ä
unTollk. 0. Schi.
J^n^Jif rr^p ' ^ Jly ^
Vordersatz.
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vllk. G. Schi.
Weber.
. tu. vj. ocui. n w «oex.
^ Nachsatz. | ' •* R^
Nachsatz.
STScET
j i j ffli\in\
G. Schi.
Beethoven.
12
Dritte Aufgabe»
3) Bilde einige Perioden dritter Form.
Muster.
Beethoven.
18 AUegretto.
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3
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4) Vierte Form.
Der Nachsatz entspricht nicht ganz genau,
nur annähernd dem Vordersatz.
Beethoven. Alkgretto.
sondern
19
Vordersatz.
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Nachsatz.
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anstatt
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13
Mozart. Allearo.
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Dritte Aufgabe.
4) Bilde einzelne Perioden vierter Form.
Beethoven.
Andante cantabüe.
20
Muster.
Nachsatz
^fjHLJCf * *
Der junge Componist, der hier dem Stadium der musikalischen
Formen obliegt, wird neben der Ausarbeitung seiner Aufgaben ein
sorgfältiges Augenmerk auf (alle ihm im praktischen Musikleben be-
gegnenden Formen haben, und sich dieselben jederzeit nach den Lehr-
gebriffen zu erklären suchen. Auch darf ja vorausgesetzt werden , dass
H
er einen Schatz klassischer Musik im Gedächtniss tragt, aus dem er
für jede Form Master entnehmen kann, ohne erst Partitaren auf-
schlagen zu müssen. Jede Musikgattung, in der sich unsere Meister
bewegt haben, bietet hierzu Stoff, nicht etwa die Instrumentalmusik
ausschliesslich, sondern auch die Vocalmusik, Oper und Oratorium.
G. Die kleinen Liedformen.
§5.
Die kleine zweitheilige Liedform.
Die blosse Wiederholung einer Periode, sei es auch mit Ände-
rungen, Variationen, ergibt keine höhere Form. Dagegen gibt die
Verknüpfung von zwei Perioden, welche unter sich wieder das Ver-
hältniss von Vordersatz und Nachsatz herstellen, die zweithei-
lige Liedform.
Gewöhnlich bekommt der Vordersatz der zweiten Periode neuen
Inhalt, während der Nachsatz der zweiten Periode dem Nachsatz
der ersten völlig gleichlautet.
Erste Form.
Erste Periode: genau wie die zur vorigen Aufgabe gebildeten, die
also auch hier benutzt werden können und sollen.
Zweite Periode: Vordersatz mehr oder weniger abweichenden
Inhaltes bildet Halbschluss auf Oberdominante, ausnahmsweise
eine der im vorigen § unter 2, 3 gegebenen Schlüsse. Nachsatz
gleich dem Nachsatz der ersten Periode.
«tt:
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16
Vierte Aufgabe.
1) Bilde hiernach, theils ans den Perioden der vorigen Auf-
gabe, theils mit neuem Stoffe, — sehr zahlreiche — kleine zwei-
theilige Liedformen.
Beethoven.
Adagio.
Huster.
Itaü
fefeg
17
Nachsatz.
Hier ist (wie in vielen Fällen) der Nachsatz der zweiten Periode
dem Nachsatz der ersten Periode nicht völlig gleich, sondern nur
ähnlich.
Auf gleiche Art vervollständigt Beethoven die unter Nr. 14 gege-
bene Periode (Allegretto) zum zweitheiligen Liedsatz. Siehe Klavier-
sonate op. 7, letzten Satz.
Auch die Rondos in den beiden kleinen Sonaten op. 49 beginnen
mit zweitheiligen Liedsätzen dieser Form.
Zweite Form.
A. In Dur.
Die erste Periode schliesst mit einem Ganzschluss in
der Tonart der Oberdominante, modulirt also in diese. Die
zweite Periode bildet sich wie in der ersten Form, und
schliesst in der Tonica.
Vierte Aufgabe.
2) Kleine zweitheilige Liedsätze zweiter Form in Dar.
Bassler, Formenlehre. 2
18
Muster.
r
Beethoven.
23 Andante.
m
i ^n
Gschl. i. d. Oberdom.
19
Halbschl. auf Oberdom. Nachsatz.
B. In Moll.
In Moll schliesst die erste Periode e ntwed er in der Molltonart
der Oberd ominan te (amoll in emoll, cmoll in gmoll etc.) oder in der
parallelen Durtonart, (amoll in Cdur, cmoll in Esdur etc).
2*
20
Muster.
Beethoven.
24 Vordersatz.
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Nachsatz
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Molltonart der Oberdominante.
Vordersatz.
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21
Nachsatz.
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Erste Periode*.
Allegretto.
Vordersatz.
Parallele.
Nachsatz.
Zweite Periode.-
Tonka.
Ebenso die sich unmittelbar anschliessende, zu der vorigen contra-
punctirte Melodie:
22
i
EPPP
vi>wy-
Vierte Aufgabe.
3) Bilde hiernach zweitheilige Liedformen in MolL
Anmerkung zur zweiten Form in Dur. In Dursätzen schliesst
zuweilen die erste Periode in der Molltonart der Obermediante.
(Gdur in Emoll, Asdur in cmoll, Fisdur in aismoll.)
26
i
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IJ)} J J * J|j) I Jr^tUJI
Ebenso wie die Wiederholung einer Phrase keinen Satz, die
Wiederholung eines Satzes keine Periode ergibt, ergibt auch die
Wiederholung einer Periode kein Lied, wenn die Wiederholung auch
nicht (wie in den bisherigen Beispielen) eine wörtliche, nur durch
Wiederholungszeichen angegebene ist, sondern charakteristische Unter-
schiede zeigt.
So beginnt das Scherzo der Asdursonate op. 26 von Beethoven
mit einer achttaktigen Periode, welche sich sofort rhythmisch variirt
wiederholt, aber nur eine wiederholte Periode, kein Lied darstellt
PhimiT \ tt
23
Dergleichen Wiederholungen finden sich in zusammenhangenden
Compositionen häufig, und sind von höheren Formen wohl zu unter-
scheiden. Auch das Allegretto der Cismollsonate zeigt eine solche
ausgeschriebene, durch Bindungen veränderte, rhythmisch gesteigerte
Wiederholung:
28
statt
Dritte Form.
Doch können zwei Perioden in der zweitheiligen Liedform so
construirt sein, dass sie sich im Ganzen als Vorder- und Nachsatz
entsprechen, indem sie also nur durch die harmonische Correspondenz
der Theilschlüsse unterschieden sind. Derart sind z. 6. die beiden in
Mr. 29 untereinander gestellten Perioden des Rondos der Bdursonate op.22,
welche als Muster dienen mögen, zu diesem Zweck aber einer später
., zu erwähnenden Freiheit beraubt werden mussten.
In solchen Perioden entspricht Vordersatz dem Vordersatz,
Nachsatz dem Nachsatz; deshalb pflegen auch diese sich gegenseitig
weniger zu entsprechen. In Buchstaben Hesse sich das bisherige Ver-
hältniss durch a, a, b, a bezeichnen, das jetzt vorliegende durch a,
b, a, b.
Muster.
Erste Periode, Vordersatz.
24
§6.
Der grosse — achttaktige — Satz.
Zwei aneinanderreihte Sätze verschiedenen Inhaltes, ohne har-
monische und rhythmische Correspondeuz, bilden keine Periode, son-
dern einen achttaktigen Satz.
1. Solche Sätze sind oft in sich tonisch selbständig abge-
schlossen, wie
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Oft tritt die Eintheilung weniger deutlich hervor, so dass der Satz
nicht zusammengesetzt, sondern in ungeteilter Einheit erscheint.
31 Beethoven. +. +..
w* ii k i ' m i rgta ig
tm^- iTf i Q- r. g&fo
Diese Fassung kann als die vollkommenste Satzform gelten,
und verlangt besonders fleiösige Uebung.
Fünfte Aufgabe.
1) Bilde hiernach zahlreiche achttaktige tonisch abgeschlossene
Sätze.
Beethoven.
Allegro.
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Muster.
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27
Andere Muster bieten die Erläuterungsbeispiele.
2) Der achttaktige Satz kann auch Theil einer Periode wer-
den, indem er die Stellung eines Vorder- oder Nachsatzes einnimt.
Beethoven.
Andante.
Halbschi.
33
$fra jjpugg jju Ji ^m ^
m
HlbschlJ
r
Hier haben wir einen achttaktigen Vordersatz, der aus zwei
Untersätzen besteht, von denen jeder einen viertaktigen Vordersatz dar-
stellt. Wir haben hier gleichsam einen doppelten Vordersatz
(Vorder -Doppelsatz). Diesem schliesst sich im vorliegenden Falle
ein ebenso construirter Nachsatz an, welcher den ganzen Vordersatz
wiederholt, nur in den letzten beiden Takten tonisch abschliesst.
&
5
: Takt 1-6
So ist eine grosse — sechzehntaktige — Periode her-
gestellt.
Mozart.
Alleqro.
34
Vorstehender Anfang des Allegro der Don Juan-Ouverture
bildet ebenfalls einen zusammengesetzten Vordersatz, der durch den
Nachsatz periodisch abgeschlossen wird.
m
SEE Takt 1-6 :±
£
28
Durch die lebhafte Rhythmik des Schiasses knüpft die Periode
gleich an das Folgende an , ein Verfahren, welches den höheren For-
men, besonders im Allegro, das vorwärts drängende, spannende und
festgeschlossene gibt, welches ihren aesthetischen Charakter aas-
macht.
Fünfte Aufgabe.
2) Bilde a) aus den vorigen selbständigen Achttakten aohttak-
tige Vordersatze.
b) vervollständige sie, durch Anhängen des tonischen Acht-
taktes, su sechzehntaktigen Perioden.
c) bilde dergleichen neu.
Als
Muster
mögen die angeführten Beispiele dienen.
Der grosse achttaktige Satz kann in allen höheren
Formen gelegentlich die kleine acht taktige Periode er setzen*
3) Ebenfalls zu den Sätzen, und nicht zu den Perioden rech-
net man solche Achttakte, welche zwar thematische Correspondenz
zeigen, aber durch vollkommen gleichmässige Construction, bei leb-
haftem Tempo, mehr der Wiederholung als der Periodicität entsprechen.
In der Regel bilden sie auch keine vollkommenen Schlüsse, doch kann
dies ausnahmsweise vorkommen. Wir zählen diese Gestalten zu den
Doppelsätzen, ohne ihre Verwandschaft mit der Periode zu leugnen.
35
Mozart.
Allegro.
eine Art Halbschluss.
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siucyru. . i
eine Art nnvllk. Ganzschi.
j
29
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J * — I— I 1 P P »
I f ' üü-i
^^ TTm4a«/Ia*ia«mam4a
Unterdominante.
yyjjpTJ" r 1 1 1 f
eine Art
nnyllk.
Ganzschi.
a P^-^liLLS B
Ö
t
g
unvollk. Gschl.
mit Vorhalt.
Mozart hat diese Construction sehr geliebt, und in vielen seiner
schönsten Gompositionen angewendet, behandelt sie aber stets als
Vordersatz, oder auch als.Theil eines solchen. Beethoven's
Egmont-Ouverture beginnt ebenfalls mit einem solchen Satz.
Aehnlich construirt, aber dem Doppelsatze noch näher verwandt
ist folgender Vordersatz des Pilgerchors aus Tannhäuser:
36
Wagner.
Andante.
SÄ
Unterdom.
Andante, - £ Ä s ä .*. J I ♦ £ Ä
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Hlbschl.
k»i* f elf i f r rj i j ^
Der Charakter der blossen Wiederholung tritt noch mehr hervor,
wenn beide Untersätze Halbschlüsse bilden, wie in folgendem Thema
von Mendelsohn's A moll-Sinfonie.
Mendelsohn.
Allegro
37
Efr^ijflf^i-r-tf c Jj ngj p
Hlbschl.
in Cdnr,
Hlbschl.
in Emoll.
30
Fünfte Aufgabe.
3) Bilde einige Sätze dieser Art, nach den vorstehenden Mustern.
§7.
Die dreitheilige Periode.
Kleine Perioden aus drei viertaktigen Sätzen kommen nicht vor.
Dagegen findet man bisweilen grosse dreitheilige Perioden
folgender Construction :
Vordersatz : 8 Takte.
Zwischensatz: 8 Takte.
Nachsatz: 8 Takte.
Diese Form findet sich zuweilen statt der kleinen dreitheiligen
Liedform. Einer besonderen Uebung bedarf sie nicht. Hier ein
Beispiel aus einer Jugendarbeit von Mozart, bei dem manjeuocn eine
kleine Unregelmässigkeit mit hin K auf nehmen ^muss, nämlich die Ver-
längerung des zweiten Satzes von acht auf neun Takte, welche im
Lehrgang erst später zur Sprache kommen kann.
Mozart.
38 Allegro. Vordersatz.
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5
In den allermeisten Fällen betrachtet man die dreitheilige Periode
als ein dreitheiliges Lied, in welchem die Periodicität des Vorder- und
Nachsatzes (ersten und dritten Theiles) einmal ausgeblieben ist,
und grosse Sätze an die Stelle kleiner Perioden getreten sind, welches
beim zweiten Theil (Mittelsatz) fast regelmässig der Fall ist.
Beispiele der Art finden wir daher hier zu den Aufgaben der
dreitheiligen L i e d f r m.
§8-
Die kleine dreitheilige Liedform.
Das dreitheilige Lied entsteht dadurch, dass man zwischen die
beiden Theile des zweitheiligen Liedes dritter Form einen
Theil von gleicher Ausdehnung einschiebt. Dieser eingescho-
bene Theil hat nur ausnahmsweise Periodenform, meist, zu Gunsten
der Mannigfaltigkeit der Construction, irgend eine achttaktige Satzform.
Wir nennen die drei Theile dieser Liedform nach ihrer Folge.
Ersten
Zweiten
Dritten
> Theil.
32
Der gewöhnliche Sprachgebrauch dagegen bezeichnet den zweiten
und dritten zusammen als zweiten Theil, weil sie als solcher häu-
fig wiederholt werden, und gemeinsam zwischen Wiederholungszeichen
stehen.
Erster Theil.
Vordersatz: Halbschluss; unvollkommener, ausnahmsweise voll-
kommener Ganzschluss der Tonica; Ganzschluss der Oberdominante.
oder $oder
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39
Cdur: H. Schi, auf G; C; Gdur.
Cmoll: G; C; Gdur.
Nachsatz: Tonica; Tonart der OberdomiDante; Tonart der
Obermediante in Moll. In Moll: Tonica; Oberdominanttonart in
Moll; Parallele.
Cdur: C, G, e.
Cmoll: c, g, Es.
Dritter Theil.
Vordersatz: Ebenso wie in der ersten Periode, doch Halb-
schluss noch mehr vorherrschend.
Nachsatz: Tonica.
Man sieht, dass erster und dritter Theil unter Umstanden völlig
gleich sein können.
Die dreitheilige Liedform
schiebt nun zwischen diese beiden Theile einen
Zweiten Theil
von gleicher Ausdehnung ein, welcher in der Regel mit einem Halb-
schluss endet, um den dritten Theil einzufuhren.
Je mehr erster und dritter Theil einander gleich sind, desto mehr
ist es zulässig, dem zweiten Theil neuen Inhalt zu geben.
33
Jeder der drei Theile kann statt der Periodenform
vgrosee Satzform haben.
Zeige an einer einzigen einstimmigen Melodie alle
Ihier angegebenen Bildungen der Form.
Sechste Aufgabe.
Bilde hiernach kleine dreitheilige Liedsätze, theils aus früheren
Arbeiten, theils neue.
Muster.
Beethoven.
Scherzo.
Allegro assai.
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Zweiter Theil.
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Zweiter Satz.
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Bassler, Formenlehre.
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Dritter Theil.
/ * s ^ Vordersatz.
34
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*) Abgekürzter Nachsatz.
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p Erster Theil. Periode.
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Zweiter
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Theil. Doppelsatz.
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Dritter Theil,
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Periode.
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Allegro.
*) Hier fehlen zwei Takte durch Verkürzung. Vgl. § 12. Diese Freiheit soll aber hier noch nicht
nachgeahmt werden. Das Beispiel ist wegen der klaren Bildnng des zweiten Theil es hier den*
noch gewählt.
35
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Zweiter Theil mit gleichem Inhalt.
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Dritter Theil.
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Alkgro,
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2. Zweiter Theil.
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D. Die grossen Liedformen.
§9.
Die grosse zweitheilige Liedform.
Aus zwei achttaktigea Sätzen bildet sich die 16-taktige Periode,
«us zwei 16-taktigen Perioden das 32-taktige Lied.
Durch Wiederholung der Theile, sei es dass diese nur durch Zei-
chen angegeben wird, sei* es 4 ft 8s sie variirt und deshalb ausgeschrie-
37
bei* ist, erhöht sich die Zahl der Takte auf 64. Ein solches durch
varürte Wiederholungen 64 taktiges Lied bildet z. B. das Trio in
Desdur der Fdursonate op. 10 von Beethoven.
41
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Die Variation beschränkt sich hier jedoch auf den ersten Theil,
während der zweite
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wörtlich wiederholt wird. Die letzten sechs Takte des Satzes
gehören nicht zur Form , /sondern bilden eine ini sich bestehende
Ueberleitung in den folgenden Theil nach f-moll.)
43
ii
^Mlüp&
Siebente Aufgabe,
Bilde Sätze in zweitheiliger grosser Liedform.
Als Muster diene der angezogene Satz aus der F dar -Sonate,
; dessen vollständige Mittheilung hier allzuviel Raum in Anspruch neh-
\ men wurde.
§ 10.
Die grosse dreithellige Liedform.
Wie sich aus zwei grossen Perioden die zweit heilige grosse
38
Liedform ergab, so ergibt sich aus der Zusammenstellung von drei
aolchen Perioden die grosse dreitheilige Liedform.
Die harmonischen Beziehungen der Theilschlüsse untereinander
bleiben dieselben, wie sie zuletzt in § 8 zusammengestellt worden sind*
In den gewöhnlichen Tanzformen (vgl. Abschnitt II.) wird die zweite
Periode populär als zweiter Theil bezeichnet, und bildet ohne the-
matische Anknüpfung meist einen ganz selbständigen Satz in der
Oberdominante.
^ Wo jedoch der zweite Theil thematischan den ersten anknüpft,
nimmt er selten die Form der Periode an, häufiger die aneinander-
gereihter Sätze. Es ergibt sich dies naturgemäss aus dem Bedürfniss ver-
schiedener Construction der Theile bei thematischer Verwandtschaft.
Diese Form ist die vorherrschende unter den Liedformen. So
gehört ihr 2. B. die Mehrzahl der Menuetten und Scherzo's der klas-
sischen Sinfonien, Quartetten und Quintetten, Sonaten für ein oder
mehr Instrumente an. . Doch ist in fast allen diesen Sätzen die Form
durch Erweiterungen und Kürzungen ein wenig, oft ganz unwesentlich,
modificirt Wir geben deshalb hier ein Beispiel von einem neueren
Meister, das Trio aus Mendelsohn's Adur- Sinfonie, weil dieses
die Eintheilung in dreimal sechzehn Takte genau einhält, überdies
auch durch seinen Inhalt den klassischen Meisterwerken ebenbürtig zur
Seite steht.
Mendelssohn. Erster Theil.
^rri-ftf r i
Vordersatz.
&m^=£tt
!
m
SL-
39
von hier an melodischer Auszug, der aus dem Original zu
ergänzen ist.
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M
ra&w*
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satz.
Zweiter Theil
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f . tff i'Yji r f
ÜH
^n
Dritter Theil.
wie der erste Theil, 16 Takte.
I
Die Bevorzugung von Arbeiten für Streichquartett ist von hier
ab rathsam, weil der Klaviersatz leicht zu nachlässiger Stimmführung
verleitet.
Achte Aufgabe,
Bilde grosse dreitheilige Liedsätze.
E. Freiheiten der Construction.
Erweiterung.
Ohne im Ganzen die Form zu verändern J findet sich häufig Er*
Weiterung eines Theiles durch einen Zusatz, der sich aus dem Zusammen-
hang ergibt.] Eins der einfachsten Beispiele bietet das Nr. 13 gegebene
Thema aus Mozart' s Adur- Sonate. Anstatt die zweite Periode genau
40
so zu schliessen, wie die erste , gibt der Componist ihr einen unvoll-
kommenen Ganzschlus8, und hangt dann den vollkommenen mit einer
Phrase von zwei Takten an.
unv. Ganzschi. Anhang.
T
£
Beethoven hängt an den Schluss des zweitheiligen kleinen
Liedsatzes (Nr. 19),
46
$n j; i .i ms i m
einen ganzen Satz von sieben Takten:
In dem Rondo derselben Sonate, Vgl. Nr. 29,
48
verlängert er auf ganz dieselbe Weise, wie Mozart in dem oben ange-
führten Beispiel, den Schluss der zweiten Periode um zwei Takte:
49
^^p
^m
Eine ähnliche Erweiterung zeigt das Thema des Largo appassionato
der Adur- Sonate op. 2:
41
50
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i i i 'I
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£tg y j — ?
s
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Hier fahrt aber der Componist den Nachsatz der zweiten Periode
erst in die Unterdominante, ehe er den Schluss folgen lasset. Dadurch
dehnen die vier Takte des Nachsatzes sich zu sieben aas.
Die bisherigen Dehnungen beschränken sich auf den Zusatz weniger
Takte. In der As dur- Senate op. 26 finden" wir aber im Trio eine
zweitheilige- Liedform, deren zweite Periode sich zu der doppelten
Länge dehnt, — statt 8 Takte 16 Takte zählt, — also der grossen
Periodenform angehört. Sätze, wie dieser, halten also die Mitte
zwischen grosser und kleiner Liedform, sind aus Bestandteilen beider
zusammengesetzt.
Nennte Aufgabe.
(1) Einige der zur vierten Aufgabe componirten kleinen zwei- \
theiUgen Liedsätze sind hiernach durch Erweiterung umzugeatalteit \
Bei der kleinen dreitheiligen Liedform finden sich Erwei-
42
terungen derselben Art. So erweitert sich im Allegretto der F dar«
sonate op. 10 der dritte Theil zunächst durch eine eingeschobene Imi-
tation um zwei Takte:
■ N^rV^/i^r
F
Imitation.
mrf\n \ h^p^
dann werden auch die letzten vier Takte in der tieferen Octave
wiederholt:
und endlich ein Schluss-Satz (oder Periode?) von 8 Takten angehängt:
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w &Wti r * » i r* j£i y
se;8
Somit dehnt sich der dritte Theil dieser kleinen dreitheiligen
Liedform durch Einschub, Wiederholung und Anhang beinahe
zur dreifachen Länge aus, statt 8 Takte 22 Takte bildend.
Aehnlich geschieht es mit dem Mittelsatz des Scherzo der A dur-
Sonate op. 2.
55 !
Dieses Motiv beherrscht den ersten Theil, der wiederholt wird.
Der zweite Theil modulirt darauf mit demselben Motiv von A dur
in 8 Takten bis gis moll, worauf er noch eine Cadenz in zwei Takten
in dieser Tonart anreiht. Dann aber bildet sich in Gis moll ein
ganz neuer Satz, der mit dem achten Takte diese Tonart verläset,
tun in fünf Takten nach Adur zurück zn moduliren:
43
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aber mit
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f Hierauf folgt* regelrecht als dritter Theil der erste,
einem Anhang von vier Takten.
' Im Rondo der Emoll- Sonate op. 90 ist die kleine dreitheilige
Liedform regelmässig durchgef«hrtf~arber — der Mittelsatz wieder-
holt sich;
57 Mittelsatz,
nrmrn
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tf » j^ i , i *
Wiederholung.
f, . t rf . fc>
i f r 1 rit i
ftt
£§
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a
während Vorder- und Nachsatz (vgl. Nr. 17) ohne Wiederholung bleiben.
44
Beiläufig sei bemerkt, dase wir hier eine kleine dreitheilige Lied-
form haben, deren jeder Theil einen vollkommenen tonischen Gans-
schluss macht, der zweite Theil, in Folge der Wiederholung, sogar
zweimal.
Nennte Aufgabe.
2) An einigen früher oomponirten kleinen dreitheiligen Iied-
B&tzen Erweiterungen vorzunehmen.
Erweiterung der grossen zweitheiligen Liedform zeigt dos
Adagio der G dnr-Sonate op. 31. Der Schlnss der ersten Periode ist
hier im sechzehnten Takt, wo denn auch, der Vordersatz der zweiten
Periode anhebt. J
Dieser Vordersatz der zweiten Periode bat statt 8 Takte sehn,
nnd macht im zehnten noch eine weitläufige Cadenz,
die in den regelmässig achttakügen Nachsatz zurückführt.
Aehnlich ist in dem Thema der Variationen, mit welchen, die
As i Sonate op. 26 beginnt der Mittelsatz, Vordersatz der zweiten
p eriode, nm zwei Takte gedehnt:
45
60{
I
fes
m
Trugschluss. Anhang.
Die Erweiterung kann natürlich jeden Theil der grossen zwei-
teiligen Liedform treffen, doch werden dem jungen Componisten diese
beiden Beispiele genügen.
Nennte Aufgabe.
3) Erweitere einige der früher compohirten grossen zwei-
theiligen Liedformen.
* Obwohl die grosse dreitheilige Liedform schon an sich
den grössten Raum in Anspruch nimmt, sind doch Erweiterungen der-
selben zu noch grösserem Umfang sehr häufig. /
I Statt vieler Beispiele im Auszug stehe hier eines in seiner VojU
(jrtändigkeit, das Scherzo der dritten Sonate von Beethoven. Es
beginnt mit einer 16 -taktigen Periode, die auf einer Imitation beruht.'
Dieselbe wird wiederholt.
61
** p Vordersatz. Ä [ f | \[\ I
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Nachsatz«
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Der hier anschliessende zweite Theil beginnt mit derselben Imi-
tation und befindet sich nach sechzehn Takten wieder auf der Domi-
nante der Tonart, ist also bereit in den dritten Theil (wiederholten^
ersten) zu fuhren.
62
c moll.
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b moll.
5
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6 moll.
As dur.
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Diesen Uebergang hält aber hier eine variirende Wiederholung
der Halbschlussformel atff, welche 7 Takte in Anspruch nimmt, — der
achte Takt ist zugleich der erste des dritten Theiles.
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Dem regelmässig verlaufenden dritten Theil schliesst sich dann
noch ein Anhang yon 9, (8+1), Takten an,
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Nennte Aufgabe.
4) Erweitere einige früher componirte grosse dreitheilige
Liedsfttze.
§12.
Verkürzung.
Verkürzung trifft natürlich vorzugsweise die ausgedehnten grossen
Liedformen; besonders die dreitheilige.
Den ersten Theil treffend finden wir sie z. B. in Beethoven' s
erster Sonate im Menuett, dessen erste Periode sich statt aus 4x4,
aus 3x4 + 2 = 14 Takten bildet. (Der zweite Theil wird hier eben-
falls auf 14, der dritte auf 12 Takte verkürzt)
49
Der zweite Theil wird sehr häufig, nach Art der kleinen
Liedform, aus 8 Takten gebildet , z. B. im Menuett der Ddur- Sonate
op. ty.O.
Hier bildet sich der erste Theil regel massig aus 16 Takten, schliesst
tonisch und wird wiederholt.
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Der zweite Theil aber ist nur achttaktig, und besteht aus einer
Sequenz durch den Quartenzirkel, h moll bis D dur, in 4 + 2 Takten :
66
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l^b^f^q
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In solchen, sehr zahlreichen, Fällen erscheinen grosse und kleine
Form verbunden, gleichsam gemischt. (In dem angezogenen Beispiel
wird der nun folgende dritte Theil erheblich erweitert, von 16 bis
auf 29 Takte.)
In Mozart's Esdursinfonie wird der zweite Theil des Menuett
ebenfalls auf 8 Takte gekürzt:
67
^Lffiffff^
r
^^^dff^ gp^g
Ebendaselbst wird der dritte Theil "um 4 Takte verlängert.
Im Menuett der grossen C-dursinfonie desselben Meisters wird
der zweite Theil auf zwölf Takte gekürzt.
Bussler, Formenlehre. 4
50
68
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W*tö=$
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■p-
§
Zehnte Aufgabe.
1) Bilde Verkürzungen an grossen dreitheiligen Liedformen»
In der grossen zweitheiligen Liedform sind Verkürzungen im
Allgemeinen nicht wohl angebracht, weil sie die Symmetrie der beiden
Theile allzu auffällig stören Würden) was bei der dreitheiligen nicht
in gleichem Mafse der Fall ist. *?
Zehnte Aufgabe.
2) Bilde einige Verkürzungen an grossen zweitheiligen Lied-
formen.
In der kleinen dreitheiligen Liedform findöt sich gelegent-
lich Verkürzung des Mittelsatzes, wie hier:
Mozart.
\ jf .r. ' fl \ r r+tmfe£ ' l -i- 1 , 1 J f | LMJ
$
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Mittelsatz 4 Takte.
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r
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wiederholt
zt sich t bis
Schluss.
r , 7 Takte."«^
51
Verkürzung des letzten Theiles um 2 Takte im Andante der
D-dursonate op. 28.
70 J
SB BSC
An der kleinen zweitheiligen Liedform möchten sich kaum
einmal Verkürzungen zeigen, weil sie sich schon in den kleinsten
Dimensionen hält.
Zehnte Aufgabe.
3) Verkürze einige kleine dreitheilige Liedsätze.
§ 13.
Zusammenfallen des Schluss- und Anfangstaktes.
Besonders in grösseren Gonstructionen ist es sehr häufig, dass
der letzte Takt eines Abschnittes mit dem ersten des nächsten Ab-
schnittes zusammenfällt ^-dass der folgende Satz mit demselben Takt
beginnt, mit welchem der vorhergehende schliesst, ein einziger
Takt also Schluss und Anfang in sich vereinigt. Solche Takte werden
sowohl dem Abschnitt zugerechnet, den sie beschliessen, als auch
demjenigen, den sie beginnen; sie zählen also doppelt. Kommt es
darauf an, diese Eigenschaft in der rhythmischen Zifferschrift hervor-
zuheben, so geschieht es durch einen Bogen hinter der Ziffer für
den Schlusstakt, vor der Ziffer für den Anfangs takt. Po bedeutet
z. B. 4^_^ einen Viertakt, dessen letzter Takt zugleich als Anfang
eines neuen Abschnittes dient; dagegen bedeutet , A einen Viertakt,
dessen erster Takt zugleich Schluss eines vorhergehenden Abschnittes
ist. In der bisherigen Praxis des jungen Componisten finden sich
solche Takte fast nur bei der Ueberleitung aus dem Mittelsatz in den
letzten Theil, sei es dass dieser die dritte Periode, oder den Nach^
4*
52
satz der zweiten bilde. So setzt z. B. \in dem in Nr. 68 angeführten
Mozart 9 sehen Mittelsatz auf dem letzten Takte 1 der dritte Theil
ein} dessen erster Takt also mit dem letzten des zweiten Theiles
zusammenfällt.
71 - - - +-
2. Theil.
IP
3. Theil.
Aehnlich gehört der Takt
*M
72 :
in Nr. 6 1 , im späteren Verlauf der Composition, sowohl zum dritten Theil
als Anfang, wie zum zweiten Theil als Schluss von Nr. 63, und
ergänzt den zweiten Theil zu einem Achttakt.
Beim Zählen der Takte <muss man aber stets wohl bemerken,
mit welchem Takttheil der Abschnitt beginnt, denn in der Formen-
lehre zählen die Takte nicht von Taktstrich zu Taktstrich, sondern
von gleichem Takttheil zu gleichem Takttheil. Hier
73
$
tt*
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Sg^jg*
z. B. vom zweiten zum zweiten Viertel. (Vgl. § 1.)
Bilde an früheren Arbeiten einige derartige Verbindungen, in
welchen Schlusstakt und Anfangstakt zusammenfallen.
Unregelmässige Taktverbindungen.
1) Der Dreitakt wird angesehen als erweiterter Zweitakt
oder als zusammengezogener Viertakt. Das Menuett von
,/>
ozart's G-mollsinfonie beginnt mit zwei Dreitakten.
53
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Diese stellt man sich nun vor als Dehnungen etwa von:
oder Zusammenziehungen aus etwa:
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Der eigenthümliche aesthetische Eindruck solcher unregelmässigen
Bildungen beruht auf diesem (unbewusst vorgehenden) Vergleich mit den
regelmässigen.
Beethoven und seine Nachfolger bezeichnen solche Dreitakte
häufig ausdrücklich mit: „Ritmo a tre battuti" (dreitaktiger
Rhythmus). Das berühmteste Beispiel dieser Art findet sich in der
neunten Sinfonie, wo der Dreitakt
77
m
5
m
weit ausgedehnter thematischer Arbeit dient, j
Bilde ans früheren Zweitakten und Viertakten Dreitakte.
2) Der Fünftakt wird meist angesehen als entstanden
aus einem Viertakt durch Erweiterung. So der folgende:
Andante maestoso.
78
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etwa aus
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79
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54
oder aus:
80
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Folgender jugendfrische Anfang der kleinen Ddürsinfonie von
Mozart: *
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etwa aus :
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2
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Erweitere einige Viertakte zu Fünftakten.
Andere unregelmässige Taktverbindungen von 7, 9, 11, 13 Takten,
erklären sich ebenfalls als Erweiterungen oder Zusammenziehungen
der nächstliegenden regelrechten Bildungen.
Die ungewöhnlichen Taktverbindungen sind für grössere Con-
structionen dadurch von Bedeutung, dass sie das Gleichmafs der
Zweitheiligkeit gelegentlich wirksam unterbrechen. Den rhythmisch so
lebendigen Anfang der Figaro -Ouvertüre bildet eine siebentaktige
Periode von drei (1+2) und vier (3x1 + 1) Takten. Aber auch
das Thema der so milde und sanft dahinfliessenden B dur-arie (Thrä-
nen vom Freund getrocknet) des Ottavio im Don-Juan bildet zu-
erst eine siebentaktige Periode. Ueberhaupt wird man finden, dass
grade die grössten Meister der Form freie und kühne Constructionen
lieben, und sich keineswegs gern in die Schranken der gradzahligen
Taktverbindungen einzwängen.
§ 15.
Freiheiten der Modulation.
Dass es für Jemand, der die Harmonielehre studirt hat,
nicht schwer sein kann, in irgend einer Form jede beliebige Modu-
lation auszufuhren, ist selbstverständlich. Für einen Contrapunktisten
55
gar, der des strengen und freien Satzes mächtig ist, kann solche Auf-
gabe nur Kinderspiel sein. Desshalb kann auch die JLehre an dieser
vorgerückten Stelle keinen grossen Werth auf derartige Aufgaben
legen. In der Praxis des Componisten aber entscheidet die For-
derung der Neuheit oft für fremdartigere Modulation, auch wenn
«ine innere Noth wendigkeit nicht nachzuweisen ist. Da absolute
Herrschaft über das harmonische Material hier vorausgesetzt wird,
so kann es nicht darauf ankommen , die erfahrungsmässigen oder lo-
gischen Grenzen dieses Verfahrens aufzustellen, da/ja) ohnehin die
folgenden Aufgaben in dieser Hinsicht fest bestimmt ' sind. Doch
möge ein Beispiel zeigen, wie das scheinbar. Fremdartige sich aus
innerer Nothwendigkeit ergibt, (dann aber eben in si.ch be-
gründet, stilvoll zusammenhängend und naturgemäss
erscheint./
In dem berühmtesten aller Trauermärsche, dem aus Beethovens
Asdursonate op. 26, findet sich die vielfach angestaunte Modulation
von As-moll in den Theilschluss D-dur.
Der Marsch selbst gehört der dreitheiligen Liedform an. Er
bildet zuerst eine achttaktige Periode, welche in der parallelen
Durtonart — Cesdur — schliesst, und deren Vordersatz* einen Halb-
schlussauf der Dominante bildet: also ganz regelmässig. Anstatt
nun diese Periode zu wiederholen, sei es wörtlich, sei es in
irgend einer Variation, — transponirt Beethoven dieselbe in die
Molltonart der (eben eingeführten) Paralleltonart, also nach Cesmoll.
Aus' dieser Transposition ergibt sich nun die Modulation, denn die
Paralleltonart von Ces-moll ist Doppelesdur (vgl. Elementar-
lehre §47, Harmonielehre §5.1), Doppelesdur aber gleich Ddur.
Beethoven bedient sich der enharmonischen Umschreibuug selbst-
verständlich, im Interesse der bequemen Lesart, schon beim Eintritt
von Cesmoll, welches er hmoll schreibt.
Diese Transposition könnten wir nun als Wiederholung schlecht-
hin ansehen, gleich einer nur durch Wiederholungszeichen angegebenen,
wenn nicht Beethoven vom 6. Takte an die Modulation zwar in
ihrem Wesen beibehalten, aber doch anders ausgeführt hätte.
Das erstemal wendet er sich nämlich über die Oberdominanttonärt
von asmoll: esmoll, in die Parallele: Cesdur, das zweitemal
aber über die Unter dominante von h-moll: e-moll (eigentlich von
ces-moll: fes-moll) in die Parallele: D-dur. Diese Verschiedenheit
56
in der Ausführung der im (Wesentlichen gleichen Modulation steht der
Auffassung als blosse (transponirte) Wiederholung entgegen.
83 Erste Periode.
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Zweite Periode.
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Wir haben hier also eine Doppelperiode von 16 (2x8) Takten
als ersten Theil der Liedform.
Der zweite Theil (Mittelsatz) verkürzt sich zu einem Viertakt
mit Ueberleitung in den dritten Theil. Die Modulation von D dur
in die Oberdominante von Asmoll: Es dur, vollzieht sich sofort durch
die Enharmohik des verminderten Septimenaccordes d — f — as — ces.
(Harmonielehre § 57).
Der dritte Theil hat Periodenform und ist auf zehn Takte ge-
dehnt. Wiederholung findet nicht statt. )
Alles in Allem werden wir uns bei der Formbestimmung wohl
für die kleine d reitheilige Liedform entscheiden müssen, bei
der an Stelleder Wiederholung der ersten Periode die Verdoppe-
lung eingetreten ist, während der zweite Theil auf die Hälfte der
regelmässigen Ausdehnung reducirt, der dritte, bei sonst normaler
Construction, um zwei Takte ausgedehnt ist.
Mit der aesthetischenBedeutung dieses Marsches und seiner
Modulation haben wir es hier nicht zu thun. Diese ist von der ge-
sammten musikalischen Welt bewundernd anerkannt, so dass es kaum
möglich ist eine andere Composition derselben Gattung neben dieser zu
erwähnen.
Transponire diesen Marsch in verschiedene Tonarten, entwe-
der sofort am Instrument, oder vorher schriftlieh.
57
Nicht selten begegnet man, in modernenLiedsätzen in Dur, einem
Schluss auf der Obermediante in Dur, z.B. in einem Cdursatz
auf E dur, gleichsam einer Variante des gewöhnlichen Theilschlusses
in emoll (§ 26). Auch schliesst zuweilen in einem Moll-satz der
erste Theil in der Durtonart der Oberdominante, z.B. ein C moll-
satz in G-dur. Da in der modernen Musik überhaupt das Ueberge-
wicht in der charakteristischen Harmonik (Modulation) liegt, so
ist das Streben nach Eigentümlichkeit in dieser Richtung als
vorzugsweise zeitgemäss zu betrachten. Es ergeben sich nun aus
diesem Umstand gewisse Aufgaben, die eigentlich das Gebiet der Compo-
sitionslehre überschreiten, aber hier nicht übergangen werden sollen,
und Stoff für freiwillige Nebenarbeiten bieten.
Bilde Zweitakte mit ungewöhnlichen Modulationen.
Solche eignen sich ^zu Motiven interessanter harmonischer Sequenzen,
und mögen auch in gewählten und lebhaften Figurationen, auch con-
trapnnktisch verarbeitet werden. (Vgl. Harmonielehre § 52 u. f. Freie
Satz § 32)
Bilde viertaktige Sätze, welche eine vorgeschriebene unge-
wöhnliche Modulation machen.
Hierbei und bei den folgenden Uebungen vermeide man die
Formen der alltäglichen Gadenzen.
Bilde grössere Sätze (§ 6) dieser Art. Bilde derartige Pe-
rioden mit ungewöhnlicher Schlusstonart. Dergleichen mit unge-
wöhnlichen Haupt- und Theilschlüssen. Setze dergl. zu Liedfor-
men zusammen.
§16.
Das Motiv und dessen Verwendung.
Jeder musikalische Gedanke, der zum Gegenstande irgend einer
musikalischen Verarbeitung dient, heisst Motiv derselben. Doch
bedient man sich dieser Bezeichnung in der Regel nur für Tonver-
bindungen, die noch hinter der Satzform zurückbleiben. Dienen Satz-
formen und höhere zu Motiven irgend einer Entwickelung, so bezeichnet
man sie mit den ihnen zukommenden Formbenennungen.
58
Fast immer werden Motive zu den (uns jetzt bekannten festen J
Formen -verarbeitet. Ausnahmsweise finden sie eine schweifende, der
festen Form entbehrende, Verwendung, welche man — nach Marx —
als Gang bezeichnet. Solcher, (auf ein Motiv gegründeter) Gang ist
eine Sequenz, wenn der Modus der Aufeinanderfolge der Wiederho-
lungen des Motiv's ein bestimmter ist. Was darunter zu verstehen
sei, sagt die Harmonielehre § 52, wo auch die hier behandelten Be-
griffe zum erstenmal auftreten. Auch ein Satz kann gangartig
behandelt werden, wenn er nicht zu einer höheren Form ausgebildet
wird.
In der Bdur- Sonate op/106 dient der erste Zweitakt sofort
als Motiv seiner Wiederholung in Versetzung, d.i. Uebertragung auf
eine andere Stufe derselben Tonart. <
g . Allegro.
tiU i +
Dasselbe Motiv dient im Durchfuhr ungssatz zu weit ausgedehnter
Verarbeitung:
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Canon in der Unterquarte.
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Freier Wechsel des Intervalls d.NchT"' s * Wl in . frei ° r Can ° n *'
zweistimmig, dann drei-
stimmig, endlich vierstim-
== mig über 40 Takte.
P^\,J /J j-^dZ^l
fr
59
Dieser Ausführung voran geht eine kurze Einleitung, welcher
nur ein Theil der Phrase zum Motiv dient, nämlich:
£*
^E5
££
Dieses Motiv kommt nach dem canonischen Satz wieder zur
Geltung. Endlich dienen auch die beiden ersten Töne allein mehr-
mals als Motiv der Entwicklung, so gleich im ersten Theil kurz vor
dem Eintritt der G dur-Vorzeichnung,
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5
fc
i
p
ö^
FZ-?— K
s
ebenso gegen Ende der Durchführung kurz vor der Hmoll-Vor-
zeichnung:
8.
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*%
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r£L- 7f;f J 7f-
dim.
n. s.w.
3^=&
mMmm.
Auf diese Art werden grössere Motive in kleinere zerglie-
dert; umgekehrt können kleinere Motive zu grösseren verbunden
werden.
Der erste Satz der Adursinfonie wird von dem rhythmischen
Motiv
beherrscht. (Nicht, wie mitunter fälschlich angegeben wird, von dem
Motiv J.J J , welches allerdings aus jenem^her vorgeht.)
Dem ersten Satz der Cmollsinfonie liegt das Motiv J J J | J
zu Grunde, und behauptet sich gegen alle thematischen Wandlungen
desselben.
60
In der Gmollsinfonie I herrscht das Motiv
rw
T<
zuwei-
len wird aber auch ein grosserer Theil des Themas zum Motiv der
Verarbeitung.
Man sieht, dass zu festen Formen sich Motive mit anderen Mo-
tiven verbinden, nur ausnahmsweise kann ein einziges Motiv dazu
genügen.
Die Auffassung — Auslegung — kann zuweilen schwanken zwi-
schen der Annahme eines verarbeiteten oder verschiedener verbundener
Motive. So kann man z. B. hier
89
i
a
E
$
<z*
+ 3
das Motiv b für eine staccato-Variante von a oder für ein neues
Motiv ansehen. Für die Compositionslehre hat eine schärfere Begriffs-
bestimmung auf diesem Gebiete keine Bedeutung.
Bilde gangartige Verarbeitungen von Motiven durch Versetzen,
Transponiren, Moduliren, Contrapunktiren, Vergrössern, Verklei-
nern, Gegenbewegen, Figuriren, Variiren ete.
n
IL Angewandte Liedform.
A. Zusammengesetzte Liedform.
§17.
Zusammenstellungen von liedförmigen Sätzen zu selbständigen
Musikstücken oder zu selbständigen Theilen grösserer Musikstücke
bilden die zusammengesetzten Liedformen. Diese beherrschen
fast ausschliesslich das unabsehbare Feld der eigentlichen Tanzmu-
sik (d. h. der zum wirklichen Tanz componirten), der höheren und
niederen Salon- nnd Unterhaltnngsmusik. In der Sinfonie
gehört das Scherzo (Menuett, Episode, Intermezzo) fast immer diesen
Formen an, die auch auf allen anderen Gebieten der Composition sehr
häufig sind.
Bei allen folgenden Aufgaben hat der Schüler, wo es thunlich,
«ich früherer Arbeiten zn bedienen.
§18.
Die Variation und Etüde.
Die einfachste Form der Aneinanderreihung von selbständigen Sätzen
finden wir im Thema mit Variationen. Hier wird dasselbe Thema
^erst in einfacher Gestalt vorgetragen, dann in verschiedenen Variationen
wiederholt, ^welche J) indem sie dieselbe harmonische Grundlage fest-
halten, verschiedene Figurationsmotive, auch Contrapunkte durchführen,
dabei auch das Tongeschlecht, manchmal auch die Tonart ändern.
Das Thema hat meist Liedform, manchmal Perioden—, ausnahms-
weise Satzform.
62
Wir haben die Variation bereits in der Lehre vom freien Satz
kennen gelernt und geübt Beethoven's und anderer älterer und
neuerer Meister Schöpfungen auf diesem Gebiet sind allbekannt Der
letzte Satz der Eroica-sinfonie gehört dieser Form an, auch im
letzten Satz der neunte n herrscht sie vor. Die äussersten Grenzen der-
selben werden bezeichnet durch Ba c h ' s „ Arie mit 30 Veränderungen"
durch Beethoven's Variationen über einen Walzer von
Diabelli, und desselben 30 Variationen über ein Thema in C moll.
Als ein besonders populäres, reizvolles und bedeutendes Kunstwerk
dieser Gattung sei hier das Andante Cdur
90
$ri jjjjprg
der G dur-Sinfonie von Haydn in Erinnerung gebracht.
Wie Beethoven aus der (in Nr. 20 gegebenen] Periode ein lied-
formiges Thema und dazu Variationen gebildet hat, ist in der (Kreu-
zer-) Sonate op. 47 zu beobachten.
Die Variationen in Raff's G- moll- Suite für Klavier sind als
Muster zu bezeichnen; im Sinne edelster Virtuosität die Variationen,
die Liszt in der Don Juan-Fantasie über das berühmte Thema
geschrieben hat
Die Etüde ist gewissermassen eine Variation ohne Thema,
d. h. es liegt ihr, statt eines bestimmten Themas, das allgemeine
Schema einer Liedform zu Grunde. Den wesentlichen Inhalt der
Etüde bildet die mannigfache Wiederholung eines technischen Uebungs-
motives. Je gebundener sie in dieser Hinsicht erscheint, und je fester
dadurch die Einheit des Musikstückes erhalten wird, desto freier
kann sie sich im Satzgefüge und in der Modulation ergehen.
Manche Etüden überschreiten die Liedform, so z. B. die reizende
Emoll-Etüde von Chopin,
Vivace leggerio.
$
£
92 <
Scherzando.
— Nk — jcr — ^n — f=^ — *=**
2
"welche ein Trio mit einem ganz anderen Hauptmotiv bildet.
63
Fiü lento.
8.
93
m^r^ m
\
In dieser und ähnlichen Etüden ist die Technik dem aesthetischen
Princip des Vortrages untergeordnet, der im vorliegenden Falle zu dem
hingehauchten Schweben des ersten Theiles eines Gegensatzes bedarf,
und diesen im Trio findet.
Wie viele Etüden, weit über irgend welchen Uebungszweck
hinaus , sich zu köstlichen Musikstücken (wie die erwähnte nnd viele
andere Chopin 's und anderer) gestalten, so erhält auch manches
Musikstück den Namen der Etüde, ohne ursprünglich die Zwecke
dieser zu verfolgen, weil es technisch ihre Form angenommen hat,
und die Bescheidenheit des Autors das höher gesteckte Ziel verschweigt.
§19.
Die eigentlichen Tanzformen.
Die Hauptformen des geselligen Tanzes beruhen auf einem z wei-
taktigen Pas, welches eine vollständige Umdrehung und gleichzei-
tige Vowärtsbewegung des Körpers bewirkt. Jeder einzelne Takt
dient zur halben Umdrehung des Körpers. Der Tänzer setzt also
nach zwei Takten wieder mit demselben Fusse an. Deshalb ist
es ganz unzulässig, in einem dieser Tänze ungradzahlige
Sätze oder Perioden anzubringen, etwa Drei-, Fünf-, Sieben-
Takte. Ja, selbst gradzahlige Takte, wie 6,12, die nicht durchaus auf
Zweitheilung beruhen, können leicht auf den Tanz störend einwir-
ken. Man hat sich deshalb auf 4, 8, 16- taktige Periodenbildung zu
beschränken. Doch finden sich bei den hervorragendsten Compo-
nisten dieses Genres gelegentlich ausnahmsweise 10-, 12-, 20-, 24 -taktige
und ähnliche Constructionen.
Diejenigen Gesellschaftstänze, welche auf combinirten Pas be-
ruhen, wie z. B. die rheinische Polka, in welcher der dritte und
vierte Takt ein anderes Pas hat, als der erste und zweite (2x1 und
4x a /2)j sind mehr der Mode unterworfen und weniger verbreitet,
64
werden auch hier, wo eine erschöpfende Behandlung dieses Gegen-
standes ohnehin nicht am Orte ist, keine Berücksichtigung finden.
Die gewöhnliche Form der Polka ist diese:
1) Kurze Einleitung im Polkatempo, meist nur 2 oder 4 Takte,
gehört nicht zum Tanz, kann daher auch unregelmässig construirt
sein.
2) Polka. Grosse zweitheilige Liedform, jeder Theil wieder-
holt, also 2x ||: 16 :||
3) Trio. Ebenso gebildet, oft eingeführt durch kleines, nur
rhythmisches Vorspiel von 2 oder 4 Takten, wie P* P^ N, j\
Dieses kleine Vorspiel unterbricht den Tanz nicht.
4) Wiederholung der Polka mit Anhang einer Coda, welche
meist 8 Takte oder etwas mehr umfasst, und deutliche Zeichen des
Schlusses enthält. Diese Coda gehört nicht mehr zum Tanz.
Die Rhythmik der Polka beruht auf der Combination folgender
eintaktiger Motive:
t
t
4
1
Nachschlag. Nachschi.
Vorschlag. Vorschi.
* ä
t 1 l
4 4 4
r
Nachschi.
Vorschi.
1
l
4 4 4
1
1
Ueber diesen bildet sich die Melodie.*)
Im Klaviersatz übernimmt die linke Hand mit vorschlagendem
Bass und nachschlagender Harmonie den Rhythmus des Tanzes,
während die Rechte die Melodie ausführt. Ueber den Orchester-
satz der Tanzmusik wird dieLehre von der Instrumentation
erschöpfend handeln.
Der Polka nächstverwandt ist der gewöhnliche Militär-
marsch, welcher aber im Allabreve-Takt notirt wird, (fj, statt der
Achtel des Polkarhythmus also Viertel bringt.
Der Galop hat dieselbe Form wie die Polka, ist aber ein
schneller Zweivierteltakt, in welchem auf. jeden Takt nur ein
Schlag fällt, also 1 | 1 | 1 u. s. w. taktirt wird, während die Polka
1 — 2 | 1 2 | .
*) Beim Concertvortrag werden Tänze rhythmisch nuancirt, d. h. es tritt ein, oft bis zu
iusserster Willkür getriebener, Wechsel des Tempos ein. Daran f beziehen sich auch die An-
deutungen des Tempowechsels in den Partituren einiger Tanzcomponisten.
65
Grosse dreitheilige Liedform beim Galop häufig.
Die Polka Mazurka ist ein langsamer Dreivierteltakt, welcher
Hebt in pikanter Weise die schlechten Takttheile hervorzuheben,
auch punktirte Rhythmen bevorzugt. Als Hauptform stellen wir auf:
1) Einleitung: wenige Takte im gleichen Tempo.
2) Mazurka. Grosse dreitheilige Liedform: Erster Theil, Zweiter
Theil, Wiederholung des ersten Theiles, jedesmal 16 Takte ohne
Wiederholungen.
3) Trio. Grosse dreitheilige Liedform, auch mit verkürztem
{8 taktigem) zweiten Theil,
4) Wiederholung der Mazurka und kurze Coda.
Das Trio steht bei fast allen diesen Tänzen in einer
anderen Tonart als der Hauptsatz, und zwar meist in der
Unterdominante. Holltonarten sind bei wirklichen Tänzen
nur ausnahmsweise zulässig, wenn sie humoristisch be-
handelt sind; hier ganz zu vermeiden.
Die eigentümlichste und hervorragendste Form unter den eigent-
lichen Gesellschaftstänzen bietet der Walzer. Der Walzer ist ein
schneller Dreivierteltakt, in welchem jeder Takt nur einen Schlag
bekommt. Die Form des Walzers ist von der der anderen Tänze
ganz und gar abweichend. Seine Composition verlangt in höherem
Mafse, als die der anderen Tanzformen, specifische Begabung für die
Melodik des Tanzes. Seine vorherrschende Form ist folgende:
1) Introduction, meist dem Tanze ganz fremden Inhalts,
oft grosses Adagio, Fantasie mit hervorragenden Leistungen von Solo-
instrumenten verbunden, fuhrt in:
2) Kurzen „Eingang" im Walzertempo, 4 Takte, der unmittelbar
in den
3) Walzer führt 5 Nummern, Nr. 1 — 5 gezählt, (zuweilen
nur 4, selten nur 3).
Diese 5 Nummern, welche den eigentlichen Walzer bilden,
können gleicher oder verschiedener Construction sein. Doch bestehen
sie fast immer (für unsre jetzigen Uebungen immer) aus zwei
16 taktigen Perioden, von denen jede wiederholt wird. Haben sie
dreitheilige Form , so ist der dritte Theil nur Wiederholung des ersten.
Doch sind diese Perioden meist so gebildet, dass sie unter sich,
innerhalb einer Nummer, keine thematische Correspondenz
-zeigen, also zwei nebeneinandergestellte Perioden ohne weiteren
Bussler, Formenlehre. 5
L -
66
Zusammenhang. Dasselbe gilt von den Schlüssen, welche zwar selten?
sich von der Haupttonart weit entfernen, aber auch nicht durchaus
an die Tonica gebunden sind. Die Tonart der einzelnen Nummern
ist selbstverständlich unabhängig. j
4) Finale, statt der kurzen Coda ein weitausgefuhrtes Finale im
Walzertempo, welches die gelungensten Nummern des Walzers wieder-
holt, (Potpourri) oft auch noch eine neue bringt.
Noch sei bemerkt, dass die Mannigfaltigkeit der Rhythmik
bei der Walzermelodie das weiteste Feld findet, und dass, während
ßass und Mittelstimmen den Tanzrhythmus unablässig festhalten, die
Melodie sich darüber in ungebundenster Weise ergeht.
Harmonische Effekte sind jedoch hier,' wie bei allen Tänzen,
nur höchst vorsichtig anzuwenden, weil sie den Geist zu leicht ge-
fangen nehmen, und vom eigentlichen Zweck der Tanzmusik ablenken.
Beispiele sind so überzahlreich, dass es nicht nöthig ist, sieb
hier auf bestimmte zu berufen. Ueberhaupt ist ja der Tanz ein
Gegenstand der gewöhnlichen gesellschaftlichen Bildung, also allbekannt»,
und einer eingehenderen Erörterung nicht bedürftig.
Elfte Aufgabe.
Bilde nach den hier aufgestellten Hauptformen Tänze, haupt-
sächlich Walzer.
Bilde zu folgenden Bässen verschiedene Tänze, nachden*
dieselben in eine andere Tonart transponirt und in die entsprechender
Taktart übertragen sind.
Dreitheilige Liedform.
94 1) Erster Theil. I
^
T,
Zweiter Theil. (II)
^
m
* T
Dritter Theil. (III)
|| gleich dem ersten,
beliebig yariirt
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Trio.
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Zweitheilige Liedform.
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Trio.
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68
Die bestimmte Takteintheilung — ob z. B. Auftakt oder voller
Takt beginnt u. s. w. — ist, sowie selbstverständlich die Rhythmik,
djie ja hier den eigentlichen Gegenstand der Aufgabe aus-
macht, dem Ermessen des Componirenden überlassen. Ebenso ist es
ihm freigestellt, den hier gegebenen Fundamentalbass — der nur
Grund töne von Grundaccorden enthält — durch den geeigneten
Generalbass, der auch Umkehrungen aufnimmt, nach Belieben zu
ersetzen, oder aus beliebten Meisterwerken andere Bässe auszuziehen*
§20.
Die Marsohformen.
Beim Marsch und den verwandten Formen der Polonaise und
des Contretanzes, findet keine Drehung des Körpers statt, also auch
kein eigentliches zweitaktiges Pas.
Den Militärmarsch haben wir schon neben der Polka zur
Sprache gebracht, er bildet gewissermassen die niedrigste Form des
Marsches.
Der Festmarsch steht im Viervierteltakt. Auf jeden Takt
kommen zwei gemessene Schritte des Marschierenden, aber vier
oder zwei Schläge des Taktstockes. Die Gradzahligkeit der Takte
ist hier nicht unbedingt erforderlich. Der berühmte Marsch aus
Meierbeer's „Prophet" fängt sogar mit einem Fünftakt an.
95
l$fc r -n:ii}
Der Marsch, Nr. 22, aus Figaro 's Hochzeit zeigt eine originelle
Construction in offenbar beabsichtigter Monotonie der Theilschlüsse,
welche fast alle auf g hinausgehen. Das g dominirt schon die ersten
fünf Takte der Melodie, der erste achttaktige Satz schliesst in G-dur,
darauf folgt ein Satz von zwei Drei -Takten, die beide ebenso
schliessen. Der erste Theil enthält also 14 Takte, und wird wieder-
holt. Der zweite Theil entspricht im Ganzen dem ersten, der Vorder-
satz schliesst wieder in G, der Nachsatz wendet sich mit demselben
69
Sechstakt, der den ersten Theil schliesst, zur Tonica. Darauf ein
Anhang von vier Takten, in den Intervallen des Cduraccordes einen
knappen Schluss bildend.
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Dieser Marsch, der in der Oper nur sccnische Bedeutung hat,
aber doch wirklich zum Marschieren dient, entbehrt des Trios.
Der Festmarsch ist nicht an bestimmte rhythmische Figuren ge-
bunden, wie die Tanze, muss aber natürlich den taktraässigen Schritt
70
deutlich hervorheben. Die vorherrschende Form ist die kleine zwei-
theilige Liedform für Marsch und Trio. Vorspiel (oft in Form
einer Fanfare), Eingang zum Trio, Coda je nach den Umständen.
Es folgt hier noch die Construction von zwei der bedeutendsten,
bekanntesten und beliebtesten Marschcompositionen der modernen
Musik, welche schon vielen anderen zum Muster gedient haben und
noch dienen werden: Mendelssohn's Hochzeitsmarsch' aus dem
Sommern achte träum und Wagner' s Einzugsmarsch aus dem
Tannhäuser, beide hierher gehörig, weil sie wirklich zum Marschieren
-— (auf der Bühne) — dienen.
Beide Compositionen beginnen mit einer einleitenden Trompeten-
fanfare:
Mendelssohn.
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97
JP'i J21
ff+T
Wagner.
Bei Mendelssohn fuhrt diese Einleitung sofort in das Thema,
welches auf der berühmten Accordfortschreitung
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emoll Nebenspt-acc. I emoll Domi- I emoll I Cdur
vertritt die Unterdomin. | nantseptaccord. | Tonica | Unterdom.
• >_
Cdur Cdur Cdur
7 Tonica.
zusammengesetzte Cadenz.
zusammengesetzte Cadenz.
beruht. Die unmittelbare Verbindung beider Cadenzen — der von
emoll und der vonC-dur — erklart sich aus der Beziehung desBtrei-
klanges der dritten Stufe zur Unterdominante (vgl. Harmonie-
71
lehre § 28) und aus der Vertretung der letzteren durch den Neben-
dreiklang auf der Secunde. (Ebendaselbst §§ 27, 59 und 71.)
E-moll und d-moll, in ihren beiderseitigen Beziehungen zu C-dur
folgen also hier unmittelbar aufeinander.
Wagner's Einleitung, die durch den Uebergang auf die Domi-
nante den Charakter eines Yordersatzes hat, führt nicht unmittelbar
in das Thema, sondern wiederholt sich, unterbrochen von Anspielungen
auf spätere Motive des Marsches, dreimal — erst das dritte Mal, mit
-«hier eingeschobenen Ueberleitung
160
ffi PBsH"^"^
in das Thema führend.
Somit steht die Einleitung Wagner's der Mendelssohn 's mit
23 ^^ gegen 4 Takte gegenüber.
Mendelssohn bildet sein Thema in kleiner dreitheiliger Lied-
form:
Erster Theil : 2x4=8 wiederholt = 16 Takte
. Zweiter Theil:
Vordersatz: 8
Nachsatz: 2x4= 8
zusammen 16 wiederholt =32 Takte
zusammen 48 Takte.
Nun aber schliesst Mendelssohn in die Wiederholung der
ersten Periode die vier Takte Vorspiel mit ein, wodurch der erste
Theil auf 20 Takte kommt. Mit den vier Takten des Vorspiels selbst
betragt also die Länge des Ganzen bis hierher 56 Takte.
Mendelssohn.
101 £ A
Erster Theil.
Unvllk. Ganzschi.
(Hier Einschub der Einleitung.!
A ff '* l r rlr riTHfffirf H l i ^
Vllk. Ganzschi.
72
m
Halbschluss.
: Takt 1—8
Halb- bis Ganzschluss auf Dominante. Dritter Theil.
•
Von hier ab hält sich Mendelssohn 's Marsch mehr in den
Grenzen der bisher besprochenen zusammengesetzten Liedformen,,
während Wagner's Marsch sich in der Construction den später ab-
zuhandelnden grossen symphonischen Instrumentalformen nähert.
Mendelssohn bildet nämlich jetzt ein Trio in G-dur:
102 -jj. J-
Lk
ik ik . I *
welches zur Wiederholung # des Hauptsatzes führt, der diesmal zur
achttaktigen Periode abgekürzt ist.
Dann folgt ein zweites Trio in F-dur:
103 .
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f
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darauf das ganze Thema ohne Wiederholung mit theilweise gesteigerter
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73
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-AV—
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die Intrade in Klangsteigerung:
105 , ^ J
i fegy^g^
endlich ein glanzvoller Codasatz von 2 x 8 + 10 ^ Takten.
In allen Theilen (ausser im ersten) vermeidet der Componist die
vollkommenen Ganzschlüsse. Dadurch erhält der Marsch jene Eigen-
schaft des unaufhaltsam Vordringens, mit der aesthetischen Wirkung
der Spannung, -welche in gleichem Grade von den früheren Meistern
besonders Weber in seinen Ouvertüren zu erreichen wusste.
Wagner bildet sein Thema nicht in Liedform sondern als grosse
sechszehntaktige Periode:
106 sehr gehalten.
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74
und schliesst unmittelbar daran ein anderes Thema in gleicher Tonart,
ebenfalls in sechszehntaktiger Periodenform:
fByffgg
£
Hier macht der Yordersatz einen Halb schluss auf der Ober-
dominante, Septimen-Accord:
108 {
f=f=m
VI V7
der Nachsatz einen Ganz schluss in der Tonart der Oberdomi-
nante, indem er in diese modulirt:
109 l
N i tf?;n i f t
i vi
Tonica
üpP
II I
Dominante.
Folgt abermals ein sechszehntaktiger Abschnitt, der aber diesmal
weniger die Form einer Periode als eines Doppelsatzes aufweist, —
da nämlich der zweite Theil (der die Stelle des Nachsatzes ein-
nimmt) mit einem Halbschluss endet. Die kühne Modulation des
Satzes bringt es mit sich, dass dieser Halbschluss in Gisdur ge-
schieht :
Hdur.
if-JJ J jhnjjg i
Vollkommener Ganzschi, in Dominante.
m
t
3t
XKCT
75
Wir haben also jetzt schon drei sechszehn taktige Theile, der
erste eine tonische Periode bildend, der zweite eine Periode bildend,
welche in die Oberdominante modulirt, der dritte aus zwei corre-
spondirenden Sätzen bestehend, welche, von der Tonica ausgehend,
der erste in die Oberdominante, der zweite um zwei Tonarten des
Quintenzirkels weiter, moduliren.
Jetzt beginnt abermals ein neuer Satz — derselbe, auf den schon
die Einleitung anspielt — und zwar beginnt er unmittelbar mit der
Moll-Unter dominante derjenigen Tonart, mit deren Ob er dominante
der vorige schliesst:
111
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■iittir*«^ i ££ &
t
Ü
J jpW-
Der vorige Satz schloss auf der Oberdominante von Cis-dur,
dieser beginnt auf der Moll- Unterdominante dieser Tonart^
(Vgl. Harml. § 47 ff.) aber als Tonica Fis-moll aufgefasst. Der
Vordersatz schliesst mit unvollkommenem Ganzschluss in Fisdur, und,
yie oben auf den Gis -du r dreiklang der Fis-molldreiklang folgte, so
folgt jetzt auf den Fis-durdreiklang der E-molldreiklang.
76
' ^ft\jtf& mm &2 m*
u. s. w.
Der Nachsatz wendet sich nun mit dem fünften Takte auf die
Oberdominante der Haupttonart, wo alsbald die Einleitung der Trom-
peten wieder auftritt; so dass dieser Nachsatz sich auf 12 Takte
ausdehnt = 4 + 8.
Jetzt beginnt mit dem Hauptthema die Wiederholung
alles dessen, was bisher da gewesen ist, durch Chorgesang
unterstüzt.
An diese vollständige, 68 Takte umfassende Wiederholung schliesst
sich dann nochmals der Hauptsatz im ff und erhöhter Figuration.
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rayfcgft
113
fc
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J=4
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— »w-
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Die Coda, welche den Marsch zu Ende führt, beutet das erste
und zweite Thema und die Einleitung aus.
In der Liszt' sehen Ciavierbearbeitung des berühmten Marscheft
bildet das zarte Thema, welches in der Oper den Auftritt der Sänger
begleitet,
114 \
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erst das eigentliche Trio des Marsches, welches wir aber hier,
der Originalcomposition folgend, nicht dazu rechnen. Wir erkennen
Tielmehr in dem Wagner' sehen Marsch einen Marsch mit mehreren
Theilen (selbständigen Themen), aber ohne Trio.
Beide hier betrachteten Märsche zeigen darin eine Aehnlichkeit,
dass ihr Anfang eine zusammengesetzte Cadenz — (also eine Schluss-
formel) — bildet.
Stellen wir nun die Gonstructionen beider Märsche einander
gegenüber :
77
Mendelssohn, Hochzeitsmarsch.
Einleitung 4 Takte. Takte
Hauptsatz: Kleine dreitheilige Liedform mit Wiederholungen . 52
Erstes Trio in Gdur:
Erster Theil: erweiterte Satzform, Vordersatz: Halhschluss Ober-
dominante 6 Takte, wiederholt . . • 12
Zweiter Theil: Doppelsatz, Hdur — Gdur, unvollk. Gschl.,
2x4 Takte, wiederholt 16
Wiederholung des Hauptsatzes zur Periode verkürzt, ohne
Wiederholung * . . . 8
Zweites Trio in Fdur:
Erster Theil : Satzform 8 Takte 8
«Zweiter Theil: Satzform 8 Takte, wiederholt 16
4Jebergangssatz: Vordersatz: dmoll, Hschl. Obdm. 8 Takte,
Nachsatz überleitend 8 Takte 16
Wiederholung des Hauptsatzes: Kleine dreitheilige Lied-
form 3x8 24
Coda: Einleitung: 4 Takte, thematische Reminiscenz 8 Takte,
wiederholt: 16 Takte, Schluss 10 Takte 30
< Zusammen 182
Wagner, Einzngsmarsoh.
Takte
Einleitung:* Intrade 4, Zwischensatz ^4^^ , Intrade 4, Zws.
> .2, Zws.: (viertes Thema) 4, Zws.: 2^.^, Intrade 4,
Zwischensatz 4^.^ 23,^
Hauptsatz: Tonische Periode 16
.Zweites Thema: Modulirende Periode 16
Drittes Thema: Doppel — Vordersatz 16
Viertes Thema: Doppelsatz mit Ueberleitung (8+4) + 8 Tk. 20
Wiederholung aller vier Themata 68
Wiederholung des Hauptsatzes: Vordersatz wie oben,
Nachsatz mit aufgehaltenem Schluss, und Trugschluss mit
6
4
(Harmonielehre § 69) 17^
Coda: mit diesem Trugschluss beginnend 8 Takte, zweites
Thema 8^.^, Intrade und Schluss 21 36
Zusammen 212
78
Der Trauermarsch hat das langsamste Largo zum Tempo. Das
unerreichbare Muster desselben hat Beethoven — in einer Kla vier-
sonate — geliefert. (Vgl. Nr: 83, S. 56). Auch der an Popularität
diesem am nächsten kommende von Chopin hat ebenfalls in einer
Klaviersonate Platz gefunden; Der Trauermarsch ist immer in Moll,
\das Trio fast immer .in Dur, in der gleichnamigen, parallelen
Durtonart, oder in der Durtonart der Untermediante (Unterterz,
wieCmoli — Asdur). Festmärsche in Moll, welche nicht eigent-
lich zu Begräbnissfeierlichkeiten dienen, sondern eine ernste oder
Trauer-Feigrlichkejt .begleiten sollen, bedürfen nicht eines gleich
langsamen Tempo's. ,
.Die Construction des Beethoven'schen Marsches ist oben
gegeben. JDa£ Trix> (in Asdur) besteht aus zwei viertaktigen SätzejV
welche wiederholt werden. Der Wiederholung des Marsches ist ein
Codasatz angehängt, der. in Dur abschliesst.
Sie Polonaise
)
ist ein lebhafter Marsch in */ 4 Takt. Auf jedes Yiertel kommt ein-
schritt. Die charakteristische rhythmische Figur der Polonaise ist:
. : r I i
Diese fnuss indessen niriht' durchaus und immer durchgeführt werden,
wie unzählige Beispiele "zeigen. Ferner ist für die Polonaise charak-
teristisch/ dass sie die' N'eigung hat, die letzten' beiden Takte jeder
Periode in drei Zweivierteltakte zu gliedern.
Weber.
115 \
79
4> k r f r y-r dl
Der Contretanz, Quadrille
iflt ebenfalls dem Marsch verwandt, wird aber im a / 4 und 6 / 8 Takt
geschrieben, wobei auf jeden Takt zwei Schritte kommen. Er hat
fünf Abtheilungen, welche durch Pausen von einander getrennt werden;
der letzte geht unmittelbar in einen eigentlichen (Rund-) Tanz über.
Zwölfte Aufgabe.
Componire Märsche und Polonaisen, besonders nach den auf-
gestellten Hauptformen.
§ 21.
Idealisirte Tanzformen.
Es gibt zahlreiche Gompositionen, welche, ohne zum Tanz bestimmt
oder geeignet zu sein, einer bestimmten Tanzform, meist in
grosser Freiheit, das rhythmische Motiv und die allgemeinsten
Grundzüge der Construction entlehnen. Am ergiebigsten hat
80
sich dazu der Walzer gezeigt, dessen Verherrlichungen durch Schu-
bert, Weber (Aufforderung zum Tanz), besonders aber Chopin
weltberühmt sind. Diese reizenden Gebilde verbinden alle Feinheiten
einer bis zum äussersten entwickelten Kunsttechnik mit dem, in
vollkommenster Freiheit aufgenommenen Tanzrhythmus. Durch Cho-
pin und viele andere, die meist dessen Nachahmer sind, hat auch
die Form der Mazurka (Urbild unserer Polka-Mazurka) und der
Polonaise eine solche ideale Ausbildung erfahren. Auch andere
National tanze, wie Bolero, Tarantella u. s. w. sind in dieser
Weise ausgebeutet worden. Neuerdings haben hervorragende Com-
ponisten gleiches Interesse den veralteten Tanz formen ver-
gangener Jahrhunderte zugewendet, der Sarabande, Bourree, Ri-
gaudon u. s. w., u. s. w. Besonders,. Raff's Arbeiten auf diesem
Gebiet verdienen als hervorragend bezeichnet zu werden.
Unsere Classiker haben besonders dem Marsche Beachtung in
diesem Sinne gewidmet. Beethovens Trauermarsch in der Eroica-
Sinfonie, der mehrerwähnte in der Asdursonate, der Festmarsch in
der Adursonate op. 109
Vivace alla Macia.
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mit dem canonischen Trio (Tgl. Contrapunkt und Fuge im freien
Satz S. 116), der Marsch in den „Ruinen von Athen", können als
bekannt vorausgesetzt werden. Mozart' s Alla turca aus der Adur-
sonate
117 w J1 J1 ft Ä
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gehört ebenfalls hierher. Eine Eigentümlichkeit dieser Composition
ist die achttaktige Periode, welche jedem Theile als eine Art Coda
folgt.
In Chopin' s Trauermarsch* ahmt die linke Hand in ergreifender
Weise das dampfe Geläute der Glocken nach, eine Art von „Bas so
ostinato," wie er sich auch im 2. Impromtu und einer Etüde
desselben Meisters findet.
Die wichtigste unter den idealisirten Tanzformen ist aber
die aus dem veralteten Menuet hervorgegangene Form, welche unter
dem Namen Menuet oder Scherzo in den grossen Instrumental-
werken unserer Classiker einen beständigen Platz gefunden hat.
Die Form dieses Satzes ist meist grosse zwei- oder dreitheilige
Liedform, mannigfaltig modifizirt durch Erweiterungen und Verkür-
zungen bald dieses, bald jenes Theiles, wie schon im vorigen Abschnitt
an mehreren Beispielen gezeigt worden ist. Das Trio steht nur
ausnahmsweise in der Oberdominante, meist in derselben Tonart, bei
Mollsätzen in der gleichnamigen Tonart. In Mozart's Esdur- und
Cdursinfönie bleibt das Trio in der Haupttonart, in der Gmollsinfonie
in der gleichnamigen Durtonart. In Haydn's Ddursinfonie (Nr. 1)
Bugsier. Formenlehre. 6
82
steht das Trio in der Untermediante der Parallele: in Bdur, ein?
nicht seltenes modulatorisches Verhältniss derTheile. In B^e'thoven'a
erster, zweiter, Eroica, -vierter, Pastoral, achter Sinfonie
steht das Trio, wie in den angeführten Mozart'schen, in gleicher
Tonart wie das Scherzo, in der fünften (Cmoll) und der neunten
in der gleichnamigen Durtonart, in der siebenten in der Durtonart
der Untermediante: hier steht das Scherzo in Fdur, das Trio in
Ddur. Die siebente Sinfonie ist die einzige von Beethoven in
welcher das Scherzo nicht in der Tonart der Sinfonie steht.
Die Haydn'schen Sinfonien und Quartetten — und zwar
nicht nur die, welche sich grade der allgemeinen Gunst erfreuen,,
sondern auch die zahlreichen weniger bekannten — bieten eine un-
erschöpfliche Auswahl vollendeter Muster derjenigen Gattung, welche
der ursprünglichen Form näher steht. Solche finden sich auch in
Mo zart 's Instrumental werken, in zahlreichen Ellaviersonaten, Duos,.
Trios, Streichquartetten von Beethoven. Von den Sinfonien dieses
Meisters halten sich die Scherzi der ersten, zweiten, vierten^
achten in denselben Grenzen. Auf die Art, wie Beethoven im
Ausbau dieser Form in anderen Werken verfuhr, wie er sie im Scherzo-
erweiterte und umgestaltete, müssen wir hier durch einige Bei-
spiele die Aufmerksamkeit lenken, welche den Compositionsjünger zu
gründlicherem Studium auch der anderen anregen sollen.
In der siebenten, A-dur-, Sinfonie zeigt der erste Theil de»
Scherzo Eigenthümlichkeit der Formbildung nur in dem als Einleitung
vorangeschickten Zweitakt:
Presto.
119
der im Verlaufe immer als Verbindungsglied der Theile dient Mo-
dulatorisch interessant ist, dass der Schluss des ersten Theiles in Adur
geschieht ( — der Tonart der Sinfonie — ), und zwar wird diese Ton-
art durch plötzlichen Uebergang aus Fdur, mit Hülfe des übermässigen
Sextaccordes erreicht.
83
120J
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trr. <ft . ftr
*
<W
Bass in Octaven $6
Im Ganzen besteht der erste Theil aus einer sechszehntaktigen
Periode vierterForm (S. 12), deren Nachsatz durch eine Schluss-
formel von sechs Takten verlängert ist, während ihr eine Einführung
von zwei Takten vorangeht.
Der nun folgende zweite Theil dagegen überschreitet die ge-
wöhnlichen Grenzen unserer Form soweit, dass er fast den Charakter
einer Durchführung (wie bei der Sonatenform) annimmt. Nach vier
Takten des Einleitungsmotives (Nr. 119) bildet sich aus der Wieder-
holung des Motives —
kü&&
in f fePrflfnrY ■
(vgl. Nr. 120) — theils des ganzen, theils nur des zweiten Taktes, ein
achttaktiger Satz, dessen zweites Motiv, nachDdur übertragen,
122
ü#
sich viermal wiederholt, worauf es in c-moll
in vier Takten auf die Dominante von C führt. — Somit haben wir
also — die Einleitung ausgeschlossen — einen zusammengesetzten Sata
von 8 + 4 + 4 = 16 Takten, von Adur nach Cdur modulirend. Dieser.
Satz wiederholt sich jetzt in ganz gleicher Weise, aber — diesmal
von Cdur nach Bdur modulirend. Jetzt scheint in Bdur eine noch-
malige Wiederholung einzutreten, aber schon im dritten Takt gesellt,
sich ihr das Einleitungsmotiv zu:
6*
84
Oboe und Fagott in 8.
124
Ü
£=£
S
^^
Violinen und Viola.
wTmfP^H ^
und führt zu einer zweimaligen Anführung des ersten achttaktigen
Satzes, den der Bass darauf in vierstimmiger Nachahmung (die letzte
in Gegenbewegung)
crescendo.
125 )
££*
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t^ i ffrifrrm
Anfang.
J Vi I i t
M
*y*
F*
in den dritten Theil (Wiederholung des ersten) fuhrt. Der Schluss
bildet sich diesmal erst in Gdur mit achttaktiger Schlussformel,
darauf mit derselben Schlussformel in zwölf Takten in Pdur.
Nach diesem vollkommenen Abschluss wirft sich das Einleitungsmotiv
auf die Terz a. Unter diesem a, welches tutti ff eingetreten ist, und
p in den Geigen liegen bleibt, setzt nun das Trio in Ddur ein, ver-
läuft regelmässig in erweiterter dreitheiliger Liedform, und fuhrt mit
einem vierzehntaktigen Anhang durch die berühmte Trugfortschreitung:
85
126
diminuendo pp
Violinen
Viola
Hörn <
Bässe
in das Scherzo zurück, welches sich vollständig wiederholt, nur die
Repetition des zweiten Theiles ausgeschlossen.
Hierauf Wiederholung des Trio mit allen Repetitionen und
Anhang.
• Nochmalige Wiederholung des Scherzo ohne Repetitionen.
Der Anhang wirft sich noch einmal auf jenes a, welches das Trio
einfuhrt. Aber nur die beiden ersten Takte erscheinen , einmal in
Dur, einmal in Moll, dann: Kurzgefasster Schluss.
Presto meno assai.
127 4
Presto TutH.
Noch eigentümlicher gestaltet sich das Scherzo der fünften,
Cmoll-Sinfonie. Der Vordersatz:
86
128
PP
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3
FE^fc
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wiederholt sich mit einer geringen Erweiterung. Darauf erscheint ein
ganz neues Thema: %
a tempo.
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Pr-t-H-
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3
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^ - \j nj^rrjfnzt\ ^ i i
t
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es;
13
si
a a, J *ijij nij 1 1
welches, in cmoll beginnend, einen Halbscbluss in Esdur macht, sich
darauf in esmoll mit Halbschluss in Gesdur wiederholt, sich in
ferneren vier Takten auf die Dominante von esmoll wirft, und hier
eine Haibsc hl ussformel von acht Takten bildet. Die Dominante
von esmoll: Bdur, dient nun zur Anknüpfung einer Wiederholung
des Bisherigen, — statt von cmoll bis Bdur als Oberdominante von
esmoll, — diesmal von bmoll bis Cdur als Oberdominante von
fmolL Dabei wird die "Wiederholung des ersten Vordersatzes dies-
mal von 8 auf 18 Takte gedehnt und zur Modulation nach cmoll
gebraucht «*
87
130 ^ u £ £ ^
p*-| folgt Orgelpunkt.
Jetzt wird wieder aus der Oberdominante von f-moll,=Cdur,
<lie Tonica c-moll. Das erste Thema wiederholt sich, die zweite
Hälfte dessel'oen wird gangartig wiederholt, •
131 .
fe
h Jvr jl£
t
rei j fr i r r ' r J^f^
[§i
w=n
rri^rirri^-jL^ E
darauf contrapunktiit Beethoven gegen- das im Bass befindliche
Hauptmotiv des Themas in der Oberstimme eine bewegte reizvolle
Melodie, welche einen vollkommenen Schluss bildet,
132
W
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IS.
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3
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88
der noch durch einen achttaktigen Anhang bekräftigt wird. Ausser
diesen beiden Schlüssen bietet der ganze Satz Halbschlüsse.
Weniger unregelmässig verläuft das Trio, technisch ausgezeichnet
durch seine fugirte Ausarbeitung
133 //
&^\ 4i-i}um^
55C
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3
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romJLuffi
£
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vrH l di u
fe=tefe^
und die mächtige Bassfigur, mit welcher der zweite Theil beginnt.
Der erste Theil schliesst regelmässig in Gdur, der zweite in Cdur.
Indem sich dieser aber wiederholt, rerwandelt er das cresc. dl ff der
ersten Male in ein diminuendo al pp, und führt, ohne abzuschliessen,
N unmittelbar in die Wiederholung des Scherzo. Die Beobachtung des
weiteren Verlaufes dieses herrlichen Satzes wird dem jungen Compo-
nisten überlassen. Soviel war nöthig, um Anleitung zu dieser Art
des Partiturstudiums zu geben.
Dreizehnte Aufgabe. .
Camponire Menuetten und Scherzi, ohne jedoch die Grenzen
der Liedform geflissentlich zu überschreiten.
§22.
Besondere Formen.
Es fehlt auch nicht an zahlreichen charakteristischen und bedeu-
tenden Compositionen — darunter viele der originellsten Gebilde —
welche, ohne eich an eine bestimmte Tanzform anzulehnen, den bis-
89
her abgehandelten Liedformen angehören. <In erster Reihe «sind hier
zu erwähnen: die Compositionen dieser Formen in langsamem
Tempo, die als „Elegieen, Balladen, Lieder ohne Worte, tt
oder unter mannigfaltigen andern Titeln, welche sich zum Theil auf
den Inhalt beziehen, wie „Melancholie, Resignation, Nocturn u. a. tf
selbständige Musikstücke bilden, oder als Theile grösserer Compo-
sitionen auftreten. Letzterer Art ist z. B. das Andante der Sonate
op. 28 von Beethoven, dessen einzelne Theile bereits im vorigen
Abschnitt angeführt sind. (Vgl. Nr. 23. 70).
Vierzehnte Aufgabe.
Componire einen langsamen Satz in zusammengesetzter Liedform»
Muster für die einzelnen Theile bietet der erste Abschnitt in hin-
reichender Anzahl.
Die Zahl derartiger Compositionen im schnellen Tempo ist nicht
minder gross. Ein ausserordentlich anziehendes Muster dieser Art möge
hier in Kurzem zergliedert werden, weil es besonders lehrreich ist:
das Impromptu op. 29 von Chopin.
Die linke Hand führt ein durch den eingeschobenen Vorhalt d
interessantes Figurationsmotiv durch,
134
i
&
FP^
•jjp-*
Ml nfy
s^TroT i p p
welches wir hier übersehen müssen, wo es sich nur um die Con-
struction handelt, welche sich bei so lebhaft und gehaltvoll figurirten
Sätzen dem Auge des Anfängers leicht entzieht.
Die ganze Composition verläuft in ununterbrochener Bewegung.
Die Schlüsse werden meist durch lebhafte Figuration verhüllt.
90
Der erste Satz (welcher auf dem oben gegebenen Motiv beruht) hat
dreitheilige Liedform von 8, 10 und IG Takten.
Das Trio hat zweitheilige Liedform von 16 und I« 16 •!
Takten.
Die Wiederholung des ersten Satzes geschieht wörtlich, ein
kurzer Anhang führt zum Schluss.
Wenden wir uns nun den einzelnen Theilen zu, so finden wir zu
Anfang eine regelmässige Periode zweiter Form, aus Vordersatz
und Nachsatz, je zu 4 Takten, gebildet.
135
te
SB
"^riyrr^tftf ^ feffi
■&*
Halbschluss.
/VV
%^MjS
J33=gp
frc
W
f^fel
cg^
m
Der zweite Theil modulirt hin und her, von Esdur nach b-moll,
nach Asdur zurück, zwischen Asdur und Esdur:
136 \
wirft sich dann auf eine chromatische Sextaccordfolge,
jhnhrirrüKft
. ? _y
91
deren Wiederholung ihn um zwei Takte verlängert, und dann mit
Halbschluss in die Wiederholung: den dritten Theil.
Die verhältnissmässig grosse Ausdehnung dieses dritten Theiles
ist uns nichts Neues mehr, um aber die Dehnungen besser zu
beobachten, ist es vortheilhaft den Satz einmal, nach Art unserer
ersten Uebungen, derselben zu entkleiden, und auf das Mafs der ersten
Periode zu beschränken.
138
ff Kirn
tewn frir fff W ,
8.
i
*
*s
tZTTfTt^
ffiE
^ftrf~5 ^ "fSÄ" ^^
Folgt Anhang und Uebergang in das Trio. Die interessante
Modulation 'desselben möge der Beobachtung des Schülers selbst über-
lassen werden. Zu bemerken ist nur, dass die zweite Periode dieses
zweitheiligen Liedsatzes zu der ersten keine unmittelbare thematische
Beziehung hat. Solche Zusammensetzungeu finden wir schon bei
Mozart, besonders in der Oper, häufig.
Fünfzehnte Aufgabe.
Componire ein, (von bestimmter Tanzform unabhängiges) Musik-
stück zusammengesetzter Liedform in schnellem Tempo.
Hauptsächlich hat man den Gebrauch einer stereotypen, tanz-
mässigen rhythmischen Begleitungsform zu vermeiden.
92
B. Die niederen Rondoformen.
§ 23.
Die niederen Rondoformen beruhen ebenfalls im Wesentlichen auf
in sich geschlossenen Elementarformen, doch unterscheiden sie sich von
den zusammengesetzten Liedformen durch eine unmittelbarere— innigere
— Verbindung der Theile. Sie begegnen sich dabei häufig soweit mit
der Liedform , dass man zweifeln kann , welche von beiden in einem
gegebenen Falle vorliegt. Denn — wie einerseits die Liedformen
gelegentlich ihre festen Grenzen zu verwischen bemüht sind, — lässt
andrerseits die Rondoform zuweilen eine schärfere Begrenzung zu.
Die Eigenschaft der Rondoform, welcher sie den Namen (Rund-
gesang) verdankt, ist das Abschweifen von einem Hauptthema und
wieder Zurückommen auf dasselbe. Die Eigenschaft aber,,
durch welche das Rondo sich von der zusammengesetzten Liedform
am wesentlichsten unterscheidet, — besonders wie sich diese in den
Tanzformen zeigt — besteht in der metrischen und rhyth-
mischen Ungebundenheit der Construction und des Ton-
satzes. Die rhythmische Uniformität fällt hier gänzlich weg. Die
Phantasie ist sowohl in Construction, wie in rhythmischer Ausgestal-
tung auf sich selbst gestellt, frei — aber auch — einer Stütze
mehr beraubt.
Man theilt die Rondoformen in niedere und höhere. Die niederen
beruhen ausschliesslich auf der Liedform und ihren Elementen, die
höheren zum Theil auf der Sonatenform, setzen also die Bekanntschaft
mit dieser voraus. (Statt dieser Bezeichnung die Ausdrücke „klein
und gross" zu wählen, erscheint nicht passend, weil der Umfang
von dieser Unterscheidung nicht wesentlich betroffen wird.)
Der wesentliche Unterschied der niederen Rondoformen unter
sich besteht in der Zahl der verwendeten Themata. Darnach
unterscheidet man: - .
Rondo erster Form, mit einem Thema,
Rondo zweiter Form, mit zwei Tnemen,
Rondo dritter Form, mit drei Themen.
93
§24.
Rondo erster Form,
Im Rondo erster Form gibt es nur ein selbständiges Thema.
Zwischen diesem und seinen Wiederholungen bilden sich keine ab-
geschlossenen Formen. Unter diesen letzteren verstehen wir, ausser
der Liedform, die Periode und die grosse tonisch abschliessende Satzform
(§ 61). Andere Formen des Satzes gelten nicht für hinreichend
abgeschlossen um dem Hauptthema gegenüber die Bedeutung eines
Themas beanspruchen zu können.
Das Thema hat immer eine festgeschlossene Form, meist die
eines Liedes, oder einer grossen Periode, selten die eines grossen,
ausgedehnten Satzes.
Die Zwischensätze dieser Form sind nun entweder thematisch,
d. h. irgend welchen Gedanken des Hauptthemas ausführend, oder
eigenthümlichen Inhalts, d. h. neue Motive einführend, aber
dieselben nicht zu abgeschlossener Form ausbildend.
Die Wiederholungen des Themas werden in der Regel va-
riirt. Dies geschieht besonders im langsamen Tempo, welches dieser
Form vorzugsweise eigentümlich ist.
Der Schluss wird häufig durch einen (meist thematischen) An-
hang bereichert.
Ein Beispiel eines solchen Rondo's liefert das Largo appas-
fiionato der Ddursonate von Beethoven op. 2, dessen 'fhema
Ausgedehnte zweitheilige Liedform hat (vgl. Nr. 50, 51). Nach dem
Schluss desselben beginnt in hmoll folgender Satz:
139
ttjti
*=e
I
%
?=y
i
?Wff
94
der nach vier Takten in fismoll fest abschliesst. In fismoll wiederholt
er sich sofort, mit Versetzung der Melodie in die Mittelstimme,
140
wendet sich aber dann mit einem neuen Motiv
4
141
auf die Unterdominante der Haupttonart, und durch diese in das Thema
zurück, welches sich wörtlich, ohne Variation, wiederholt. Hieran
hängt sich ein Satz von vier Takten, anknüpfend an den Mittelsatz
des Themas, mit folgender Imitation:
(Canon)
142
£
k-f&p
■H±
m
$
£- ffff ■ J- flflp ■ f
die sich in erhöhter Figuration wiederholt:
*
T
143
ws.
i
s
-*— ^- ' r p \
*—+ O .*•
&
95
auf dem Schlusstakt dieses Satzes beginnt das Thema in Moll, in mäch-
tiger harmonischer Steigerung auf die Dominante führend, worauf es
noch einmal, zur achttaktigen Periode verkürzt, unter neuer Figu-
ration der zweiten Stimme
144
auftritt, und der ganze Satz mit achttaktigem Anhang schliesst.*)
Sechzehnte Aufgabe.
Componire ein Rondo erster Form in langsamem Tempo.
Unter allen Anwendungen dieser Form ist wohl am berühmtesten
und als das vollendeteste Muster zu betrachten: das Andante der
Cmoll- Sinfonie. (So gewiss man voraussetzen darf) dass der Com-
positum Studirende mit demselben auf das genaueste bekannt ist,
muss es hier doch einer technischen Analyse unterworfen werden,
nicht nur, um als Muster der Formbildung zu dienen, sondern auch
um auf die vollendete Art hinzuweisen, wie hier die Variationen
des Themas ausgeführt und eingeleitet sind.
Das Thema, welches in Nr. 31 gegeben ist, erweitert sich durch
einen Satz, der sich aus seinem Schlüsse entwickelt, von acht auf
zweiundzwanzig Takte. Hieran schliesst sich — rhythmisch an
die erste Figur des Themas anknüpfend, ein Satz von 27 Takten, in
Asdur beginnend:
*) Es sei hier gelegentlich cur Sprache gebracht, was der Leser längst bemerkt haben wird,
dass nämlich das Wort: 8 atz In der Musiklehre mit mannigfaltiger Bedeutung gebraucht
wird. Die Hauptunters';hiede "seiner Bedeutung sind 1) Satz als Elementarform in den ver-
schiedenen Gestalten, die wir im ersten Abschnitt aufgeführt haben, 2) Satz als vollständiger
Theil eines grösseren Kunstwerkes, wie die Sätze einer Sinfonie, einer Sonate, eines
Streichquartettes 3) Satz im Sinne von Schreibart, Satzweise, Methode der Compositfon,
wie contrapunc tisch ei*, harmonischer Satz, welche in. der Harmonielehre, der Lehre vom strengen
uud freien Satz abgehandelt werden. Die grosse Verschiedenheit der Bedeutung ma?ht
den Gebrauch derselben Bezeichnung unverfänglich: weil der Zusammenhang keinen Zweifel
aufkommen lässt. Dagegen wird 4) Satz aber auch für jede Form überhaupt gebraucht, und
dieser Gebranch nöthigt allerdings zu einiger Vorsicht.
96
145
" dolce -^ *♦ ♦
3^
» ^ | fl ]*1 fl , ft j -g
<W
später, mit jenem berühmten Uebergang vom pp zum ff,
146 \
Cadenz in Cdur machend. Hierauf beginnt derselbe Satz, diesmal
von Blechinstrumenten intonirt, in Cdur,
147 ,
¥^&&gk
, ffl && «Sie
und modulirt von da im pp zurück nach Asdur, wo die erste Variation
eintritt:
Diese erstreckt sich, in gelinder Steigerung der Figuration, über
alles Vorhergegangene.
Die nun folgende zweite Variation:
97
149
aas
JTJf fJ.^T-gf-^ l:
beschränkt sich auf den eigentlichen Hauptsatz (8 Takte), wiederholt
sich in Steigerung, und fuhrt unmittelbar in die dritte Variation:
150
Diese schliesst im zehnten Takt auf der Dominante, und hier
beginnt nun, aus dem Motiv
151
dolce
sich entwickelnd, der vierstimmige Satz von Flöte, Oboe und Clari-
nette, der schliesslich in die im Klange gesteigerte Cdurstelle (No; 147)
zurückfuhrt» Von dieser lenkt dann eine figurative Modulation in die
letzten beiden Variationen, deren erste Minore (Moll) ist,
152
\mm±m m
>.
§S
S
sim.
m
r- rfim *
während die zweite sich frei canonisch gestaltet.
Bastler, Formenlehre.
98
1$3
Das folgende piü moto und a tempo ist schliessender Anhang.
Im schnellen Tempo gestaltet man die erste Rondoform am besten
in ausgedehnter (gleichsam redseliger) dreitheiliger Liedform, von der
aus man sich in Gängen, Passagen, Modulationen ergeht, auf ihre
abgekürzte Wiederholung zurückkommt, abermals abschweift und mit
Tollständigerer Wiederholung nebst Anhang schliesst.
Beispiel von Beethoven: Sonate op.10, Nr. 3, Rondo Allegro.
Anmerkung.
Es wurde oben darauf hingewiesen, dass Verwechselung von
Rondo und zusammengesetzter Liedform leicht möglich ist«.
Aber auch ausgedehnte einfache Liedform kann mit der Rondoform
verwechselt werden. Ein nicht grade hervorragendes, aber in hohem
Grade deutliches Beispiel ist. das „Andante un poco Adagio 44 aus-
4er Mozart' sehen Sonate:
154
fl (fr p J I CUdLfJ g
Dieses lange, 79 Takte zählende Musikstück;
99
ist nichts weiter, als eine durch ausgeschriebene und variirte Wieder-
holungen der einzelnen Theile ausgedehnte zwei th eilige (oder
zwei- bis dreitheilige) Liedform in folgenden Verhältnissen:
Vordersatz 8 Takte
Erster Theil l Nachsatz . . 8 „
Variirte Wiederholung 16 „
Vordersatz. 12 „
Nachsatz 8 „
Variirte Wiederholung 20 „
Verlängerung des Schlusses . 4 W „
Anhang 4 »
zusammen 79 *
Zweiter Theil -
§ 25.
Das Rondo zweiter Form.
Im Rondo zweiter Form stehen sich zwei Themata gegenüber,
von denen das zweite hinsichtlich der Tonart sich meist ebenso ver-
hält, wie in den zusammengesetzten Liedformen das Trio zum Haupt-
satz, d. h. es ist nur ausnahmsweise in der Oberdominante, meist in
der Parallele, Gleichnamigen (Maggiore (Dur) gegen Minore (Moll)
und umgekehrt), Mediante oder gelegentlich einmal in einer entfernteren
Tonart
Das erste Thema ist ebenso construirt, wie das Thema der
ersten Rondoform.
Das zweite Thema wird entweder durch einen Uebergang ein-
geführt, oder schliesst sich unmittelbar an das erste an. Im letzteren
Falle nähert es sich Sehr der zusammengesetzten Liedform. Doch
ist in jener die liedförmige Gestalt des Themas obligatorisch, was-
hier nicht der Fall ist.
Dagegen zeigt das zweite Thema eine entschiedene Neigung,
vor der Schlussbildung in das erste Thema zurückzufuhren.
Ob der Wechsel der beiden Themata sich nur einmal oder wieder-
holt vollzieht, ist für die Formbestimmung gleichgültig; ebenso, ob
die Themata sich vollständig, verkürzt oder erweitert wiederholen.
Das glänzendste Beispiel für diese Form, obgleich der zusammen-
gesetzten Liedform mit Hauptsatz und Trio nahe verwandt, ist das
unvergleichliche Allegretto der A dur-Sinfonie.
100
Der kleine zweitheilige Liedsatz (vgl. Nr. 25) der dieser einzig
grossen Composition zu Grunde liegt, und durch Wiederholung der
letzten acht Takte auf 24 Takte ausgedehnt wird, wiederholt sich erst
in drei Variationen, welche von der Verbindung von Bratschen, Violon-
cells und Bossen bis zur Entfaltung der Macht des ganzen Orchesters
fortschreiten. Dann fuhrt ein kurzer Uebergang:
156 ,
in das zweite Thema, welches in Adur steht, und das rhythmische
Grundmotiv im Basse festhält.
^tjjl£F lf>
Otf iCfl=
^
Das zweite Thema hat folgende Construction:
Periode (mit obigem Vordersatz) schliesst in Edur
(Oberdominante) 16 Takte.
Eingeschobener Imitationssatz . . . . 3x2 = 6 Takte»
Ciarinette.
158
m
j.j"
m
101
Periode von zweimal 8 Takten, das erstemal im Hauptton schlies-
send, das zweitemal in G dar 16 Takte*
Der obige Imitationssatz in C dur 6 Takte*
44 Takte.
Ein Zurückgehen auf den Anfang findet nicht statt. Hier bricht
der Satz ab, und wirft sich auf die Dominante von amoll.
Vierte Variation. Flöte, Oboe, Fagott den Contrapunkt (S. 22)
Bass das Thema. Violinen und Bratsche Figuration. Diese Varia-
tion ist durch einen Anhang verlängert. Unmittelbar an diesen schliesst
sich ein Fugato über das Thema
als fünfte Variation; schliesst mit einer Figuration der Holz -Bläser
im ff gegen das vom Streichquartett, Trompeten, Hörnern und Pauken
in acht Takten durchgeführte Hauptmotiv, welches fest in a-moll
abschliesst.
Darauf der Nr. 156 gegebene Uebergang, leicht variirt, und Wieder-
holung des zweiten Themas — zur tonisch abschliessenden Periode,
mit Anhang von 4^, Takten, verkürzt.
Satz von 8 + 4 Takten aus dem Hauptmotiv.
Letzte Variation und Schluss.
Als Variation des Themas kann man den Adursatz nicht
betrachten , dazu fehlen ihm . die harmonischen Bedingungen. Als
Trio fehlt es ihm an Selbständigkeit der Construction. Wir dürfen
ihn also mit Recht als zweites Thema eines Rondo zweiter Form
betrachten, dessen Hauptthema vielfach variirt wird.
Einfacher, und dem Verständniss des Anfängers näher liegend,
gestalten sich die Rondo's zweiter Form in den Ciaviersonaten von
Beethoven:
Cdur op. 2. Adagio. IE dur, Ilemoll.
Edur op. 14. Finale. IE dur, II G.dur.
Gdur op. 31. Adagio. IC dur, II As dur.
denen sich viele andere Compositionen unserer Meister an die Seite
stellen lassen.
102
Siebzehnte Aufgabe.
Componire ein Rondo zweiter Form, Tempo Allegretto.
§26.
Das Rondo dritter Form.
Das Rondo dritter Form vertheilt seine drei Themata so, das«
sich nach dem zweiten das erste (abgekürzt?) wiederholt, alsdann das
dritte folgt, nach welchem sich abermals das erste (ganz oder weni-
ger abgekürzt) wiederholt, und mit einem Anhange zum Schlüsse führt.
Erstes Thema.
Zweites Thema.
Erstes Thema.
Drittes Thema.
Erstes Thema.
Anhang und Schluss.
Das erste Thema bat vorherrschend (besonders im schnellen Tempo)
ausgedehnte Liedform, so dass der Unterschied zwischen der dritten
Rondoform und der zusammengesetzten Liedform mit zwei Trios (abge-
sehen von der freiem und reicheren Beschaffenheit des Tönsatzes) oft
nur im Vorherrschen der Neigung zu Ueberleitungen und in der Ab-
kürzung der Wiederholungen des Themas zu finden ist, welche indessen
anch kein sicheres Kriterium bilden.
In manchen veralteten, aber darum nicht uninteressanten, Sätzen
aus der ersten Zeit der Formentwicklung im vorigen Jahrhundert,
zeigt sich diese Formvef^randtschaft recht deutlich. Dahin gehören
viele Jugendarbeiten .von*Mozart, denen wenigstens ein historisches
und biographisches Interesse nicht abzusprechen ist, z. B. das Rondo
aus der kleinen Esdursonate:
103
Rechte.
Violine.,
160 Allegro vivace.
k ssm
Linke.
irr.
fe^ M-H-t^ g
Das erste Thema nun des hier angezogenen Bondos hat grosse
dreitheilige Liedform. Unmittelbar daran schliesst sich ein liedformiger
Satz in Gmoll:
16 1
-«»•-
m
tir
I ' "
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w. nn '~h
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*
1
3
der regelrecht seine erste Periode in der Parallele beschliesst. Die
Portsetzung, als welche sich zunächst der Beginn des zweiten Theilea
zweitheiliger Liedform anreiht:
104
162
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fcTrr?
£
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*
BS
t
macht vier Takte später einen plötzlichen Schluss in Cmoll, um als*
dann auf die Dominante der Haupttonart zurückzumoduliren. Hierauf
folgt das erste Thema, zur Periodenform abgekürzt.
Das dritte Thema beginnt nun in Es-moli, (vgl. Nr. 38, wo es
vollständig mitgetheilt ist)
163
S^
Jiö
*»
m
*£
\ l Sh
flyVV-
hat dreitheilige Periodenform von 25 w Takten. Auf dem Schlusstakt
desselben tritt wieder das erste Thema ein.
Dieses Beispiel ist hier absichtlich gewählt, nicht sowohl, al&
hätte es als Composition eine besondere Bedeutung zu beanspruchen,
die ihm, als einem frühen Jugendwerk des unsterblichen Meisters, nicht
zukommt, sondern vielmehr wegen der grossen Einfachheit und Durch-
- eichtigkeit der Formbildung. Diese beobachten wir auch an dem Rondo-
der G dur-Sonatinc:
Allegro.
3
164
i
S=P
fi
^s
£-
IS
£
£
£
^— #-
S
^F
£
£
und dem der hier Nr. 30 citirten E mollsonatine, dessen Themata
weiter unten mitgetheilt werden. AlsUebergang zu denBeethoven'-
schen Mustern diene das weniger unbekannte Amoll-Rondo von
Mozart:
105
165
$
&
^ji^tij^y
ffrnrfDr
-^ $ä — **—
Das glänzendste Beispiel von Beethoven zur dritten Rondoform ist
das Finale der grossen G dur-Sonate op. 53.
Das erste Thema:
Aüegro Moder ato.
. 166 Vordersatz.
%
*
£
P=zi
3
Ä>
i»ttT fl
t
Nachsatz.
t
|ü
3
S
5^
hat erweiterte kleine dreitheilige Liedform. Anhang and Ueherleitang:
167
8 Takte.
106
Zweites Thema, in A-moil:
simile
168
simile +,m. "fL
Pebluss des Vordersatzes. Folgt
t Nachsatz. Zusammen 16 Takte.
Folgt Doppelsatz von 2x4 + 4
Takten.
Wiederholung des ersten Themas in ganzer Ausdehnung.
Drittes Thema in C-moll:
sumie. # ..JL J- 2-JL «. .#.
Die Rechte Sechzehntel nachschlagend:
169 p— N f
153^
Wiederholt sich, Melodie in der rechten Hand, Bass contrapnnctirt
16-Triolen. Nachsatz: Rechte nbernimt den Contrapnnct (doppelter Cp. d. 8).
170 ^ f fg ^f- r ^.
m$mSm
Wiederholt in der Umkehrung ad 8, worauf der Schlnss einmal ganz,
zweimal halb wiederholt, und noch eine Schlassformel angehängt wird.
Erstes Thema und Schluss. — Der letzten Wiederholung des
ersten Themas geht eine weit ausgeführte, an das Hauptmotiv ge-
knüpfte Einleitung, welche auch auf die Virtuosität des Vortragenden
berechnet ist, Torauf. Die Wiederholung selbst ist dagegen abgekürzt*
107
'Es folgt derselben zunächst eine weite Ausführung des Nr. 167 gege-
benen Ueberleitungsmotives, und ein Prestissimo, welches sich fast
ausschliesslich mit dem ersten Motiv des Thema's beschäftigt, und
wieder der Virtuosität des Spielers Rechnung trägt.
Achtzehnte Aufgabe.
Componire nach den gegebenen Anleitungen und Muster-
beispielen ein Eondo dritter Form in lebhaftem Tempo.
§27.
Uebergangsformen.
Zwischen der ersten und zweiten Rondoform gibt es Uebergangs-
formen, welche an den Eigenschaften beider Theil zu haben scheinen.
Diese entstehen dadurch, dass die Zwischensätze der ersten Rondo-
form eine ungewöhnlich selbständige Gestalt annehmen, oder dass
das zweite Thema der zweiten Rondoform ungewöhnlich kurz, unbe-
deutend oder schweifend ausfällt.
In solchen Fällen bleibt die Formbestimmung zweifelhaft, und
hat man ein Rondo erster bis zweiter oder zweiter bi s erster
Form vorliegen.
Alle Formen zeigen solche Uebergangsstadien, deren erschöpfen-
dere Betrachtung nicht Sache der Gompositionslehre, sondern
des Partiturstudiums, und, in höherem Sinne, der eigentlichen
Theorie und Wissenschaft der Musik ist.
Ein Satz, der zwischen erster und zweiter Rondoform zu schwan-
ken scheint, ist das Andante der Es-dur-Sonate op. 7. Dasselbe
bildet einen weitausgedehnten Hauptsatz in Cdur:
Largo, con gran espressione.
171
108
•in dreith eiliger Liedform. Der sich hier anschliessende Satz in As du**:
172
•bildet zunächst einen tonisch abschliessenden Viertakt. Hierauf folgt
ein ebenso fest construirter Viertakt in F-moll gleichen thematischen
Inhalts. Nun beginnt derselbe noch einmal in Desdur, modulirt
aber im vierten Takte, mit dem übermässigen Sextaccord, auf die
Dominante von Cdur.
In Anbetracht der festen Satzbildung mochte man hier ein
, zweites Thema annehmen, und sich für zweite Rondoform entscheiden.
In Anbetracht der schweifenden Modulation aber kann man den
Charakter des Themas bestreiten, und ein Rondo erster Form anneh-
- men. In Wahrheit ist es ein Rondo zweiter bis erster Form.
c.
Das gesungene Lied.
§28.
Im gesungenen Lied ist die musikalische Form nicht frei (d. h.
ausschliesslich musikalischen Bedingungen unterworfen) sondern von der
poetischen Form und dem logischen Gesetz der Sprache abhängig. Man
ist zu der Annahme berechtigt, dass ursprünglich das lyrische Gedicht
und die Composition in Erfindung und Ausfuhrung eins waren, dass
das Gedicht sofort musikalisch erfunden wurde. Allmählig trennten
sich, besonders durch die Verbreitung der Schreibe-, endlich gar
der Druck- Kunst, beide Theile des Liedes. Die Dichtung bereicherte
sich dermassen durch gedanklichen Stoff, die Musik schuf sich mit so
grosser Energie selbständige Formen, dass beide nicht mehr in ein 8
entstehen konnten, sondern sich erst mit einander verbinden mussten,
um die ursprüngliche Einheit des Liedes — denn Lied ist: gesun-
genes Gedicht — wieder herzustellen.
109
Erst in unserer Zeit macht, auf dem Gebiet der grossen Oper,
die zu einem vollkommenen Ausdrucksmittel gereifte Harmonik, in
Verbindung mit der dramatischen Actionund Delamation, eine Wiederher-
stellung des ursprünglichen Verhältnisses auf höherem Standpunkt,
unter Voraussetzung ausserordentlich umfassender Geistesanlagen,
möglich.
• Es* kann nun keine Frage sein, dass jede musikalische Form
poetisch nachgebildet werden kann, dass es also jederzeit möglich ist,
zu einer in den Grenzen des Vocalsatzes gehaltenen Compositum einen
geeigneten poetischen Text zu beschaffen. Dies ist aber eine Aufgabe
für den musikalischen Dichter, nicht für den poetischen Gomponisten.
Diesem stellt sich hier die entgegengesetzte Aufgabe: zu einem
Strophenlied die Musik zu componiren.
Die Formenlehre kann sich mit diesem Gegenstand, der weit mehr
der allgemeinen geistigen Bildung, als der Fachbildung des Musikers
-angehört, nur nebenher beschäftigen, und bescheidet sich, eine einzige
Aufgabe darauf zu gründen.
Doch sollen hier die Hauptweisen des technischen Verhaltens der
Composition zum Text, die vielfach ineinander übergehen, kurz
geschildert werden.
1) Die Composition folgt getreu dem Versmafs und dem VerB-
bau des Gedichtes, indem es dieselben dem zweitaktigen metri-
schen System der Musik aneignet, d.h. in zwei-, vier-, acht- etc-
taktige Formen gliedert. Z. B.
173 Zelter.
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Es war ein König von Thu-le, gar treu bis an das Grab
FQ: r r ri *
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zz
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sterbend sei-ne Buh-le ein'n goldnen Becher gab.- -
Der letzte Takt ist Dehnung, gleichsam ausgeschriebene Fermate.
Schubert. (5x2Takte)
Goethe.
174
Vr IIa« e7«j»§* ibaM W*»a*«aa.+
Der Eich - wald brauset, die Wol - ken
^ fr
* * &$ * j r n
Magd
lein sitzet
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fers Grün. .Es
110
bricht sich die Welle mit Macht, mit Macht, und sie seufzt hinaus in die
flu * . stre Nacht, d
3t3t
i=ipfj?>j|^ ^i
, stre Nacht, das Au - ge vom Wei-nen ge - trü - bet
2) Die Composition bedient sich der Wiederholungen des Textes
um ein grösseres Satzgefüge herzustellen, und sich zu freierer Form-
bildung zu entfalten.
175
k
Mendelssohn.
fcz
S ^ FfT p C S B
3^
Wer hat dich, du schöner Wald, aufge - baut so hoch da
g^ pp
droben, wohl den Meister will ich lo - ben, so lang
i
fe£
S
e
Irsf
I / y f'_JU
noch . mein Stimm' er - schallt, wohl den Meister will ich
lo - ben, so lang noch mein Stimm' erschallt. Le-be wohl, lebe
i
m
m
-G-
X
l
ist
?L
M
wohl, lebe wohl, lebe wohl, lebe wohl, lebe wohl du schöner
^^ IA/ai/1 IaL^A W*j-vW1 IaKa m>*«.L%1 «Ja« ^ ^ L. «. _«. .*. _.
2E
t
Wald, lebe wohl, lebe wohl, du schöner Wald«
Da genaue Bekanntschaft mit dieser herrlichen Composition vor-
ausgesetzt wird, ist es zulässig, sich mit diesem dürftigen melodischen
Auszug zu begnügen.
3) Die Composition bindet sich nur an die — nun einmal unumstöss-
lichen — Gesetze der logischen Declamation des Textes, schaltet:
aber im Uebrigen ganz frei, nach rein musikalischen Gesetzen, mit dem-
selben. — In den germanischen Sprachen gehört zum logischer*
111
Accent auch der Wortaccent von dem die romanischen Sprachen
unabhängig sind« Man sieht, dass diese hier noch mehr Freiheit ge-
währen als jene, daher auch von deutschen Musikern vielfach bevorzugt
worden sind. — Dieser freien Behandlung des Textes begegnen wir
besonders in der dramatischen und in der mehrstimmigen Musik.
Beispiel.
Alle meine Pulse schlagen,
Und das Herz wallt ungestüm,
Könnt' ich das zu hoffen wagen,
Süss entzückt entgegen ihm!
176. Weber.
m ir. r r7 iMJteOrrrttrj rfl
All* meine Pulse schlagen, und das Herz wallt un- *ge«
f ~ I r fr-w
*^
t
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Süss ent - - zückt ent-ge - - gen ihm!
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könnt ich das
zu hof - fen
könnt ich das za hof - fen
wagen, könnt ich das za hof - fen wagen?
Neunzehnte Aufgabe.
Componire einige einfache Lieder nach erster und zweiter Art.
Grosse dreitheilige Liedform hat unter andern Wagner's berühmter
112
Pilgerchor aus Tannhäuser, (III. Akt), obwohl hier nicht ausge-
schlossen ist, dass der Text später, oder mit der Musik gleichzeitig
entstanden ist.
Mozart's herrliches Ave verum corpus, welches in der Har-
monielehre als Muster der Muster mitgetheilt worden ist (vgl. daselbst
S. 200) hat grosse zweitheilige Liedform, mit Verlängerung der
letzten Periode durch Anhang. Man beobachte wohl, wesshalb man nicht
berechtigt ist, hier dreith eilige Liedform mit verkürztem zweiten
Theil anzunehmen.
L o 1 1 i's nicht minder vollkommenes Männergesangs-Terzett : V e r e
languores nostros, welches die Lehre vom freien Satz als Muster
der Vocalcomposition ziert, nähert sich ebenfalls der grossen zwei-
theiligen Liedform. Die erste Periode besteht aus 8 + 10 Takten, die
zweite aus 9 + 10 Takten.
Praktisch erweist sich allen Componisten, wenn der Anfang des
Gedichtes nicht sofort einen musikalischen Gedanken wecken will,
zuerst ein Vorspiel, nicht nach den Textworten, sondern nur nach
der allgemeinen musikalischen. Stimmung des Gedichtes instrumental
zu erfinden, worauf sich dann in der Regel alsbald ein Anknüpfungs-
punkt der ersten Textworte einstellt.
Es steht natürlich frei, wenn ein Lied mehrere Verse hat, diese
verschieden zu componiren.
Lieder epischen Inhaltes mit sehr vielen Versen, wie man oft
Balladen und Romanzen findet, verlangen verschiedene Behandlung
der Verse. Hier bieten sich zum Vergleich zahlreiche Werke aus-
gezeichneter Componisten über denselben Text Vgl. z. B. Goethe's
„Fischer" von Reichardt, Schubert, Reissiger u. A. Goethe's
„KönigvonThule" von Zelter, Radziwil, Gounodu. A. Hierwären
noch zahlreiche vielcomponirte Gedichte besonders von Goethe und
Heine, aber auch von vielen anderen zu nennen. Als Mustercompo-
sitionen seien noch erwähnt Schuberts „Erlkönig", Schumann's
„Grenadiere", C. Lowe's Balladen.
Ungeschicklichkeitendes Textes hat die Composition zu corrigiren.
So hat z. B. Kind im „Freischütz" den Fehler begangen (der einer
der schlimmsten für die Composition ist), Gedanken und Vers nicht
gleichzeitig durch den Reim zu begränzen, indem er dichtete:
Abends bracht' ich reiche Beute,
Und wie über eignes Glück, —
Drohend wohl dem Mörder, — freute
Sich Agathe's Liebesblick.
113
Diesen Fehler seines Poeten*) corrigirte Weber dadurch, dass er
den Participialsatz (zwischen den Gedankenstrichen) isolirte, indem
er ihn auf einen Dominantaccord — gleichsam als Cadenz — verwies,
den ungeschickten Beim aber ignorirte, und ihn im Auftakt verschwinden
Hess.
Aehnlich verfuhr Mozart im „ Ave verum a , wo die Dichtung
denselben Fehler zeigt,
Ave verum corpus, natum (Reim)
De Maria virgine,
Er ignorirte Versmafs und Reim, und componirte:
Ave verum corpus,
natum de Maria virgine.
*) In der Poesie an sich ist ein solches Verfahren kein Fehler, zuweilen ein Vorzag, wie
besonders 8 c h i 1 1 e r 's Dichtungen beweisen, in der musikalischen Dichtung durchaus verwerflich
Bnssler, Formenlehre. 3
III. Die Sonatenform.
§29.
Sonate und Sonatenform.
Unter Sonate versteht man ein Musikstück, welches aus mehreren
selbständigen Sätzen besteht, und für ein oder einige Soloinstrumente
componirt ist. Nur ausnahmsweise hat ein so benanntes Musikstück
nur einen Satz, selten nur zwei. Unter Sonatenform versteht
man dagegen diejenige Form eines Satzes, mit der wir uns jetzt
hier zu beschäftigen haben.
Das Eigentümliche der Sonatenform besteht in dem grundsätz-
lichen Vorherrschen derYerbindung gegen die Aneinanderreihung,
welche in der Liedform entschieden, in der kleinen Rondoform zwar
bedingt, aber doch auch immer noch vorherrschte. Gegen diese Formen
bildet die Sonate den entschiedendsten Gegensatz. Sie ist bemüht
alle Trennung aufzuheben, und eine möglichst vollständige Einheit
des Satzes herzustellen. Macht sie daher auch am Ende der ersten
Abtheilung einen vollkommenen , meist sehr erschöpfend ausgeführten
Ganzschluss, so geschieht dieser in einer anderen, als der vorgezeich-
neten Tonart, und zwar fast immer in einer solchen, die auf die
ursprüngliche zurückweist, zu dieser in einer nahen Beziehung steht.
Also : innige Verbindung aller Theile zu einem, sich als solches gel-
tend machenden Ganzen ist die Aufgabe, die wir mit den bisher erwor-
benen Mitteln der Formbildung zu lösen haben. In diesem Bestreben
gestaltet sich der ganze Satz gleichsam als ein immer weiter gespon-
nener Vordersatz, der das Bedürfniss eines Nachsatzes, und dadurch
Spannung erregt. Da liegt denn .die Gefahr nahe, sich zu überstür-
zen, die Mittel der Steigerung zu früh zu vergeuden, die künstlerischer
115
Besonnenheit zu verlieren, welche die Bedingung der Verständlichkeit ist.
Diese Gefahr zu vermeiden, dient die scharfe Sonderung der Form in
Unterabtheilungen, die planmässige Modulation, der Gebrauch solcher
Schlussformeln, welche dem Fortgang keinen Eintrag thun, indem sie
rhythmisch oder tonisch Stellen einnehmen, welche zu einem vollstän-
digen Schlüsse nicht dienen können.
Die Sonatenform ist die gemeinschaftliche Form der ersten
(Allegro-) Sätze der Sonaten, Quartette, Sinfonien und der
diesen verwandten Gattungen der Instrumentalmusik, — ferner der
meisten Finales (letzten Sätze) dieser Gattungen, sowie der Ouver-
türen (Mozart, Beethoven, Weber u. A.), endlich zahlreicher
Sätze in langsamem Tempo.
Nach der Ausdehnung unterscheidet man Sonatine (kleine
Sonatenform), Sonate und grosse Sonate.
Wir werden diese Hauptform der grossen Instrumentalmusik von
der kindlichen Gestalt einer Kuhlau'schen Sonatine bis zu dem
Wunderbau eines Beetho ven'schen Sinfoniesatzes verfolgen.
A. Die Sonatine.
§30.
Der erste Theil der Sonatinenform.
Der erste Theil der Sonatinenform zerfällt in fünf untereinander
eng verbundene Unterabtheilungen verschiedener Ausdehnung:
1) Hauptsatz oder erstes Thema.
2) Vermittlungssatz.
3) Seitensatz oder zweites Thema.
4) Schlusssatz.
5) Coda oder Anhang.
Diese fünf Theile gruppiren sich zu zwei grösseren Abtheilungen:
1) Hauptsatz und Vermittlungssatz,
2) Seitensatz mit Schlusssatz und Anhang,
durch den ziemlich gleichen Umfang dieser beiden Theile, durch die
Modulation, welche vom Seitensatz an eine neue Tonart ein-
führt und beibehält, sowie durch die Bedeutung der einander gegen-
überstehenden beiden Themata, welche den wesentlichsten Gegensatz
der Form bilden.
Rechnet man den Vermittlungssatz zum Hauptsatz, dem er
8*
116
thematisch . meist verwandt ist, den Anhang zum Schiasssatz, dem
er ebenfalls meist thematisch zugehört, so hat man drei Theile, deren
mittleren das zweite Thema bildet.*)
Ebenso natürlich ergibt sich aus den oben gebildeten zwei Ab-
schnitten eine Viertheiligkeit, wenn man den ersten in Haupt-
satz und Yermittlungssatz, den zweiten in Seitensatz und
Schlusssatz mit Anhang theilt.
Der erste Theil der Sonatinenform schliesst vollständig
ab, und erscheint insofern selbständig, aber in einer andern als
-der ursprunglichen Tonart, und erscheint insofern wieder unselb-
ständig, gleichsam ein grosserer Vordersatz, der noch seines Nach-
satzes harrt.
Der Schluss des ersten Theiles geschieht
in Dur in der Oberdominanttonart,
in Moll in der Paralleltonart.
Der erste Theil der Sonatine wird wiederholt Diese Wieder-
holung wird zuweilen durch eine Ueberleitung eingeführt, welche
sich der Coda anschliesst, in die ursprüngliche Tonart, und in den
Anfang leitend. Hier folgt der erste Theil einer kindlichen, auch
für den Unterricht von Kindern bestimmten Klavier -Sonatine von
Kuhlau, welche diese Form im kleinsten Rahmen wiedergibt, und
als erstes Beispiel ganz besonders geeignet erscheint.
Allegro .
1. Hauptsatz oder Erstes Thema.
*) Der Vermittelungssatz ist im ersten Theil der Sonatenform Modulation 8 säte, weil
er den Uebergang in die neue Tonart vermittelt; anch wird er oft so benannt, doch l&sst sich
diese Benennung nicht durchfuhren, weil derselbe Satz im dritten Theil die Modulation verliert.
117
Vermittlangssats.
2. Modulationssatz.
moll ' 13
2*=^l&
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5
Modulation in die Oberdominanttonart. 3. 8eitensjLts od«r Zweite»
4. Schlusssatz.
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5. Coda oder Anhang
Schi us s. Ueberleitung in die Wiederholung.
30 31
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Die fünf Theile dieser kleinen Mustersonatine zeigen folgende
Zahlen-verhältnisse, die natürlich nicht unbedingt, sondern nur ungefähr
mafsgebend sind:
1) Hauptsatz 8 Takte (4 + 4).
2) Vermittlungssatz 8 Takte (4 x 2).
3) Seitensatz 8 W Takte (4 + 4 w ).
4) Schlussatz 4 (2 x 2).
5) Anhang 2 Takte (4 x Vi)-
An den eingeklammerten Ziffern sieht man, dass die Mannig-
faltigkeit der metrischen Construction oder Taktverbindung, durch den
Wechsel von viertaktigen und zweitaktigen Verbindungen erreicht
wird. Weniger kann in dieser Hinsicht nicht geschehen.
Der junge Componist hat bei seinen Arbeiten solche Abwechse-
lung stets im Auge zu behalten.
Die rhythmische Mannigfaltigkeit liegt im Gebrauch der ver-
schiedenen Notengattungen innerhalb der metrischen Construction, wozu
auch die Verschiedenheit der Eintrittspunkte innerhalb der Taktart
119
gehört.*) Diese Mannigfaltigkeit ist hier ebenfalls mit den bescheiden-
sten Mitteln, aber in vollgenügender Weise erreicht. Auch diese
Mannigfaltigkeit ist immer anzustreben, aber ebenso mafsvoll, all-
mählig fortschreitend, wie hier, weil der Satz durch ein Uebermafs
in dieser Richtung bunt, verworren und langweilig wird.**)
In Zweitheilung besteht der vorstehende Mustersatz aus
\6 + 14 Takten,
in Dreitheilung aus 16 + 8 w + 7 Takten, *
in Viertheilung aus 8 + 8 + 8w + 7 Takten.
Das erste Thema (der Hauptsatz) bildet einen achttaktigen
(grossen, § 6) Vordersatz, dem der Vermittelungssatz sich
anfangs scheinbar als Nachsatz anschliesst. Statt aber den ent-
sprechenden Nachsatz zu bilden, modulirt er mit dem ersten Motiv
des Hauptsatzes
178
im
in viermaliger Phrase (§ 1, 2) durch den Dominantseptimenaccord von
6-dur (Takt 15 und 16) nach 6-dur. Dabei steigert ersieh dyna-
misch zum forte, rhythmisch zur Triolenfigur (Takt 13 bis 16).
Das zweite Thema (der Seitensatz) kehrt zu der ruhigeren
Achtelbewegung und zum piano zurück. Seine Gonstruction ist die
eines selbständigen tonischen Doppelsatzes (4 -f 4), (§ 4, 6) sich der
periodischen Form mit unvollkommenen Oanzschluss des Vordersatzes
(§ 4) nähernd.
Der Schlu&ssatz hat die Form eines Doppel -Zweitaktes (§ 2),
die Coda besteht aus vier halben Takten.
In den letzten drei Theilen verkürzen sich also die Formen: 8,
4 und 2 Takte, sowie ihre Elemente: 4, 2 und halbe Takte.
Vom Seitensatz an herrscht die Tonart der Dominante.
Der Vermittlungssatz entwickelt sich aus einem Motiv des The-
mas, hier durch Versetzung (Takt 11, 12), Aenderung des Tonge-
schlechts (Takt 13, 14), Modulation (15, 16). Solche Ausbeutung eines
Theiles eines Themas heisst
thematische Arbeit.
*) 8o setzt s. B. das zweite Thema auf dem zweiten Viertel ein.
••) Durch den entgegengesetzten Fehler : rhythmisches GleicbmaCs wird der Satz steif,
ungelenk und abstossend.
120
Diese tritt hier wieder gelegentlich auf, um später eine erschöpfen«
dere Behandlung zu erfahren. Methodisch ist es noth wendig, diese
erst da eintreten zu lassen, wo sie praktisch nothwendig wird, bei
dem Durchfuhrungssatz der (grossen) Sonatenform.
Zwanzigste Aufgabe.
Componire nach der hier gegebenen Anweisung erste Theile
▼on Sonatinen in Dur» Als Muster diene das gegebene Erläuterungs-
beispiel. Länge und Construction der einzelnen Theile desselben sollen
nicht unbedingt, sondern nur im allgemeinen als Muster, dienen. So
kann z.B. das erste Thema auch ein tonisch selbständiger — kein
Vordersatz — sein, und häufiger von dem Zusammenfallen des Schluss-
und Anfangstaktes Gebrauch gemacht werden. (§ 13) Frühere Arbeiten
dürfen benutzt werden.
§31.
Der erste Thell der Sonatine in Moll.
Steht die Sonatine in Moll, so wendet sich der Modulationssatz
statt zur Oberdominante zur Paralleltonart, die vom zweiten Thema
an bis zum Schluss herrscht.
Wäre z. B. das zum vorigen § gegebene Muster in C-moll, so
müs8te der Vermittlungssatz nach Es-dur hinüberfuhren, z. B:
■G-rb
179
121
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Zweites Thema.
u-^^w^
eil
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Einen sehr kurzgefassten ersten Theil der Moll-Sonatine finden
wir in Beethoven's G moll Sonate op. 49 Nr. 1. Wie in der
Kuhlan" sehen Sonatine, bildet hier das Thema einen Vordersatz
mit Halbschluss.
180 ,
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U. 8. W.-~
4 Takted
w^
Der regelrecht beginnende Nachsatz gestaltet sich als Vermittlungs-
satz, und modulirt (halbschlassartig) auf die Dominante der Parallele,
feU g faß
Takt 1, 2, 3. fp
C/'^frl
cre$c.
wo alsbald das zweite Thema (nicht ohne melodische Verwandtschaft
mit dem ersten) eintritt, sich über 9 Takte ausdehnt, alsdann die letz-
ten 5 Takte wiederholt, also gegen das erste Thema unverh<nissmässig
lang erscheint.
122
Zweites Thema.
182 J
t—r-t-
CSS
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$E&
Der Schlusssatz entlehnt seinen Inhalt ebenfalls dem zweiten
Thema:
183
Anhang fehlt.
Doch kann man auch sagen, dass an Stelle des Schluss-
Satzes die letzten fünf Takte des zweiten Themas wiederholt werden,
zumal diese einen selbständigen Satz bilden, und kann dieoben als Schluss-
satz bezeichneten fünf Takte als Anhang betrachten Dann gestaltet
sich das Schema der Construction:
Hauptsatz: 8 Takte. (Vordersatz)
Vermittelungssatz: 7 Takte. (Nachsatz)
Seitensatz: 9
Schlusssatz: 5 (dem Seitensatz entnommen)
Anhang :w 5 (an den Seitensatz anknüpfend).
So betrachtet, eignet sich die Form besser zum Muster für den
jungen Componisten.
Einundzwanzigste Aufgabe.
Componire erste Theile von Sonatinen in Moll.
§31.
Der dritte Theil der Sonatinenform in Dar.
Der dritte Theil der Sonatinenform unterscheidet sich vom ersten
dadurch, dass alle Theile in der selben, nämlich der (vorgezeichneten)
123
Haupttonart stehen. Hiervon abgesehen, nimmt er ganz denselben
Verlauf.
Vom zweiten Thema an ist also alles aus der Dominante
in die Tonica zu transponiren, ob Quarte höher oder Quinte tiefer,
darüber entscheide die aesthetische Wirksamkeit.
Der Yermittlungssatz wird hier zum blossen Zwischensatz,
da man der Modulation nicht mehr bedarf. Die Nr. 177 gegebene
Ku hl au'sche Sonatine behält ihn, bis zum Modulationspunkt , wörtlich
bei, und transponirt dann die modulirenden Takte 15 und 16 in die
Tonica:
184
Zweites Thema.
Der Anhang (die Coda) wird in der Regel zu festerem Abschluss
ein wenig verlängert, in der Kuhlau'schen Sonatine durch zweiC-dur-
accorde.
Der dritte Theil Ist also im Wesentlichen Wiederholung des ersten
ohne Modulation, wird auch desshalb Reprise , Wiederholung, genannt
Es wäre methodisch nicht ungeschickt, den Beginn der Arbeiten
zur Sonatine und Sonate mit dem dritten Theile zu machen,
und aus diesem dann den ersten zu bilden, indem man den Zwischen-
satz zwischen beiden Themen zum Modulationssatz umarbeitet. Jeden-
falls wird der junge Componist bei seinen Entwürfen so verfahren
können, wenn ihm einmal die Modulation entgeht. Er wird dann
erst den dritten Theil bilden, und aus diesem durch hinzugefugte
Modulation den ersten. Diese Bemerkung gilt für alle Theile dieses
Abschnittes.
Zweiundzwanzigste Aufgabe.
Bilde hiernach zu sämmtlichen Dur-Sonatinen (Aufgabe 20)
den dritten Theil.
124
Der Theil, welcher der wesentlichsten Veränderung unterworfen
wird, ja eine wesentlich charakteristische Eigenschaft einbüsst, ist ohne
Zweifel der Vermittlungssatz, insofern er im ersten Theil die Bedeutung des
Modulationssatzes hat, und als solcher jetzt eigentlich überflüssig er-
scheint. Nichtsdestoweniger ist es üblich, ihn, der Modulation ent-
kleidet, oder durch eingeschobene gelegentliche Ausweichung bereichert,
beizubehalten, um nicht das metrische Verhältniss der Theile zu er-
schüttern, welches im Ganzen für die Form wesentlicher ist, als das
modulatorische. ' In den bisher angeführten Mustern und den darnach
ausgeführten Arbeiten entlehnte der Vermittlungssatz. seinen Inhalt
vom Hauptthema, ja liess sich meist als Nachsatz desselben an : —
ein Nachsatz, der, noch eine Stelle des Quintenzirkels weiter modu-
lirend, sich von neuem als Vordersatz gestaltete. Der Vermittlungs-
satz wird aber nicht selten aus neuen Motiven gebildet, besonders,
wenn das Thema tonisch abgeschlossen ist, und in Folge dessen
dem Vermittlungssatz nicht gleich einen Anknüpfungspunkt bietet. In
diesem Falle würde seine Beseitigung im dritten Theil diesen eines
wesentlichen Momentes seines Inhalts berauben.
§ 32.
Der dritte Theil der Sonatlne In Moll.
In Moll hält der dritte Theil nicht nur die Haupttonart, sondern
auch das Hauptton geschlecht fest« Das zweite Thema, und was
ihm folgt, erhält daher eine viel wesentlichere Veränderung, als in
der Dursonatine. Desshalb würde sich in der Mollsonatine das Ver-
fahren, den dritten Theil zuerst zu componiren, welches § 31 erwähnt
wurde, noch mehr empfehlen, als in der Dur-Sonatine.
Dreinndzwanzigste Aufgabe.
Bilde zu den componirten ersten Theilen der Mollsonatine die
dritten Theile, ans der Parallele in die tonische Molltonart trans-
ponirend.
In der kleinen E moll-Sonatine von Mozart, deren Thema, toniseh
125
abschliessend, 8 Takte, — Nr. 30 gegeben ist, gestaltet sich der Ver-
lauf des dritten Theiles in folgender Art.
185 Vermittlungssat*: 8 Takte
• ' p V **Jr*KJ J Violino simile.
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*
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Dieser Satz ist als vollkommen selbständig zu betrachten, wenn auch das
ihn ganz and gar einnehmende Motiv dem dritten uud vierten Takte des
Themas (vom vierten zum vierten Viertel) entnommen ist. Jetzt folgt in
▼orschriftsmässiger Haupttonart und Mollgeschlecht das zweite Thema, üi
welchem wir die Imitation der Geige wieder nur andeuten.
Zweites Thema. 8 Takte.
186
UM
u. s. w.
vier Takte.- =
*=£
4
126
Ganz kurz gestaltet sich nun der Schlusssatz :
187
I bis
dem noch ein Anhang im E-moll-Arpeggio von drei Takten folgt.
Im ersten Theil dieser Sonatine findet sich nun vorscbriftsmässig
Seitensatz, Schlusssatz und Anhang in der Paralleltonart: G-dur.
Aber der Vermittlungssatz modulirt dort nicht nach der Dominante
von G-dur, sondern verhält sich ganz genau so, wie hier, mit seinem
Halbschluss E-moll.
Ohne Zweifel erschien dem Componisten die — tech-
nisch kinderleichte — Modulation dem Inhalte wider-
sprechend, aesthetisch unzulässig.
Desshalb schob er im ersten Theil zwischen der Mollseite —
Hauptsatz und Vermittelungssatz — und der Durseite — Seitensatz.
und Schluss — einen Satz von 10 Takten ein:
Zweiter Vermittelungssatz. Violine.
J
I
JM
J7Ji Fi
I I ♦ n c xv
M
& \ tf i
u. s. w.
22
1
der sofort in G-dur einsetzt (das etwas ßrusque dieser Modulation
schien dem Charakter des Werkes angemessen), und, zuletzt auf der
127
Dominante von G-dur einen Halb&chluss bildend, den Eintritt des
zweiten Themas vorbereitet
Woher aber stammt dieser eingeschobene Satz? Der
erste Takt ist Gegenbewegung des ersten Taktes des Themas, die
folgenden Motive sind dem sechsten Takte des Themas entnommen.
Dieser Satz, der im ersten Theil das leistet, was der voran-
gehende hier nicht zu leisten vermag , fehlt also im dritten Theil.
Im ersten aber ist er als eine Anomalie zu betrachten, anknüpfend
an die veraltete Gewohnheit, auf das Thema vor dem Seitensatz noch
einmal anzuspielen. Vielleicht aber hat Mozart hier den letzten Theil
zuerst im Geiste fertig gehabt.
Es kommt auch vor, und gilt nicht als Unregelmässigkeit, dass
man im dritten Theil das Tongeschlecht nicht verändert, sondern
nur die Tonart, beispielsweise in einem G-moll Satz im dritten
Theil zweites Thema, Schlusssatz und Anhang in G-dur stellt. Der
Schluss kann dann ebenfalls in Dur geschehen, aber auch nach Moll
zurückgelenkt werden.
§33
Ausfall der Modulation im ersten Theil.
Bei Dur-Sonatinen findet sich häufig statt der Modulation in die
Oberdominante nur ein Halbschluss auf der Oberdominante. So
schliesst z.B. Beethoven in der G dursonatine op. 49 den Vermittelungs-
satzmit ziemlich breiter Halbschluss-Formel, an die sich dann der
Seitensatz in der Tonart der Oberdominante sofort anschliesst.
189
I* & & & f jJ^ § #M=ga
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§
M.\ r<jdr™lgM
Seitensatz.
F+vhJhJ**?^ ^
SP
128
Ebenso Mozart in der D-dur-Sonatine für vier Hände:
190
simile.
i-Hb l. L I £ =£=£
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s^
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SS
«
siinile. ' ' 1
Sogar in grösseren Sonaten, die man sowohl ihrer Ausdehnung
wie ihrem Inhalte nach, nicht zu den Sonatinen rechnen kann, ündet
sich mitunter diese leichte Art, die neue Tonart einzuführen. In
der D-dur von Mozart z. ß.
fwra
wird der Seitensatz ebenso an den Halbschluss angeknüpft.
192 Halbschluss.
129
&£tef mr*Mm s=
Zweites Thema, A-dur.
Es ergibt sich hieraus der Vortheil, dass man im dritten Theil
der Sonate Hauptsatz und Vermittlungssatz unverändert beibehalten
kann, (aber selbstverständlich nicht muss).
Aendere auf diese Art einige der früheren Arbeiten.
§35.
Der zweite Theil der Sonatinenform.
Zwischen die beiden bisher eingeübten Theile der Sonatine tritt
nun als Mittelglied der zweite Theil.
Dieser zweite Theil beschäftigt sich entweder
1) als Durch führungssatz mit Bestandtheilen des ersten
Theiles, dient also zur thematischen Arbeit, oder
2) bringt neuen Inhalt, der aber keine geschlossene Form
annehmen darf, da er sonst zur Rondoform übergehen würde, oder
endlich
3) er bringt von beiden ein wenig. Die dritte Form ist die
vorherrschende, weil sie der strengen Gebundenheit der ersten, und
der gänzlichen Willkürlichkeit der zweiten die angemessene Mitte hält.
Die Länge des Mittelsatzes ist sehr verschieden. Es finden sich
Sonatinen mit einem Mittelsatze von wenigen Takten, zuweilen bloss
eine Ueberleitungspassage in den Wiederanfang bildend, auch finden
sich solche, die beinahe die Länge des ersten Theiles erreichen. Als
allgemeine Regel für den Anfänger gilt, dass der Mittel-
satz nicht kürzer, als etwa halb so kurz, nicht länger, als
höchstens ebenso lang, wie der erste Theil sei.
Bassler, Formenlehre. 9
130
Vierundzwanzigste Aufgabe.
Bilde hiernach zu sämmüichen bisher componirten Sonatinen
in Dur und Moll Mittelsätze (sogenannte Durchführungen), und
zwar zn jeder mehrere.
Stelle die gelungensten Sätze zu vollständigen Sonatinen
zusammen.
Der Mittelsatz der Sonatine bildet mit der Reprise zusammen
den zweiten Theil derselben, der häufig wiederholt wird.
Betrachten wir jetzt einige Mustersonatinen.
In der G-dur sonatine von Beethoven op. 49 stellt die Durch-
führung den 52 Takten des ersten Theiles — vierzehn Takte
gegenüber.
Thematische Verarbeitung des ersten Themas.
193
/ A moll bis
i
w—g^
f
*
Halbschluss
E-moll.
131
Die ersten sechs Takte beschäftigen sich mit dem Hauptthema,
das Folgende bringt wenig bedeutende Formern, die eben nichts weiter
leisten, als in die Reprise zurückfuhren, und durch ihre Unbedeutend-
heit die Bedeutung des nun wieder eintretenden Themas erhöhen.
In Mozart's Emoll-Sonatine (Nr. 185) treten den 39 Takten
des ersten, und 29 Takten des dritten Theiles, im zweiten Theil
15 Takte entgegen. Der Anfang knüpft an das Thema an, das
übrige ist frei, ebenfalls formelhaft, aber bedeutender.
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Reprise
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Beide Sonatinen zeigen also wenigstens thematische Anknüp-
fung, doch überwiegt anabhängige Gestaltung.
Dagegen hat die Durchfuhrung der G mollsonatine von Beethoven
vorherrschend thematischen Inhalt. Gleich die Einfuhrung, eine
Modulation nach Esdur, knüpft an das zweite Thema an:
tr
195
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fe-
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Hierauf folgt eine ganz neue Episode eines 2x4 taktigen Sätz-
chens von tonischer Abrundung in Esdur:
133
Die folgenden achtzehn Takte gehören aber thematisch dem
zweiten Thema, welches bekanntlich (S. 121) selbst, in diesem Werke,
mit dem ersten Thema thematisch verwandt ist.
Ganz frei dagegen gestaltet sich der Inhalt in unserer kleinen
Muster-Sonatine von Kuhlau.
Hier beginnt der zweite Theil mit der Bearbeitung des neuen
rhythmischen Motives,
rlfr
nur di<3 an sich nichts sagende Begleitungsfigur der linken Hand dem
Anfang entlehnend, zu einem viertaktigen Satz ; dann in rhythmischer
Variation
mn
nach abermals 4 Takten Trugschluss in As dur, welcher zu einem
Halbschluss auf der Dominante von C moll, und von da in all-
täglichen Tonleiter- und Fünfton - passagen in die Reprise fuhrt.
Diese Passagen kann man allerdings als thematische Anknüpfung an
Schlusssatz und Anhang des ersten Tbeiles betrachten, wennsie bei
ihrer unbedeutenden Alltäglichkeit überhaupt thematische Ansprüche
erheben dürfen. Diese Unbedeutenheit, Alltäglichkeit, Formelhaftig-
keit der Durchfuhrungen ist kein Vorwurf für die hier angeführten
Compositionen, die alle vollkommene Master ihrer Gattung sind.
Vielmehr sind diese Eigenschaften in der Sonatine wesentlich, weil
der Durchführungssatz derselben auf die Wiederholung der Themata
in der Reprise nicht nachtheilig einwirken darf. Die ganze Durchs
fuhrung ist hier gewiss er massen eine Cadenz auf dem Septimen-
accord, der von der Oberdominante in die Tonica zurückfuhrt Auch
erhält sie der ganz und gar tonischen Reprise gegenüber das Gleich-
gewicht der Dominante aufrecht.
B.
Die Sonate.
Durch Ausdehnung der Theile, und in Folge dessen des Gan-
zen, entsteht ans der Sonatine die Sonate. Das gegenseitige Verhält-
nis* der Theile bleibt dasselbe, sowohl hinsichtlich der Modulation,
als der Ausdehnung und metrischen Gestaltung im Allgemeinen.
Auch die grosse Sonate ist nichts weiter, als eine Sonate von
ungewöhnlicher Grösse der Dimensionen.
§36.
Ausdehnung des Hauptsatzes.
a) Durch Wiederholung.
Ist der Hauptsatz von hinreichender Bedeutung, insbesondere von
charaktervoller, rhythmischer Construction , so kann er wiederholt
werden, wobei der Schluss der Wiederholung zugleich als Anknüpfungs-
punkt für das Folgende gelten soll.
Allegro con brio.
■k
ÖEg2
^ r 'r i r r t?^
«.-
ffit * ifirEjc
135
Dieses berühmte Thema aus Beethoven' s Sonate pathetique
op. 13, eignet sich durch den charaktervollen Gegensatz seiner beiden
Theile zur Wiederholung, und es verlangt diese Wiederholung, weil es y
in dem vorgeschriebenen schnellen Tempo, sich mit einem Male nicht
gehörig einprägt. Bei der Wiederholung macht es aber einen Halb-
schluss, und auf diesem knüpft derVermittelungssatz an.
198
P
f=»
j j j » i r r rrrr-^ üg
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In der Es -dur- Sonate op. 31 wiederholt sich der Hauptsatz in
der höheren Octave, beidemal tonisch fest geschlossen.
b) Durch Hinzufügung
eines zweiten Satzes, der sich zum ersten gleichsam als Nachspiel,
Coda oder Hefrain verhält; eine bei Mozart häufige Form.
In der Es-dursinfonie dieses Meisters bildet das Thema die folgen-
de, hier, um Raum zu sparen, nnr im dürftigsten melodischen Auszug
gegebene 14 + 14 w taktige Periode:
Mozart.
199 Alkgro.
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Auf dem (hier noch fehlenden) Schlusstakt dieses innig .zarten.
Satzes, setzt nun ein feuriges forte, gleichsam als „Tutti" ein, welches
18 Takte zählt,
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und auf dessen Schlussaccord der Yermittelungssatz (Modulationssatz)
beginnt.
Auch die. 8 Takte, die sich in der Pathetique- Sonate an die
Wiederholung des Themas scbliessen, kann man diesem als eine Art
Schlussformel (Orgelpunkt mit Halbschluss) zurechnen, so dass wir
dort also Wiederholung und Hinzufügung haben.
Sicher müssen wir in der Cis-moll-Sonate (op. 27), im Finale, den
Orgelpunkt auf der Dominante:
201
der auch im Wesentlichen ein verlängerter Halbschluss ist, dem Haupt-
satz hinzurechnen.
137
(Wir haben hier ein Beispiel jener geist- nnd charaktervollen
Schlussformeln, welche Beethoven an die Stelle der früher üblichen
trivialen Allerweltsschlüsse setzte.)
Mozart.
Alleqro.
202
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(eingeschobene Imitation, vgl. Nr. 52)
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Zweiter Satz
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^. Anhang £
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Das vorstehende Beispiel von Mozart unterscheidet sich aesthe-
tisch wesentlich dadurch von dem zuerst angeführten, da9S dem zweiten
Thema ein zarterer Nachklang folgt, der in dem Anhang ganz und
gar zu verklingen scheint. Die kleinere Form der Theile hat die
kürzere Fassung des Ganzen zur Folge.
Durch eine Art von Vorspiel erweitert Beethoven das Thema
der grossen B-dur- Sonate op. 106. (Siehe daselbst.)
c) Durch Periodenbildung.
Die Periode ist wegen ihrer abgeschlossenen Form als Glied des
Sonatensatzes weniger verwendbar. Meist bildet der Hauptsatz nur
den Vordersatz einer Periode, an den sich (statt des Nachsatzes und
mit den Motiven desselben) der Vermittelungssatz anreiht; dieser
also, anstatt sich mit dem Vordersatz periodisch zusammenzuschliessen,
greift über in das System einer neuen Tonart.
Indessen haben wir schon oben ein Mozart'sches Beispiel gehabt,
in welchem sich eine lange Periode mit einem andern Satze zum
Hauptsatz vereinigte. Es finden sich auch ausgedehnte Perioden,
welche allein den ganzen Raum des Hauptsatzes in Anspruch nehmen.
138
Wir geben hier zwei Beispiele, eins von Beethoven mit bedeu-
tend verkürztem, eins von Mozart, mit bedeutend verlängertem Nach-
satz, beide nur im dürftigsten melodischen Auszüge, die Ergänzung
dem Gedächtniss des Schülers zuversichtlich überlassend.
Beethoven. Erster Satz. 4x2 Takte, viermalige Phrase (§ 1,2).
{ «nu.jj|J i-J+J- j* J 17*7^ ^
Zweiter Satz. 2x2 + 2x1 + 2
TN jP ^
Schlussdes Vordersatzes. Nachsatz
UUJJU
2X(2X2)+4X1.
Anhang
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JH=t
§Mz
Hier folgt auf den, im achten Takt schliessenden, aus vier Zwei-
takten bestehenden, ein zweiter Satz ohne jegliche thematische Be-
ziehung zum ersten, aber in entschiedenstem aesthe tischen Gegensatz
zu demselben, und schliesst mit einem Halbschluss; so haben wir
also einen sechzehntaktigen Vordersatz. Der Nachsatz, der an das
Motiv des ersten Vordersatzes wenigstens anklingt, besteht aus nur
2x4 Takten, wird aber durch einen kleinen, unmittelbar dazugehörigen
Anhang auf 12 Takte gedehnt. Unmittelbar an diesen schliesst sich
der Vermittlungssatz an.
Uebrigens haben wir hier ein treffendes Beispiel der grossen
dreitheiligen Periode, (§ 7) welche, wie das Mozart'sche Beispiel
(Nr. 38), zwei Vordersätze hat.
139
Mozart.
4 . Vordersatz
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Viola. simile
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Hier sehen wir schon die ersten Vier Takte einen Halbschluss
bilden, der sie als Vordersatz einer Periode zu charakterisiren scheint.
Die Fortsetzung gestaltet sich aber nicht zur Periode, sondern bildet
abermals einen Halbschluss (mit dem übermässigen Sextaccord). Auch
aesthetisch fehlt, durch die vorwärts treibende Behandlung der Motive,
der Charakter des Nachsatzes, wenngleich die Motive die des ersten
Vordersatzes sind. Jetzt erst beginnt der eigentliche Nachsatz, wel-
cher sich dem achttaktigen Vordersatz mit fünfzehn Takten entgegen-
stellt. Die Verlängerung knüpft sich an das Motiv I a | , welches
zweimal wiederholt wird, und zu einem thematisch freien Schlüsse
führt.
140
Durch die an vorstehenden Beispielen beobachtete Verkürzung
und Dehnung des Nachsatzes, wird der Periode der in sich ge-
schlossene, der Sonatenforin widersprechende Charakter genommen.
In der C-moll-Sinfonie bildet Beethoven, nach 5 Takten Einleitung,
einen ausgedehnten Vordersatz von 16 Takten. Diesem entspricht
— nach 3 Takten der Einleitung — ein Nachsatz von 20 Takten.
Die Dehnung um 4 Takte ergibt sich aus dem Motiv des Vorder-
satzes :
205
welches im Nachsatz auf folgende Art umgestaltet und ausgeführt wird :
20<
r^gpfttf fgg^ i ftrf | fm |j ä
des Ver;
igssatzes.
Dieser Hauptsatz stellt also eine grosse Periode dar, welche
— ausser den 8 Takten, welche auf die Einleitung fallen, — 36 Takte
umfasst. Der Schluss dieser Periode ist aber durch die Theilung
und anstrebende Bewegung des Motives rhythmisch so construirt, das9
er das Gefühl des Schlusses gar nicht aufkommen lässt, sondern
unaufhaltsam weiterdrängt: die hohe Kunst der Sonatenform
die Cadenzen durch rhythmische Construction zu vermeiden.
Selbstverständlich gibt es noch andere Arten den
Hauptsatz zu verlängern. Nach den vorstehenden Erörte-
rungen wird es dem jungen Componisten leicht, dieselben
in den Werken der Meister aufzufinden und nachzubilden.
Fünfundzwanzigste Aufgabe.
Bilde nach der hier gegebenen Anleitung ausgedehnte
Hauptsätze der Sonatenform bis zum Eintrittspunkt des Ver-
mittelungssatzes. Verwende dazu so viel wie möglich schon
vorhandenes Material.
141
Warnung!
Man hüte sich ja, diese Sätze in Form von dürftigen
melodischen Auszügen, wie sie hier theilweise gegeben
werden müssen, zu componiren, und nachher den har-
monischen Satz hinzuzufügen. Dieses Verfahren macht
den Satz oberflächlich, trocken und altmodisch, weil es
auf unkünstlerischer Abstraction beruht; vielmehr soll
der junge Künstler stets den ganzen harmonischen Satz
im Kopfe haben, sowie die Darstellung durch dasjenige
Organ, dessen er sich gerade bedient.
Um der Anregung der Phantasie auch etwas Ganzes zu bieten,
folgen hier einige Muster von Beethoven in vollständiger Mittheilung.
Muster.
Beethoven. Hauptsatz des F-durquartetts op. 18.
Allegro con brio.
207 (
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Vordersatz.
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142
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Unterdominante.
Anhang zum Nachsatz, gleichsam zweiter Nachsatz.
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Hauptsatz des C durqu artet ts op. 59.
208 Allegro vivace.
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c. 8.
144
145
Presto.
Hauptsatz der A-nioll (Kreuzer-) Sonate.
Violine
209
Pianoforte
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sfp Vordersatz 9 Takte durch Dehnung des Schlusses.
Bustfor, VormonHhre.
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Anhang 2x8 Takte.
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148
§37.
Der Yermittelungssatz.
Der Yermittelungssatz ist im ersten Theile der Sonatenform be-
kanntlich Modulationssatz, durch den die neue Tonart (des Seiten-
satzes) eingeführt wird. Das Verfahren der Modulation ist dabei ein
mehr oder weniger durchgreifendes.
1. Bei der Sonatine lernten wir S. 127, ein Verfahren kennen,
welches nur einen Halbschluss auf der Oberdominante macht,
und darauf das zweite Thema in der Tonart der Oberdomi-
nante folgen lässt. Ein so loses Verfahren findet sich in der
grosseren Sonate zwar selten, aber es findet sich doch, beson-
ders bei Mozart. In diesem Fall ist also die leichte Aufgabe
des Vermittelungssatzes einen Halbschluss herbeizuführen.
2. Grundlicher geschieht die Modulation, wenn die Einführung der
neuen Tonart durch ihre Dominant -Septimenharmonie geschieht,
wie in der als Muster gegebenen Sonatine von E uhlau. Hier geht
dem Eintritt des Seitensatzes doch der Dominantseplimenaccord
seiner Tonart voraus.
3. Am gründlichsten aber, und in grossen Sonaten am häufigsten,
ist das Verfahren, über die neue Tonart hinweg, in ihre Ober-
dominante zu moduliren. Will man beispielsweise von C-dur nach
Gdur, so modulirt man erst nach D-dur, und von da, gewisser-
massen zurück, nach G-dur. Will man von A-moll nach E-moll,
so modulirt man nach H-dur als Oberdominante von E-moll.
Die Oberdominante wird in dieser Anwendung mit einem alten,
nicht recht verstandlichen Ausdruck: Wechseldominante
genannt. Wechseldominante bezeichnet also die Ob er domi-
nante der Oberdominante. Will man von C-moll nach
Es-dur so modulirt man nach B dur, Dominante der Parallele.
So modulirt z. B. Mozart in der G -moll- Sinfonie, obgleich er
die Parallele schon erreicht hat, noch in deren Oberdominante, ehe
er den Seitensatz in B dur aufstellt.
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t
149
Zwischen den beiden zuletzt aufgestellten Verfahrungsweisen liegt
diejenige in der Mitte, welche einen Ganzschluss in der neuen Tonart
macht, wie in der D dur-Sonate op. 11 von Beethoven.
211
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Der Vermittelungssatz selbst zeigt nun, in seiner erweiter-
ten Gestalt in -der Sonate, meist eine der folgenden Constructionen.
a. Dem Hauptsatz thematisch entlehnt,
knüpft er an diesen als Nachsatz oder Wiederholung an, und
leitet die Motive desselben in die neue Tonart.
So Beethoven in Finale der Cis-mollsonate, wo der Hauptsatz
als Vordersatz, mit dem in Nr. 201 gegebenen Anhang, schliesst.
Jetzt scheint der Nachsatz zu beginnen, wenigstens erscheint
sofort wieder der Anfang:
150
212 ;
Anstatt sich aber in die Haupttonart zurückzuwenden, modulirt
der Satz mit dem Hauptmotiv, welches schliesslich eine etwas weichere
Gestalt annimmt, nach der Oberdominanttonart gis-moll, wo denn
alsbald das zweite Thema beginnt.
213
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Schliesst das Thema tonisch, so tritt an Stelle de3 Nachsätze»
die Wiederholung, so in ziemlich kleinen Rahmen in der A-moll-
sonate von Mozart. Das Thema ist ein achttaktiger Satz, auf dessen
letztem Takte die Wiederholung, und mit ihr der Vermittelungssatz
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eintritt.
214 Wiederholung and Vermittelungssatz.
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Anhang. Halbschluss.
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Wie in dem Beethoven'schen Beispiel dem modulirenden Nach-
satz eine Schlussformel auf der Dominante voranging, so folgt in
diesem Mozart'schen Beispiel eine solche Formel auf der Dominante
der neu erreichten Tonart dem wiederholenden Satze.
In der Es-dur-Sonate op. 31 knüpft der Yermittelungssatz nach
wiederholtem Hauptsatz (§ 36 a) mit dem Haupmotiv desselben an,
um schliesslich mit dem zweiten Motiv die vorgeschriebene Modula-
tion zu machen.
b. Selbständig.
Der Yermittelungssatz bildet sich aus eigenen Motiven. So ist
es z t B. in der Es - dursinfonie von Mozart. An den unter Nr. 199 u. 200
gegebenen Hauptsatz des ersten Allegro schliesst sich der Yermitte-
lungssatz unmittelbar an mit dem Motiv:
215
Dasselbe, ein Zweitakt, wiederholt sich modulirend fünfmal:
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152
setzt sich in F-dur auf einem Orgelpunkte fest,
11
« v m^T3mfe f& i rvt&m
in 4 Octaven.
um dann mit einem ganz neuen Motiv:
218
[yVtSTf
nach B-dur, in den Seitensatz zu lenken.
Ganz selbständig befindet sich in der Don- Juan- Ouvertüre
der Vermittelungssatz zwischen dem Haupt- und Seitensatz.
c, a u. b vereinigt.
Der Vermittelungssatz knüpft an den Hauptsatz an, schreitet aber
zu eigener Satzbildung fort.
In der Gmoll-Sinfonie bildet Mozart das Thema in Gestalt
eines ausgedehnten Vordersatzes von 16 Takten. An diesen Vorder-
satz schliesst sich nun der Nachsatz:
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Modulation nach B-dur.
Neuer Satz im VermiUetaagsaata.
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Modulation in die Dominante der Parallele.
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Zweites Thema
(Seitensatz.)
153
Hier sehen -wir also den Vermittelungssatz als Nachsatz beginnen
und zu selbständiger Satzbildung fortschreiten, bevor er in den Seiten-
satz hinüberleitet. Eigentbümlich ist es, dass dieser neue Satz sich
in der Tonart des Seitensatzes schon befindet, und doch in diese modu-
lirt. Ganz ebenso verfährt Mozart in der C-mollsonate (Vgl. Nr. 85).
Sechsundzwanzigste Aufgabe.
Bilde nach den hier angegebenen Weisen zu den Hauptsätzen
der vorigen Aufgabe Vermittelungssätze, welche auf eine der S. 148
unter 2) und 3) angegebenen Arten in die Tonart des zweiten Themas
einfuhren.
§38.
Das zweite Thema oder der Seitensatz.
Das zweite Thema bildet gewöhnlich zum ersten den grössten
Gegensatz, der im ganzen Satze vorkommt, besonders gestaltet es
sich gern gesangreicher, wenn das erste Thema figurativ sehr ausge-
bildet war. Im übrigen zeigt seine Construction eine ebenso grosse
Mannigfaltigkeit, wie die des ersten Satzes, ja es ist vielleicht eine
noch grössere statthaft, weil die bisherige Entwickelung schon viel-
seitige Anregung gegeben hat.
Die Ausdehnung des zweiten Themas ist in der Regel ein wenig
grösser als die des ersten Themas ohne Vermittelungssatz, aber
bedeutend geringer als die des ersten Themas mit Vermittelungs-
satz. Wir geben unten zwei „z weite Themata" als eine Probe
der Construction.
Das zweite Thema ist immer in seiner Haupttonart fest abzu-
schliessen.
Die Tonart des zweiten Themas ist bekanntlich (§37):
in Dur: die Oberdominanttonart,
in Moll: die Parallele, oder die Oberdominanttonart in Moll.
In den bekanntesten und zugänglichsten Sinfonien, Sonaten,
Quartetten von Beethoven, den drei letzten Sinfonien von Mozart
(G-moll, Es-dur, C-dur) und andern sonatenförmigen (ersten) Sätzen
10**
154
dieser Meister und Haydn's, hat der Schüler hiernach die Construc-
tion der zweiten Themata zu prüfen, und ihr Verh<niss zum
ersten festzustellen.
220 Beethoven« Finale dei Cis-moll-Sonate.
Allegro.
Zweites Thema. Gis-molL
smm
Mozart« Erster 8atz der C-nio]
Allegro.
Zweites Thema. Es-dur.
Beethoven«
Motiv.
Tonica — Dominante.
freie Gegen«
Wiederholung, in Klang und Figuxation gesteigert.
Mozart«
bewegnng. | Wiederholung
fe
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bewegnng.
Beethoven.*
Wiederholung: Dominante —
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Mozart.
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Trngschlass
Nenes Motiv.
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Tonica
Beethoven«
leues Motiv.
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Mozart«
Versetzt und Transponirt. Ünterdominante (Vgl. Hrml. § 71)
Trugschlnss.
155
Beethoven«
Wiederholung, Klang verändert.
Beethoven.
T
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Trugschluss. Unterdominante.
rTnfAr^nmina-nf a ^ »T
Unterdominante.
Beethoven.
ScHuss.
Mozart*
MaaiUJ 7 ? LA! I f i f i
M^
Sl
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Schluss.
Man sieht, dass auch hier, und zwar noch weniger als beim
Hauptsatz, beide grossen Meister s*ch nicht an die Motive der ersten
Takte halten, sondern diese nach einmaliger Wiederholung verlassen
um in neue überzugehen. Der Satz selbst aber wird vollkommen ge-
schlossen.
156
Siebenundzwanzigste Aufgabe.
Gomponire die Seitensätze zu den bisherigen Arbeiten. Auch
hierbei ist möglichst früheres geeignetes Material zu verwenden —
nicht um die Anstrengung der Phantasie zu ersparen, sondern weil
es sich hier nicht um Erfindung, sondern um Formbildung handelt,
und nicht das Genie, sondern der Geschmack erzogen wird.
Ein Beispiel, wo sich zwischen dem abgeschlossenen zweiten Thema
(61 taktige Periode) und dem folgenden Schlusssatz ein Verbindungs-
satz (mit neuen Motiven) einschiebt, bietet die F-dursonate von Mozart,
deren Thema Nr. 202 gegeben ist.
221
^^PipPIP
r K-* W\
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-3*V-
Noch erheblicher ist in der Kreuzer-Sonate der zwischen
Seitensatz und Schlusssatz eingeschobene Vermittelungssatz, der die
ganze Modulation noch einmal vollzieht. Im ersten Falle ist es zu-
lässig, den neuen Vermittelungssatz für einen ganz eigenartigen
Vordersatz des Schlusssatzes zu halten, im zweiten Falle ist die Annahme
eines derartigen Nachsatzes zum zweiten Thema, statt eines aber-
maligen Vermittelungssatzes, denkbar.
§39-
Der Schlusssatz.
In aesthetischer Hinsicht nähert sich der Schlussatz in der Regel
157
wieder dem Charakter des ersten Themas, besonders wenn dieses
lebhafter figurirt war. Seine Ausdehnung ist gewöhnlich derart, dass
sie das Gleichgewicht in der Zweitheilung des Satzes ungefähr her-
stellt (§ 30).
Technisch hat er im Ganzen den Charakter einer ausgedehnten
Schlussformel über ein melodisches Motiv. Man findet den Sehluss-
satz sowohl wiederholt, als auch zusammengesetzt.
Die' Krone aller Schlusssätze ist der der Cismollsonate von Bee-
thoven. Er schliesst sich unmittelbar dem zweiten Thema an, und
wird in Steigerung wiederholt.
222
wiederholt sich mit längerem Schluss
*mniä M m
Der Schlusssatz in Mozart's G-mollsinfonie bildet sich aus drei
Sätzen.
Erster.
223 ££*.„£
223 £ £ A IZ
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Zweiter. J
P£rf4^r
158
folgt Anhang.
Bisweilen erscheint der Schlnsssatz nur als ein Anhang zum zweiten
Thema. So in Beethovens E-moll- Sonate op. 90. (Vgl. § 36 Nr. 203).
224
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pf
§40.
Der Anhang.
Der Anhang, der uns von der Sonatinenform her als fünfter Theil
derselben bekannt ist, beschränkt sich auch in der Sonatenform zu-
weilen auf einige Accorde, doch kommt es auch vor, dass er grössere
Dimensionen annimmt, ja mehrere kleine Satze einschliesst. Muster-
gültig in Bezug auf klare Sonderung der Theile und normale Beschaffen-
heit derselben ist hier wieder die Cis-mollsonate, wo sich an den Nr. 222
gegebenen Schlussatz als Anhang folgender gleichsam verklingende
Satz anschliesst. Construction : 2 x 2 + 2 x 1.
159
925
Ein Beispiel, wo der Anhang aus zwei verschiedenen Theilen
besteht, bietet die F-dursonate von Mozart (Nr. 202).
226
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Noch einige Beispiele gewöhnlicher Construction :
227 Beethoven, C-moll- Sinfonie
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Mozart, Gmoll-Sinfonie.
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Nur zwei Accorde hat die fi-mollsonate, Beethoven op. 90, aufzu-
weisen. Diese schliessen sich an Nr. 224 an. Ausnahmsweise (sehr
selten) fehlt der Anhang gänzlich.
§41.
Die Ueberleitung.
Von der Sonatine her (vgl. Nr. 177) ist uns bekannt, dass, be-
hufs Anknüpfnng der Wiederholung oder der Fortsetzung, sich an
161
den Schluss des ersten Theiles ein Verbindungsglied mittelbar oder
unmittelbar anscbliesst. Das Bedürfniss eines solchen Gliedes ergibt
sich aus dem Verhältniss des Schlusses zum Wiederanfang (resp.
Fortgang in den zweiten Theil).
So bedient sich in der C-mollsonate (Nr. 35) Mozart zu beiden
Zwecken der, dem Hauptthema entlehnten Figur:
229
fe ^ l ^^ frrffe Ei
Folgt das erstemal Wiederholung, das zweitemal Durchführung.
An den, Nr. 225 gegebenen, Anhang im Finale der Cis-moll-
Sonate fügt Beethoven folgende Ueberleitung:
230
Ufa ^ ^. ^ ^ ^. _
-jfr- Beginnt
"* die
Wieder-
holung.
Diese Art, die Ueberleitung aus Motiven des Hauptthemas zu
bilden, ist, besonders bei Beethoven und dessen Nachfolgern, sehr
häufig, fast regelmässig.
In der E-mollsonate für Ria vier und Violine bedient sich Moz art
zum UeberleitungBsatz sogar eines aus dem Hauptthema gebildeten
Canons,
231 in Octaven gespielt.
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§
25
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£TR=t=£
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Basaler, Formenlehre.
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162
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(Vgl. Nr. 69.)
^l-rrfr i rr Affe
der sich im dritten Theil in der Haupttonart so wiederholt :
Aehtondzwanzigste Aufgabe.
Ergänze die angefangenen Sonatens&tze durch ßchlusssatz und
Anhang, nach Bedürfnis» anch Anknüpfung der Wiederholung.
Durch die Aufgaben dieses Abschnittes befindet sich der junge
Componist jetzt im Besitze mehrerer ersten Theile der Sonatenform.
Wir gehen jetzt zu der leichten Arbeit der Bildung des dritten Theiles
(Reprise) über.
Der dritte Theil der Sonatenform.
§42.
Der dritte Theil bildet sich aus dem ersten durch Vermeidung
der Modulation. Man verfährt bei seiner Bildung ganz ebenso, wie
in der Sonatine. Die Theile behalten im Ganzen ihre Dimensionen,
163
Verkürzungen und Verlängerungen im Einzelnen sind natürlich nicht
ausgeschlossen.
Durch den Wegfall der Modulation wird der Vermittelungssatz
zwischen dem ersten und zweiten Thema eigentlich entbehrlich, und
in derThat gibt es einzelne Beispiele, wo er in der Reprise wegfallt.
Hier ist wieder die herrliche Cis-mollsonate anzuführen, welche im
dritten Theile das Thema genau so, wie im ersten, auf einem Halb-
schluss mit Orgelpunkt und Fermate schliesst, dann aber — den
Vermittelungssatz überspringend — sofort das zweite Thema beginnt.
233
Von da ab verläuft alles regelmässig.
Auch in der D-mollsonate op. 31 fällt im dritten Theil der gross
angelegte und festgeschlossene Vermittelungssatz des ersten Theiles
gänzlich fort. Aber freilich hatte er sich schon in der Durchführung,
(II. Theil) oder vielmehr als Durchführung, vollständig wiederholt.
In der Regel wird hingegen der Vermittelungssatz von den grossen
Meistern der Sonatenform beibehalten, und häufig zu thematischer
Arbeit ausgebeutet, dann sogar nicht selten erweitert.
Mozart benutzt diese Stelle in seinen späteren Werken gern
auf diese Weise. So in der G-moll Sinfonie, wo er das charakte-
ristische Motiv des Vermittelungssatzes (a)
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(Vgl. Nr. 219.)
harmonisch und contrapunktisch interessant durchfahrt, und gegen den
ersten Theil um 21 Takte verlängert. In dem berühmten, im vier-
fachen Gontrapunkt fugirten Finale der grossen C-dursinfonie (vgl.
d. Verf. Contrapunkt und Fuge im freien [modernen] Tonsatz) be-
nutzt er diese Stelle zu einer ebenso interessanten Eng fuhrung durch
den Quartenzirkel.
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durch zwei andere Motive contrapunktirt.
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Im ersten* Satz der C-dursinfonie weiss Mozart hier ebenfalls
einen moduiatorisch hervortretenden Satz einzufügen, der genau ebenso
lang, aber gegen den ersten Theil modulatorisch und contrapunktisch
gesteigert ist. Hier folgen beide Sätze zum Vergleich.
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166
Dieses Verfahren ist auch hier dem jungen Componisten zu em-
pfehlen. Er behalte den Vermittelungssatz bei, aber bereichere ihn
auf angemessene Art.
Neunundzwanzigste Aufgabe.
Bilde hiernach zu den componirten Sonaten den dritten Theil.
§43.
Modulatorische Freiheil
In Mollsonaten, deren zweites Thema, nebst dem sich daran
schliessenden Schlusssatz und Anhang, der Uebertragung in Moll
widerstrebt, setzt man statt dessen die
tonische Durtonart.
Diese modulatorische Freiheit findet man, ausser in vielen Compo-
sitionen von Haydn, namentlich bedeutsam in der C-mollsinfonie von
Beethoven. liier gestattete das zweite Thema:
Hj=u
nicht die Uebertragung in Moll , in der es seinen Charakter ganz und
gar eingebüsst hätte, desshalb erscheint es jetzt in der tonischen Dur-
tonart: C-dur:
238
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<f
aa
m
"fs:
LU
f
167
in welcher dann auch der Schiasssatz folgt, dessen siegreiches Feuer
ebenfalls der Uebertragung nach Moll widerstrebt.
239
Dass und mit welchem Recht der ganze Satz dennoch in Moll
schliesst, bleibt einer späteren Erörterung vorbehalten. (Siehe §48.)
Es sind hiernach einige Sätze entwurfsweise umzugestalten.
§44.
Modiflcationen der einzelnen Glieder im dritten Theile.
I. Des Hauptsatzes.
In der D-mollsonate verkürzt Beethoven das Thema um den
gross te» Theil seines figurativeiL Inhaltes, während er es um zwei
Largo-Rccitative verlängert.
240 Largo.
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'^~\^^ß^ f r i r / ^
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^ AUeg ro.
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168
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Hierauf wendet er sich sofort mit den wenigen Modulationstakten
6 V
241 #6 Allegro. Ä6
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mit Ueberspringung des Yermittelungssatzes (§ 42) in den Seiten-
satz, der nun in D-moll auftritt.
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In der Pathetique- Sonate bildet er aus dem zweiten Theil seines
Themas einen Modulationssatz,
243
5: simile sempre.
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m
^=^^
e&i
der hier an die Stelle desjenigen im ersten Theil tritt.
m
der hier an die Stelle dea Vermittelungssatzes im ersten Theile
tritt.
Solche Aenderungen beruhen auf einem richtigen Scharfblick für
die, in dem bestimmten Falle gegebenen Verhältnisse, und auf einer
Sicherheit in der Beherrschung der Form, welche der junge Compo-
nist eben zu erwerben im Begriff ist.
II. Der Vermittelungssatz
wird bisweilen selbst transponirt, um unverändert bleiben zu können.
So z. B. im ersten Satz der Ea-dursinfonie von Mozart, wo der
Hauptsatz im dritten Theil zum Schluss in die Unterdominante ge-
leitet wird , damit der unveränderte Vermittelungssatz in der Tonica
schliesst. (Tonica bis Oberdominante gleich Unterdominante bis
Tonica.)
III. Der Seitens atz
tritt in der Pathetique- Sonate zuerst in der Unterdominante auf,
und wendet sich erst im dreizehnten Takt in die Tonica.
244 .
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170
(Beiläufig sei erinnert, dass dieses Thema im ersten Theil statt
in Dur in der gleichnamigen Molltonart auftritt, und erst seinen
Schluss in Dur macht)
IV* Schlusssatz und Anhang
erhalten oft eine Erweiterung zur Befestigung des Schlusses, die bald
kürzer, bald länger ausfallt, ausnahmsweise sich zu einem ganz neuen
umfassenden Schlusstheil ausdehnt. (Vgl. Eroica- und neunte
Symphonie.)
Der Durchfuhr ungssatz.
§45.
Der Durchführungssatz der grossen Sonate soll sich ausschliess-
lich, oder doch fast ausschliesslich, mit den Themen und Motiven
des ersten Theiles beschäftigen. Wo er es nicht thut, geschieht alle-
mal der Bedeutung der Sonatenform Eintrag, wenn auch der Werth
des Kunstwerkes an sich (d. h. aesthetisch) dadurch nicht betroffen
wird. Immerhin ist der Inhalt desselben der grossen Sonatenform
nicht völlig gewachsen.
In den Meisterwerken Mozart's und Haydn's ist die Durch-
führung meist bedeutend kürzer als die beiden andern Theile, etwa
halb so lang, bei Beethoven erreicht sie die Lauge der anderen
Theile, ja ist bisweilen etwas länger. Dies liegt darin, dass Beethoven's
Genie in der thematischen Arbeit seine grossten Hilfsquellen fand,
während die beiden erstgenannten Meister mehr in der Gegeneinander-
stellung der Themata (Gonstruction) ihre Aufgabe sahen.
• § 46.
Die thematische Arbeit.
Unter dem Begriff „thematische Arbeit" fasst man alles zu-
sammen, was möglicherweise mit einem Thema oder einem Theile
eines solchen geschehen kann, sei es durch Harmonik, Figuration,
Variation, Contrapunkt, Instrumentation; dabei ist jeder dieser Be-
griffe in weitester Ausdehnung zu nehmen. Also alles, was irgend
eine Satzweise aus einem Thema machen kann, fällt unter den Begriff
der thematischen Arbeit.
In den Werken der classischen Meister unserer Instrumental-
musik, mit denen wir hier fast ausschliesslich beschäftigt sind, be-
schränkt die thematische Arbeit das Gebiet des Contrapun ktes in der
171
Regel auf die Imitation. Nur ausnahmsweise, und in besonderer
Absicht dehnt es sich auf die gebundenen contrapunktischen Formen
der Fuge und des Canons aus*).
(Diejenigen Werke, welche ganz und gar im contrapunktischen
Stil geschrieben sind, wie selbständige Fugen, Canons etc. kommen
hier natürlich nicht in Betracht, sondern die Verbindung der contra-
punktischen Formen mit den hier abgehandelten der classischen
Instrumentalmusik.)
So berührt Mozart in der Zauberflöten-Ouverture, Beethoven
in der Ouvertüre zur Weihe des Hauses die Fugenform, der letzt-
genannte in der C-mollsonate für Violine und Ciavier den Canon. Dem
Finale zu Mozart's grosser C-dursinfonie liegt sogar ein vierfacher
(ja, wenn man ein Neben thema mitzählt, fünffacher) Contrapunkt zu
Grunde. Kleine Canons hat die Lehre vom freien Satz (§ 21, 31) in
Beethoven's Sinfonien und anderen Instrumental werken aufgewiesen.
Doch sind dies im Verhältniss zu der grossen Mehrzahl der Werke
nur Ausnahmen, Ausnahmen, welche zeigen, wie weit die thema-
tische Arbeit gehen kann, wenn die Aufgabe es verlangt, und wie
weit der Componist gerüstet sein muss, um auf alle Fälle gefasst
zu sein.
In den Opern Wagner's hat die thematische Arbeit eine ganz
neue, poetisch-musikalische Begründung und Ausgestaltung
erlebt, deren grossartige Technik dem bis hierher der Lehre gefolgten
weder unverständlich noch unerreichbar bleiben kann.
§47.
Thematische Arbeit im Durchführungssatze.
Im Durchführungssatz muss die thematische Arbeit planmässig,
nicht willkürlich von einem zum andern Gedanken springend, erfolgen.
Die besondere Schwierigkeit der Durchführung besteht darin, dass
sie modulatorisch damit anfangt, womit sie enden soll, nämlich mit
der Dominante. Um diese Schwierigkeit zu beseitigen, und Raum
für die Modulation zu gewinnen, haben die Meister mitunter den
Durchführungssatz mit einer Modulation in eine entlegene Tonart
eröffnet. Mozart modulirt im ersten Satz der C-dursinfonie kurzweg
nach Es-dur, und zwar im Unisono:
*) In der A-dnrsonate von Beethoven gestaltet sieh der ganze Darcbf&hrnngssatz au
einer Fuge, deren Thema aas dem Hauptsatz gebildet ist
172
245
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in der G - mollsinfonie mit wenigen Accorden von B-dur (Parallel-
tonart) nach Fismoll:
246
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I
Beethoven in der D-darsonate op. 11 setzt die Durchführung
in B-dur ein:
247
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Mendelssohn bildet eine ebenso originelle, wie zauberhaft klin-
gende Einfuhrung des zweiten Theiles in der A- mollsinfonie , ohne
Zweifel dem bedeutendsten Werke dieser Gattung, welches die nach-
beethove n'sche Periode hervorgebracht hat. Er lässt nämlich die
Tonica von E-moU, womit der erste Theil schliesst, liegen, und da-
gegen die Hörner in zwei Octaven die reine Quinte: cis-gis in-
toniren, ein üebergang der den Reiz der Neuheit nie zu verlieren scheint.
248
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Wäre dieses e Tonica von E-dur, so würde der Eintritt von C is-
moll alltäglich und ohne Wirkung sein.
Die Hauptregeln für die Durchführung sind: man soll ein
Motiv nicht aufnehmen, wenn man nichts damit zu macheu weiss;
und es nicht eher verlassen, als bis man es zur Geltung gebracht hat.
Hat man es aber einmal aufgegeben, so soll man es nicht wieder
173
aufnehmen, wenn es nicht durch Contrast oder Steigerung zu erhöhter
Geltung kommt
In der Modulation soll Ordnung, kein unbestimmtes Hinund-
her herrschen, besonders soll man die Dominante der Haupttonart
vor dem Ende der Durchfuhrung vermeiden. Das Ende der Durch-
führung eignet sich, mehr als jede andere Stelle, zu einem Orgelpunkt
auf der Dominante.
Im Satzgefüge der Durchfuhrung soll feste Form herrschen, wie
in den anderen Theilen, nur, dass hier die kleineren Formen über-
wiegen, und nicht tonisch, sondern modulatorisch ausgeführt werden.
Hier ist der Ort sich in Modulation frei zu ergehen.
Sequenzartige Wiederholung kleinerer Abschnitte kann leicht
kleinlich, pedantisch, altmodisch erscheinen (obgleich nicht immer, es
kommt eben auf die Sequenz an*).
Dagegen gereicht die Wiederholung grösserer, besonders kunstreich
ausgeführter Sätze, in anderer Tonart, vielleicht auch mit kleinen
Veränderungen, dem Durchführungssatz wesentlich zum Vortheil, weil
sie ihm zu grösserer Klarheit der Form verhilft. Dergleichen finden sich in
den grossen Beethoven'schen Sinfonien , besonders auch im ersten
Satz der neunten.
Es gibt keinen symphonischen Satz, der die Momente der Sonaten-
form in gedrängterer und schlagenderer Weise zur Geltung bringt, als
der erste Satz der C-moll- Sinfonie. Von den Motiven des ersten
Theiles werden daselbst folgende zur Durchführung verwendet: Das
249
Hauptmotiv:
249 ft
das thematisch verwandte Motiv:
die erste Hälfte desselben :
2
die Erweite-
rung des Hauptmotives:
i
der zweite und
e
dritte Takt desselben :
ÖS
alle diese sind dem Hauptmotive eng
*) Bei Wagner finden sich harmonische Sequenzen, welche gewiss das Gegentheil von
trocken und pedantisch sind.
174
verwandt. Ausserdem bildet Beethoven eine Verkürzung des
Hauptmotives :
Hiernach verfährt nun die Durchfuhrung folgendermafsen :
Motiv a bildet Einleitung und Doppelsatz in F-moll, 12 Takte,
Motiv b zweimal, Motiv c modulirt in 4 Takten von F-moll in die
Oberdominante von C-moll, mit dem Contrapunkt:
i &jjki i
I
V
a
hier 4 Takte Halbschlussformel, von da in 5 Takten
auf die Oberdominante von G-moll, hier 4 Takte Halbschlussformel,
dann in grader und Gegenbewegung: (m J^S ^ V— in 10 Takten
. . 32 Takte
zwei-
auf den verminderten Septimenaccord von G-moll .
Hauptmotiv a in Erweiterung:
mal, einmal einfach, zweimal verkürzt: Motiv f .... 11 Takte
Motiv d mit Motiv f abwechselnd, wiederholt sich . . 16 „
Motiv e • 16 „
Motiv d 4»
Motiv e, bloss als Wechsel zweier halben Noten gefasst 8 W „
Motiv a, achtmal, fuhrt unmittelbar in die Einleitung,
und mit dieser in die Reprise 8 „
Mozart leitet in der C-dursinfonie I, seine Durchführung mit
der in Nr. 245 gegebenen einstimmigen Modulation nach Es-dur ein,
und wiederholt in dieser Tonart seinen Schlusssatz. An das letzte
fec knüpft er nun eine
Motiv desselben
Modulation, indem er dasselbe aus Flöte und Fagott in die Violinen
wirft, dann, abwechselnd zwischen beiden Geigen und Bässen nebst
I U !7 I x
Bratsche, mit den contrastirenden Rhythmen:
fN^N
r
und:
nach G-moll führt
175
Hier bildet er einen zweistimmigen freien Canon zwischen Vio-
linen und Bässen über die erste Hälfte des Motives, mit vorüber-
gehend folgender Modification desselben: Rn y f ' fh* fT f"
schliesst wieder in G-moll, und bringt auf dem Schi usstakt das ver-
längerte Schlussmotiv, wie es zuerst auftritt:
^
*
p=»i
E
3c -
ÜÜBfeapiF
V
$
fe
hieran die
.Nachahmung des letzten Taktes knüpfend, und damit auf der Domi-
nante von A-inoll Halbschlussformel bildend. Diese Dominante von
A-moll verwandelt sich nun durch die Fortschreitung der Unter-
stimmen In die Dominante von F-dur :
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i§§5
&
*=
$
L {»^
f
Bisher hat sich also die Durchführung ausschliesslich mit dem
Schlussatz des ersten Theiles, vorherrschend mit dessen letztem Motiv
beschäftigt. Jetzt tritt der, Hauptsatz ein, in F-dur und mit dem
Contrapunkt, den er schon im ersten Theile hatte, modulirt nach
A-moll und bildet hier mit seinem ersten Motiv einen, vom ganzen
Orchester gegen die beiden Geigen stark synkopirten Satz
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i
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$
ft=
176
von 10 Takten, der in G-dur schliesst. Darauf Wiederholung des
Schlusses im p mit dem Motiv des Schlusssatzes: .
Alsdann 6 Takte Orgelpunkt auf g,
als Dominante der Haupttonart, mit demselben Motiv des Schlusssatzes
und mit einem kleinen Canon:
\ jl . i r r i r r * r *~~
Oboe.
Fagott
ÜÖÄ
in die Reprise. In dieser Durchfuhrung dominirt also das eine Motiv
des Schlusssatzes durchaus, es bildet den ersten Modulationssatz und
den Schluss, und zieht zweimal den ihm ursprünglich vorangehenden
Takt mit in die Arbeit. Dazwischen liegt die Verarbeitung des ersten
Themas, hauptsächlich des ersten Motives desselben. Die Modulation
erreicht auf der einen Seite Es-dur, F-moll, auf der anderen Seite
A-moll, E-dur, bewegt sich also in 7 bis 8 Stellen des Quinten-
zirkels. *
Dreissigste Aufgabe.
Bilde zu früheren Arbeiten Durchführungen, zuerst nach den
beiden gegebenen Hustern, dann nach eigenem wohlüberlegten
Plan.
§48.
Das Ganze der Sonatenform.
Nachdem durch Herstellung ganzer Sonatensätze die wichtigste
Aufgabe dieser Lehre gelöst ist, scheint es an der Zeit auf die
177
Freiheiten hinzuweisen, die sich unsere Meister im Gebrauche dieser
Hauptform aller Instrumentalmusik genommen haben, ohne
die wesentlichen Bedingungen derselben aufzuheben. Ferner werden
wir auf diejenigen Modificationen der Form unsere Aufmerksamkeit
richten, welche sich aus der Verbindung mit anderen Sätzen ergeben,
und endlich den Einfluss der thematischen Arbeit auf die Formbildung
einer letzten Betrachtung unterziehen.
1) Freiheit der Modulation.
Als regelmässig haben wir anerkannt den Uebergang des ersten
Theiles
in Dur
in die Tonart der Oberdominante
in Moll
in die Tonart der Parallele
in die Tonart der Oberdominante.
Als geringfügige Abweichung haben wir in der Pathetique-Sonate
den Eintritt des Seitensatzes in der Molltonart der Parallele (aber
mit Schluss in Dur) beobachtet.*)* Bedeutendere Abweichungen der
Modulation bieten die spateren Compositionen Beethoven' s und
seiner Nachfolger.
In der grossen C-dursonate
Allegro con brio. ^— ft*^- ffl»* ~
251
PP
§EE
UM
erscheint der Seitensatz:
252
dolce e molto ligato.
l j g pgp*ff>*^ j
™ #* fy% I»
*) In der Appasslonata-äonate op. 57, wird der Seitensaiz (vgl. § 31) regelmässig tn Dnf,
der Schlusssatz und Anhang aber in Moll gebildet, so dass der erste Theil in As-moll sehliesst.
Dadurch erscheint das zweite Thema nnr als mild glänzende Episode in dem Düster des ganzen
Satzes.
Bussler, Formenlehre. 12
178
und der Schlusssatz
253
jr^ni^jTi-]^-^ ^=^
£=3
3
^
*
t
in E-dur, wahrend der Anhang sich von A-moll nach E-moll wendet :
254
W-4 ^
"*- wiederholt sich
Octave tiefer.
In der grossen B-dursonate (Nr. 84) op. 106, und im B-dur-Trio
op. 97 (Nr. 4), wendet sich die Modulation nach G-dur, welche Ton-
art vom Seitensatz an den ersten Theil beherrscht. In der C-moll-
sonate op. 111 tritt Asdur, die Parallele der Unterdominante^ an die
Stelle von Es-dur, der Parallele; ebenso in der neunten, D-moll-
Sinfonie, B-dur an die Stelle von F-dur. Die anderen acht Sinfo-
nien des Meisters sind modulatorisch regelmässig.
Von den früheren Werken Beethoven's zeigt das C-d ur- Streich-
179
Quintett op. 29 die Modulation nach A-dur mit Schluss in A-moll, die
G-dur-Sonate op. 31 nach H-dur, H-moll.
Im Es-dur-Quartett op. 127 geschieht die Modulation nach G-moll.
Zahlreiche andere Fälle bleiben dem Partiturstudium des jungen
Componisten überlassen.
Es kommt zuweilen vor, dass der Seitensatz zwar in einer ent-
legeneren Tonart beginnt, aber alsbald die Beziehung derselben zu
der ihm zukommenden Tonart aufdeckt, und in dieser seinen Verlauf
nimmt: z.B. in Beethoven's B-dur-Trio op. 11 für Clarinette, Violine
und Klavier, auch F-dur-Sinf. I u. IV.
Dagegen ist hier ein Fall anzufahren, in welchem das zweite
Thema in der Haupttonart (also ohne Modulation) eintritt, und
erst im späteren Verlauf, gleichsam als Nachsatz, in die Paralleltonart
fuhrt. Dieser Fall, der in solcher Ausdehnung wohl einzig dasteht,
findet sich im ersten Satz von Mozart's G-moll -Quintett, einer der
merkwürdigsten Compositionen dieses Meislers: An die Nr. 204 gege-
bene grosse Periode, welche den Hauptsatz bildet, knüpft sich näm-
lich ein Sätzchen von sechs Takten, welches im wesentlichen nur
eine Schlussformel (in der Tonica) ist Hier setzt nun das zweite
Thema in G-moll über einer höchst einfachen Begleitungsfigur ein,
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r
5
r
und bildet einen Halbschluss nach B-dur, der, nach Berührung der
Wechseldominante, in den tonischen Dreiklang hinüberfuhrt, wo nun
der Nachsatz eintritt.
256
\W f. i f ' fr i äfo qjB ü
mf p
Halbschluss.
E
Wechseldomin ante.
12'
180
-^ I Nachsatz.
-*w-
£
Der Verlauf dieses technisch bedeutungsvollen Seitensatzes in
der Reprise bestätigt die vorgetragene Erklärung. Derselbe folgt
hier zur Vergleichung im Auszug.
257
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Wrr*ffr#frJ^np^ ^ ^ ^
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cresc.
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j£bui hfl 73 ttf * J r r r. I r i y& Sk
cresc.
hier knüpft der,
ebenfalls weit-
geführte
Schlusssatz an.
181
Anmerkung.
Gewißsermassen hat hier einmal der Seitensatz den Vermittelungs-
satz, der sonst dem ersten Thema gehört, an sich gezogen, und
— wie der Yermittelungssatz sich gewöhnlich als Nachsatz des ersten
Themas einfahrt, — so ihn diesmal zu seinem, des zweiten Themas
Vordersatz gemacht. Dieser Auffassung entsprechen auch die
Dimensionen, da die Zweitheilung des Satzes (vgl. § 30) in den Halb-
schluss fällt, der die neue Tonart einfuhrt
Wir wissen, dass Moll-Sonaten oft im dritten Theil den Seiten-
satz und was sich ihm anschliesst in der tonischen Durtonart bringen.
Wo aber der Charakter des Hauptsatzes (in Moll) dominirt, ist es
nöthig durch einen Anhang diesen und die Molltonart wieder einzu-
fuhren, und damit den Satz einheitlich abzuschliessen. Ein solcher
Anhang ist natürlich seiner Bestimmung nach zu bedeutend , um kurz
abgethan zu werden, er gestaltet sich vielmehr zu einem neuen Theil.
So geschieht es, um das populärste unter den schönsten Beispielen
anzuführen, in der C-moll- Sinfonie (Satz I) von Beethoven, wo
nach dem vollkommen ausgeführten Schluss in C-dur die Modulation
sich in die Molltonart wirft, und zwar durch Vermittelung des Neben-
dreiklanges auf der erniedrigten Secunde, (jener gewaltige ff Desdur
Sextaccord, welcher nur durch die/des ersten Satzes der neunten Sinfonie
übertroffen wird), und hier einen Schluss bildet, der an Länge
den anderen Theilen des Satzes nicht nachsteht
2) Dislocation der Theile.
Zuweilen erscheint das Hauptthema zum Schluss des ganzen
Satzes noch einmal, wenn es eines ganz besonderen Interesses werth
scheint. Häufig aber wechselt es den ihm zukommenden Platz zu
Anfang der Reprise mit dieser Stelle am Schlüsse derselben: dies
geschieht z. B. in der lebensfrischen D-dur-Sonate von Mozart:
*~ i * *
weil die lebhafte Figuration der Durchführung dem ebenfalls auf
dieser beruhenden Thema i
In Beethovea's D-moll
des ersten Theilesin die Du
liehen Bestand er ausmacht.
in der Reprise gänzlich.
3} Einleituug und Schlussanhang.
Nicht selten geht dem Allegro der Sonate ein langsai:
als Introduction voraus, ein Adagio, Largo, Lento etc., wie z. B. in
Mozart's Es-dursinfonie, Beethoven's Patb4tique- Sonate, und anzähligen
anderen Werken. Diese Einleitung wirkt zuweilen auf den Sonaten-
satz nacb, welcher derselben Motive entlehnt In Mozart's Es-dur-
Sinfonie ist die Sechszehntelflgur des Vermitteliu
1 grosser Nabe schädlich sein wurde.
-Sonate wird der Vermittelungssatz
-chführung aufgenommen, deren wesent-
Dessbalb fehlt dieser Vermittelnngssatz
r Satz
nH^pSl
^
dem einleitenden Adagio entlehnt, in der Pathetique- Sonate wird das
Allegro wiederholt durch das Largo der Einleitung unterbrochen, und
ist auch die Stelle der Durchführung:
auf das Motiv
der Einleitung zurückzuführen, welches seinerseits wieder dem ersten
Takte derselben entstammt.
183
Dass der Anhang in der Reprise gern ein wenig verlängert
wird, ist uns schon bekannt (§31). Diese Verlängerung dehnt sich
aber bisweilen zu einem grossen thematisch gearbeiteten Schiasssatze
aus, besonders in den Compositionen von Beethoven.
In bescheidenen Dimensionen bildet einen solchen Anhang Mo z a r t's
G-mollsinfonie.
In der Cis-moll-Sonate von Beethoven erreicht dagegen
dieser Anhang beinahe die Ausdehnung der Reprise selbst, seinen
Inhalt dem ersten, zweiten Thema und dem Anhangssatz entnehmend
und denselben zu machtvollster Spielfulle ausführend.
In der C-moll- Sinfonie tritt bekanntlich (§43) in der Reprise
der zweite Theil in die gleichnamige Tonart: C-dur, und schliesst
auch in dieser ab; hierauf aber folgt ein ausgedehnter thematischer
Anhang in C-moll, welcher den Satz in dieser Tonart beschliesst.
Näheres hier unter 1).
Fast alle Beethoven'schen Sinfonien, sowie viele Sonaten,
Quartetten und andere Compositionen bieten diese Erscheinung, eine
Folge des unerschöpflichen Reichthums dieses Meisters an Hulfsmitteln
thematischer Ausbildung und Steigerung.
Anmerkung.
Yerbindung verschiedener Tempi innerhalb der Sonatenform
zeigt z.B. Beethoven's D-moll-Sonate, deren Hauptsatz zwei
Tempi hat. Eine Duo-Sonate in C-dur von Mozart stellt den Hauptsatz
im Adagio
262
frrFa J£f -f^u5
den Seitensatz im Allegro
263
rrdji#-f
auf.
4) Die thematische Arbeit
erstreckt sich auch auf andere Theile der Sonatenform, als den Ver-
mittelungssatz, den Anhang, die Durchführung, und den Schlussanhang,
wo wir sie bisher gefunden haben.
184
In der F-moll-Sonate op. 57 bildet Beethoven das zweite
Thema aus dem ersten durch freie Gegen bewegung des Haupt-
motiven :
Erstes Thema
264
Zweites Thema
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z*r~±
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^^t^m
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m i u» r ~ i-
J*L
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Liszt bildet in der H- Moll-Sonate: „An Robert Schumann" das
zweite Thema
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durch Vergrößerung aus dem Motiv a des ersten:
Allegro energico.
266 ,
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^P^^^^S
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185
"ä*m
^=t
m
In der C-mollsinfonie begleitet das Hauptmotiv f J J J J alle
Wandlungen des Satzes.
Doch ist das zweite Thema, weil es den grössten thema-
tischen Gegensatz der Sonatenform zu bilden berufen
ist, am seltensten der Sitz thematischer Anklänge.
Häufig ist dagegen die thematische Anknüpfung im Schlusssatz.
In der G-mollsinfonie von Mozart haben wir dieselbe schon gefunden,
einen Theil des Schlusssatzes einnehmend (Nr. 223). In dem mehrfach
angezogenen G-mollquintett dieses Meisters besteht der Schlusssatz aus
dem thematischen Motiv und einer Schlussformel. Ebendaselbst folgt
ein thematischer Anhang und ebensolche Ueberleitung.
Thematische Verwandtschaft aller Theile durch rhythmische
Aehnlichkeit findet sich häufig. So im Finale von Beethoven' s
D-mollsonate und vielen anderen Werken vieler Gomponisten.
§49.
MocHfioatioi der Sonatenform in Finale.
Das Finale, als Schlusssatz eines grösseren Werkes, pflegt die-
sen Schlusscharakter von vorn herein dadurch hervorzuheben, dass
12**
186
es die einzelnen Theile der Form bestimmter abschliesst. So bilden
schon die ersten vier Takte des Finales von Beethoven' s C-moll-
sinfonie
267
-j) <E fTT^-HC * C y E ^ ^
gleichsam einen Schlusssatz. So schliesst das erste Thema, nach
lang gedehntem Halbschluss, mit einem erschöpfenden und gewal-
tigen Schluss auf der Tonica:
268
z rrrr ijutt s.
p^fg
-Auch der Vermittelungssatz, der mit einem neuen Motiv
auf" diesem Schlüsse einsetzt:
1
269
mmm
ff ^
1
3
und die Wechseldominante durch einen Halbschluss erreicht, markirt
in dieser, zwar in lebhafter Bewegung, aber doch sehr in's Ohr fallend,
nachträglich einen Ganzschluss und Uebergang in den Seitensatz:
187
Halbschlass auf Wechseldominante.
Ganzschi.
5
e
s
i^il
£fe*
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270 {
Mittelstimmen zu ergänzen. //
a. Wsdm.
Seitensatz.
pHzP'-ipm^j^ m
®L^JL& 0^m
t
t
Auch der Seitensatz fuhrt mit sehr bestimmter Gadenz in den
Schlusssatz :
^^h^
^^
4=
der seinerseits einen festen tonischen Satz darstellt, mit der
Wiederholung desselben aber, ohne zu cadenziren, in den Anfang zu-
rück, das zweite Mal in die Durchführung, leitet.
Durch glänzende Klarheit der Gonstruction gehört dieser Satz
188
mit dem Finale derCis-moü-Sonate zu den geeignetsten Musterbeispielen
für den jungen Componisten.
N. B. Der in die Durchführung aufgenommene Dreivierteltakt
ist Reminiseenz an das Scherzo, eine Episode der Form.
Nicht selten aber bildet das Finale den Hauptsatz in
Liedform, vorzugsweise kleiner. Diese hat z. B. das in Nr. 21 mit-
getheilte Thema des Finales der G-m oll- Sinfonie. Aber auch
der erste Satz bildet ausnahmsweise eine kleine Liedform. So die
E-moll- Sonate für Klavier und Violine von Mozart, deren Thema
Nr. 69 gegeben ist
IV.
Die höheren Rondoformen.
8ohlU88.
§50.
Die höheren Rondoformen setzen Bekanntschaft und Uebung der
Sonatenform voraus, weil sie Verbindungen der Sonaten form
mit der Liedform sind.
§51.
Die vierte Rondoform.
Die vierte Rondoform stellt als Hauptsatz einen zwei- oder
dreith eiligen (vorzugsweise zweitheiligen) Liedsatz auf.
Diesem folgt, wie in der Sonate, ein Ueberleitungssatz, meist
kurz gefasst, der in den Seitensatz fuhrt und in dessen Tonart mo-
dulirt.
Auf dem Sehluss des Seitensatzes bildet sich dann, mit Ueber-
gehung des Schlusssatzes und Anhanges, ein Ueberleitungssatz, welcher
in die Haupttonart zurückführt und daselbst den Hauptsatz wieder-
holt. Hiermit schliesst der erste Theil in der Hauptton-
art ab.
Jetzt folgt in einer anderen Tonart (Parallele, Unterdominante,
Mediante, gleichnamige) ein liedförmiger Satz, der also die Stelle
der Durchführung in der Sonate einnimmt, als zweiter Theil.
Auf dem Sehluss dieses Satzes erscheint wieder die Ueberleitung
in den Hauptsatz und mit diesem die Reprise, d. h. Wiederholung
des ersten Theiles ohne Modulation, wie in der Sonatenform. (Der
Seitensatz erscheint also in der Haupttonart.) Durch den Ausfall
der Modulation ist die abermalige Wiederholung des Hauptsatzes am
Sehluss bedenklich geworden, sie wird daher abgekürzt, ausgelassen,
oder durch eine thematisch anknüpfende freie Coda ersetzt.
190
Einunddreissigste Aufgabe.
Componire nach dieser Anweisung und den folgenden Bei-
spielen einige Bondos vierter Form, möglichst mit Benutzung vor-
handenen Stoffes.
Das Finale der As -dur- Sonate ist eines der berühmtesten
Beispiele dieser Art. Der ganze Satz befindet sich in fast beständiger,
nur durch ganz kurze Pausen unterbrochener Sechzehntelbewegung,
welche mit dem Anfang des Hauptsatzes beginnt:
271 Allegro.
Der Hauptsatz selbst hat folgende Construction :
{Vordersatz 8 Takte.
N;
16 Takte Erste Periode
achsatz 8 Takte.
16 Takte — statt der zwei-f M od ulir ender Satz 8 Takte,
ten Periode — Doppelsatz.\ Derselbe .... 8 Takte.
32 Takte . 32 Takte
Gilt nach § 7 u. 9 für
Grosse zweitheilige Liedform.
Ein Vermittel ungssatz von 4 Takten fuhrt mit der Haupt-
figur des Themas in die Wechseldominante B-dur, welche sich
sofort in den Dominantaccord Es -dur verwandelt, auf welchem auch
schon das zweite Thema beginnt:
272
K
Vermittelungssatz.
»affirtft
191
8/j3 Seitensatz.
Dasselbe erstreckt sich über 16 Takte. Auf seinem Schlüsse
beginnt eine Ueberleitungspassage, welche in das erste Thema zurück-
führt ;
273
$ ^^^^ ^
=*q
1
&
*T
Thema.
welches vollständig wiederholt wird. Unmittelbar nach seinem Schluss
beginnt ein zweitheiliger Liedsatz in C-Moll,
274- ,
fab y — ■ "T i
^
dessen erster Theil wiederholt wird. Der zweite Theil aber, gelangt
nicht einmal zu abgeschlossener Satzform, sondern leitet durch modu-
lirende Zweitakte in die Dominante von As-dur, und von dieser in
das Thema zurück.
Ausführlicher gestaltet sich die Form im Rondo der C-dur-Sonate
op. 2.
192
§52.
Die fünfte Rondoform.
Die fünfte Rondoform ist im wesentlichen ein« Sonate,
in welcher die Stelle der Durchführung von einem grossen
liedförmigen Satze eingenommen wird.
Am Schlüsse des ersten Theiles wird aber bei vielen Rondos
fünfter Form der Hauptsatz in der Haupttonart wiederholt; soll dies
geschehen, muss natürlich in diese Tonart modulirt werden. Statt
der Wiederholung in der Haupttonart findet sich indessen ebensohäufig
ein Anhang in der zweiten Tonart, welcher aus Motiven des Haupt-
themas gebildet ist. . Der Unterschied zwischen dieser und der
vorigen Form besteht hauptsächtlich darin, dass das Rondo vierter
Form den Sonatensatz auf zwei Themata beschränkt, aber den
Hauptsatz immer wiederholt, das Rondo fünfter Form dagegen
auf keinen Theil der Sonate verzichtet, aber nicht immer den
Hauptsatz am Schluss des ersten Theiles wiederholt.
Erster Theil.
Der Hauptsatz der fünften Rondoform ist gebildet wie bei der
Sonate, kann aber auch Liedform haben.
Der Vermittelungssatz gestaltet sich ganz wie bei der Sonate,
bald thematisch anknüpfend, bald eigenen Inhaltes.
Das zweite Thema ist modulatorisch ebenso bestimmt, wie in
der Sonate.
Vom' Schluss satz gilt dasselbe.
Der Anhang recapitulirt entweder das Thema durch thematischen
Anklang, oder bildet die Ueberleitung in die Wiederholung desselben
in der Originaltonart. Zuweilen fehlt der Anhang.
Die Wiederholung des Themas, wo sie geschieht, ist meist
abgekürzt.
Zweiter Theil.
Jetzt folgt, an Stelle der Durchführung, der für die Form vor-
zugsweise charakteristische Liedpatz, in Bezug auf Tonart sich
ebenso verhaltend, wie in der vierten Rondoform. An diesen knüpft
nicht selten noch ein Stück wirklicher Durchführung, wenigstens irgend
eine thematische Arbeit an, die in den
193
Dritten Theü,
Wiederholung des ersten Theiles ohne Modulation, zurückführt.
In der zusammengesetzten grossen Sonate finden sich diese Rondo -
formen nur ^ als Schlusssätze, und haben als solche die Neigung zu
festabschliessender Satzbildung.
Zweiunddreissigste Aufgabe.
Componire nach der hier gegebenen Anweisung und den
folgenden Beispielen Bondos fünfter Form, wieder vorzugsweise
mit vorhandenem Material.
Ausserordentlich deutlich ausgeprägt finden wir die fünfte Rondo-
form im letzten Satz der F-moll- Sonate op. 2 von Beethoven. Es
gilt desshalb auch dieser Satz als das beste Muster dieser Form.
Der erste Theil verläuft Sonaten-gemäss, mit einer Reminiscenz an
den Hauptsatz schliessend.
275 £ ^
ÖE
*
Wü
*
i-Jj I f L^
II I T= - ^
^tj
( I hier übergangen.)
im
P=fH
5
Nrp r ^P^i
Der dreimalige Dominantaccord von As-dur
Bussler, Formenlehre.
13
194
276 | //
3
m^ -f +\
s
genügt zur Einführung des, für die Rondoform entscheidenden Themas:
277 ,
m
ÖE
e
ZBT
sempre piano e dolce.
9y, b i f f f s
£
S
«
rffiV^rf .fifm ^
SS
fcz
Dieses Thema macht im einundfünfzigsten Takt einen Schluss
in A8-dür. Seine Construction ist:
Erster Thell.
Zweiter Thell.
f Tonisch selbständiger Satz (§6) 10 Takte
l Wiederholung In Klangvariation 10 Takte
! Mittelsatz (2 x 4) 8 Takte
Nachsatz 8 Takte
Mittelsatz und Nachsatz als zweiter Thell wieder-
holt (§8) 16 Takte
Summa 52 Takte
Also kleine dreitheilige Liedform, eigentlich, wenn man
die Satzform der Theile in Rechnung bringt, dreitheilige Perioden-
form (§ 7), der Wiederholungen entkleidet: von 10+8+8 Takten.
Auf dem letzten Takt beginnt nun eine Durchfahrung mit dem
ersten Motiv des Hauptthemas, welche in SO Takten in dieses zurück-
fuhrt.
195
278
i
«7
£
Ohne den (oben constrairten) Liedsatz in Asdur hätten wir einen
vollständig Finale- gemäss gebildeten Sonatensatz.
Dieses ganze, hier besprochene Finale ist vorzugs-
weise geeignet, dem jungen Componisten zum Master zu
dienen.
Das Rondo der Es-dursonate op. 7 gehört ebenfalls dieser Form
an. Es bildet seinen Seitensatz mit dem Motiv:
279
den Schlusssatz mit:
280
• •/ tr tr
Nach dem Schiasssatz kommt nun noch einmal der Hauptsatz:
Erste Periode: Yordersatz, Nachsatz (Nr. 14).
Zweite Periode: Vordersatz —
— statt des Nachsatzes Uebergang:
281 «
^m
ü
^m
5
r
nach C-moll, wo dreitheiliges Lied mit allen Wiederholungen sich
abspielt, um dann durch einen Anhang in die Reprise zu fahren.
Noch sei der junge Gomponist aufmerksam gemacht auf das
Rondo der Pathetique- Sonate, ebenfalls fünfter Form.
Hier ist der As -dur- Mittelsatz besonders interessant durch die
Anwendung combinirter Contrapunkte. (Vgl. Der freie Satz § 30.)
3*
196
§53.
-Das langsame Tempo.
Die bisherigen Uebungen zur Sonatenform und den verwandtem
grossen Rondoformen bewegten sich ausschliesslich im schnellen Tempo.
Doch finden diese Formen auch im langsamen Tempo Verwendung»
Wenn auch die fünfte Rondoform mit ihrer Stofffülle sehr wenig
dazu geeignet erscheint, so lässt sich doch der sonatenartige Theil
derselben zurSonatine verkürzen, und erscheint dadurch auch für ein
langsames Tempo nicht mehr zu ausgedehnt.
So begegnen wir der fünften Rondoform im langsamen Tempo in
dem berühmten Largo e mesto der D-dur-Sonate op. 10, einem der
grossartigsten Sätze von Beethoven. In diesem gestaltet sich der
erste Theil sonatinenmässig, und zwar:
Hauptsatz.
282
schliesst im neunten
Takt.
Vermittelungssatz.
283
schliesst nach
8 Takten
in C-dur.
197
schliesst nach 9 Takten in A - moll.
Schlusssatz.
dauert Tier Takte und beschliesst den ersten Theil ohne Anhang —
der Mittelsatz aber:
286
^
=*
Trr |fffff^ f |ff3T»f^ :
*X 1 » J ff
, «/ (dauert 14 Takte)
• JTjJ l I l=3=fe
USUS US U
1 1 J. J.
tührt, anstatt sich zur Liedform zusammenzuschließen, ein neues Motiv
•ein:
287 -P-f^ fi^
moduiirt mit diesem auf die Dominante der Haupttonart, und geht von da
in den Hauptsatz zurück. Solche Freiheit der Abkürzung verlangt
natürlich das langsame Tempo.
198
Der dritte Theil bietet, nach der regelmässig verlaufenden Reprise,
mit Uebergehnng des Schlusssatzes, eine grossartige thematisch figura-
tive Verarbeitung des Hauptmotives (Nr. 282) welche mit der Figur
des Mittelsatzes
zum Schlüsse fuhrt. Diese thematische Arbeit
kann man nun sowohl als rondomässige Wiederholung des Haupt-
satzes, wie auch als Anhang im Sinne des § 48 auffassen.
An den Schluss knüpft sich noch ein Anhang tiefergreifenden
a
in Nr. 282 anknüpfend.
Inhalts, thematisch an das Motiv
Sonaten- (resp. Sonatinen-) Form findet sich in den langsamen
Sätzen unserer Classiker sehr häufig. Dem Tempo Rechnung tra-
gend, kürzen sie aber fast immer den Durchfuhrungssatz auf ein
Minimum ab, oder streichen ihn ganz (§ 35), indem sie das Bedürfnis»
thematischer Arbeit durch die Variationen des Hauptsatzes befriedigen.
Einen Sonatensatz im langsamen Tempo ohne Durchfahrung
zeigt z. B. das Adagio molto der C-moll-Sonate op. 10.
288
ö
m
Nach dem regelmässigen Abschluss des ersten Theiles in Es-dur
genügt ein einziger Septimenaccord, um in die regelmässig verlau-
fende Reprise zu führen.
289 i
SS
P
• y -I I ifr «r 1
I
In der D-moll-Sonate, op. 31, finden wir dieselbe Form. Der
Vermittelungssatz beginnt mit der Stelle:
199
290
und schlie8st regelmässig auf der Wechseldominante: C-dur. Hier
tritt nun das zweite Thema in der Oherdominanttonart: F-dur, ein,
291 ,
und bildet eine zweitheilige Periode dritter Form (S. 23). Schlusssatz
und Anhang übergehend, wendet sich nun der Meister mit einem
Uebergang von fünf Takten zur Reprise, in der alles regelmassig
verläuft, aber der Hauptsatz zu einer lebhaften Figuration in Zwei-
unddreissig8teln dient.
Vergleiche hierauch das Andante der M ozar t'schen F-dursonate,
deren Thema Nr. 202 gegeben worden ist.
Sonatenform mit kurzer Durchführung zeigt das Adagio affet-
tuoso ed appassionato des F-dur-Streichquartetts op. 1 8.
Dagegen finden wir in dem innig tiefbewegten Adagio molto e
mesto des grossen F-dur-Quartetts, op. 59, die Form der Sonate
mit grosser Durchführung. Das Thema, dessen Vordersatz wir
hier mittheilen (im Nachsatz übernimmt das Cello die Melodie) hat
grosse Periodenform.
Der Vermittelungssatz knüpft an das letzte Motiv des Themas
an, erreicht in vier Takten die Wechseldomi Dante (G-dur), bildet
auf dieser in 3 Takten einen zweimaligen Halbschluss und Uebergang
nach C-moll, wo nnn das zweit« Thema im Cello eintritt.
201
Nach 13 Takten wendet sich dieses Thema zur Schlussbildung
aaf den Quartsextäccord :
hier aber bildet sich eine Schlussformel, so bedeutend und eigen-
thümlich, dass man sie wohl als eigenen Schlusssatz betrachten kann,
wenn auch der Beginn in die Schlussbildung des Seitensatzes fällt:
296
te
m
&
fljmfl
wüte
g| f kz=i^
P
f ff f t
t±=Szi
^bT l
wiederholt sich mit kleiner Variante der Figuration.
Ob man die noch folgenden fünf Takte dem Schlusssatz zurechnen,
oder, sei es ganz, sei es zum Theil, als Anhang betrachten will, ist
hier nicht von Wichtigkeit. Jetzt aber beginnt die Durchführung,
welche den 45 Takten des ersten Theiles 38 Takte entgegenstellt, und
sich zunächst mit dem zweiten Thema, dann mit dem ersten, endlich
mit dem Schlusssatz beschäftigt. Aus diesem entwickelt sich ein Satz
inDes-dur — Molto cantabile — von schmelzender Weichheit, der
keinem bisherigen Gedanken thematisch verwandt ist, dennoch aber
auf die Formbestimmung keinen Einfluss hat, vielmehr als eine
— Episode der Sonatenform — zu betrachten ist, dergleichen
sich in der Durchführung oft finden. Der episodische Satz lautet hier :
molto cantabile.
297 l
202
Motiv des Schlusssatzes:
arco
Indem jetzt das Cello die Fortsetzung übernimmt, fuhrt es mit dem
ersten Motiv im Quintenzirkel: Des-dur, As-dur, Es-moll, B-moll
F-moll, C-dur — auf die Dominante der Haupttonart, wo wieder-
holte Schlussformel und Uebergang in die Reprise stattfindet. Diese
verläuft regelmässig. Aber auf ihrem Schlüsse (wie im sonatenför-
migen langsamen Satze nicht selten) tritt eine Wiederholung des The-
mas ein (welche am Anfang der Reprise dagegen ausgelassen wurde).
Diese Wiederholung fuhrt zu einer weitausgeföhrten Figurationscadenz,
welche in den nächsten Satz des Quartettes (Theme Russe. Alle-
gro) einführt.
Noch einer, sehr hervorragenden Anwendung der Sonatenform
im langsamen Satz muss hier gedacht werden, nämlich des Andante
von Mozart's grosser G-dursinfonie, welches nicht nur im Gan-
zen, sondern auch in allen einzelnen Theilen eine höchst inter-
essante metrische Construction zeigt.
Der Hauptsatz schliesst mit dem elften Takte und beginnt mit
ebendiesem (vgl. § 36) sich zu wiederholen, bildet dabei einen Vorder-
satz von 8 Takten mit Halbschluss auf Oberdominante. Hier setzt
nun, das Tongeschlecht der Oberdominante wechselnd, ein Satz in
C-moll ein, den wir als Yermittelungssatz betrachten müssen.
/TN
298 J
Halbschluss. p
1F^
203
Derselbe macht nach acht Takten kahner Harmonik einen Halb-
schlnss auf der Wechseldominante (O-dur). Hieran schliesst
der Seitensatz von 12 w Takten, dem ein Schlusssatz von vier Takten
folgt. Anhang fehlt, dagegen fuhrt eine Ueberleitungsfigur der ersten
Violine das erstemal in die Wiederholung, das zweitemal in die Durch-
fuhrung:
299
PPS?
i
i
1
(Man beachte, dass hier der Septimenaccord von D-moll
unerwartet eintritt, und dadurch das vorgehaltene d eine ganz eigene
Wirkung macht)
Der fernere Verlauf ist folgender:
Der Vermittelungssatz auf 14 Takte gedehnt
Der Hauptsatz thematisch verarbeitet mit dem Zweiunddreissigstel-
Figurationsmotiv, welches schon im ersten Theil seine Wiederholung
begleitete.
Dieses Motiv, zu einem feurigen ff ausgeführt, welches mit
einer Reminiscenz an den Vermittelungssatz
300
mti^*
/ p
etj=?zz t=a
204
jetzt nicht in den Hauptsatz, sondern in den Seitensatz führt, der
also hier den dritten Theil der Sonatenform beginnt. Yon hier an
verläuft alles regelmässig, aber — nach dem Schlusssatz wiederholt
sich der Hauptsatz, der oben übergangen worden ist. Ein Anhang
von 3 Takten schliesst das Ganze.
Dreiunddreissigste Aufgabe.
1) Gomponire einen langsamen Satz in Sonaten- oder höherer
Rondoform.
§54.
Die zusammengesetzte grosse Sonate.
Ein zusammengesetztes Musikstück für Klavier, oder für Klavier
und einzelne Soloinstrumente wird in der Regel dann als Sonate be-
zeichnet, wenn der erste Satz Sonatenform hat. Dieselbe Form für
den Orchestersatz wird Sinfonie genannt, für einen Verein von
Streichinstrumenten und anderen einstimmigen Organen nach diesen.
So könnte auch die G-moll-Suite von Raff op. 162 als Sonate
bezeichnet werden, weil der erste Satz derselben (modern modifizirte)
Sonatenform hat.
Die Tonart einer Sonate wird nach dem ersten Satz bestimmt,
nicht nach der etwa vorhandenen Einleitung, die Kreuzer - Sonate
steht also in A-molL Bei vielen Mollsonaten (Sinfonieen, Quartetten)
steht das Finale in der gleichnamigen Durtonart, z. B. C-moll-Sinfonie,
neunte Sinfonie.
Ein dem ersten Allegro vorausgehendes Adagio, wenn es auch
noch so weit ausgeführt ist, aber unmittelbar in das Allegro überleitet,
wird nicht als besonderer Satz gezählt, sondern als Einleitung zu dem
Allegro betrachtet, welches also erster Satz bleibt. Solches Adagio
geht z.B. der mehrfach angezogenen E -moll-Sonatine von Mozart
(vgl. Nr. 30) voraus:
301 Adagio.
dolce
£
te^
^ÜP
K-=ir-—
H I frT f »• s - w -
M
f f^=p==X^f^^^^
205
und erstreckt sich in grosser dreitheiliger Liedform über 38 Takte,
um mit dem Halbschluss in das sonatinenförmige Allegro einzufahren.
Bekannt ist das Grave, welches die Pathetique- Sonate einleitet, und
im Verlaufe des Allegro noch öfter eingreift. Auch dem ersten
Satze der A-dur -Sinfonie geht ein weit ausgeführtes Adagio vorauf :
Poco 808tenuio. ot>oe. i ^^"
309.
§fc£
BE
fp
i=g
i
i
Cl&rinette
55:
*
i^y
e
^fc
4=
/ —
&
f
ebenso der Es-dur-Sinfonie von Mozart und mehreren Sinfonien von
Haydn. Berühmt ist die Einleitung in das grosse C-durquartett von
Beethoven.
Sonaten aus einem einzigen sonatenförmigen Satz
kommen vereinzelt vor.
Sonaten von zwei Sätzen sind häufig. Mit grosser Ein-
leitung vor dem ersten Satz z. B. die oben wieder angeführte E-moll-
Sonatine von Mozart, wo auf den Sonatensatz noch ein Rondo
dritter Form, eigentlich Menuett mit zwei Trios folgt:
Rondo. Tempo di Menuetto.
#5
303 ,
a f t^Tr p - s - w -
Erstes Trio. Zweites Thema.
u. s. w.
*^ t tn&±*c^& \ 4im
206
Zweites Trio. Drittes Thema.
3£pa
Wir haben im Verlaufe unserer Betrachtungen diesem Werke
Mozart's, obwohl es ein frühes Jugendwerk ist, grössere Aufmerk-
samkeit geschenkt, weil es, seinem Inhalte nach, verdient, den bedeu-
tenderen Leistungen dieses Meisters an die Seite gestellt und Freun-
den und Lehrern der Musik in's Gedächtniss zurückgerufen zu wer-
den. Auch die G-dur (Duo-) Sonate (Nr. 4) besteht aus zwei Sätzen,
der zweite ein Thema mit Variationen.
Ohne Einleitung zum ersten Satz zw ei sätzig sind z.B. die
andere B-moll (Duo-) Sonate von Mozart (vgl. Nr 19), die Klavier-
sonate Cis-moll
304
mm
^m
von
Haydn, mit Menuet Cis-moll und Cis-dur. Von Beethoven z.B.
die Sonatinen op. 49, die Sonate op. 54, op. 101 (E-dur); die grosse
C-dur-Sonate op. 53 hat auch nur 2 Sätze, denn das zwischen Sonate
und Rondo eingeschobene Adagio ist nur als Einleitung zum Rondo
anzusehen.
Die meisten Sonaten haben drei Sätze, darunter die be-
rühmtesten, wie die Pathetique, Cis-moll, Appassionata. In
der Cis-moll-Sonate hat der letzte Satz Sonatenform, der erste
Satz gehört keiner bestimmten Form an, desshalb hat Beethoven diese
Sonate „quasi una fantasia" bezeichnet. (Zu beachten ist die
Verwandtschaft der Modulation im ersten Satze dieser Sonate mit
der des Trauermarsches).
Die vollkommene Form der grossen Sonate, wie wir sie
in den meisten (allen späteren) Sinfonien Haydn 's und Mozart's,
in allen Sinfonien Beet ho ven's, in den grossen Streichquartetten
207
und Quintetten und verwandten Gattungen der Instrumentalmusik
finden, besteht aus vier Sätzen:
einem Allegro, mit oder ohne Einleitung,
einem langsamen Satz,
einem Menuet oder Scherzo,
einem Finale, Allegro.
Ausnahmsweise wechseln der zweite und dritte Satz ihre Stelle,
z. B. in der neunten Sinfonie und der B-dursonate op. 106, weil
die grosse Ausdehnung und thematische Beschaffenheit der ersten
Sätze eines solchen Gegensatzes bedarf. — Die Stelle des langsamen
Satzes wird zuweilen durch ein Allegretto eingenommen, so in der
Es-dursonate op. 31, in der siebenten und achten Sinfonie. In
der achten Sinfonie ist dagegen das Menuet langsam, in dem, die-
sem Tanze ursprünglich eigenen, ceremoniel graziösen Tempo. Solche
Ausnahmen ergeben sich aus den Bedingungen der gerade vorliegenden
Aufgabe. Wer sie willkürlich herbeiführt, zeigt dadurch, dass ihm
das Wesen der Formbildung verschlossen geblieben ist, und dass er
im Unwesentlichen und Aeusserlichen Hilfsmittel sucht, welche nicht
zu finden sind. Dass zuweilen Sätze desshalb zusammengestellt
werden, weil sie gerade vorhanden sind, ohne irgend welchen Zu-
sammenhang der Entstehung, kann weder bestritten, noch gerade-
zu getadelt werden. Es bleibt solchen Zusammenstellungen doch
noch immer die nicht zu unterschätzende Einheit des Autors.
Ausnahmsweise enthalten Sonaten gar keinen sonatenformigen
Satz z, B. die As-dursonate op. 26, welche aus Variationen, Scherzo
Trauermarsch, Rondo besteht.
Dreiunddreissigste Aufgabe
2) Einige vorhandene Sätze zu Sonaten' zusammenzustellen,
eventuell zu ergänzen.
§55.
Vorkommen der Instrumentalformen.
Den grossen Meistern unserer classischen Instrumentalmusik und
den ihnen am nächsten stehenden Zeitgenossen und Nachfolgern war
die Haupt-Form derselben, die Sonate, so geläufig, dass sie die charak-
teristischen Eigenschaften derselben auch in ausgedehnteren Voc ai-
sätzen zur Erscheinung brachten. Selbstverständlich setzte hier
208
der gegebene Text, durch seine logische und psychologische Bedeu-
tung, ihrer rein musikalischen Neigung Schranken. Doch erkennen
wir diese nicht nur in den Messen von Haydn und Mozart, deren
Text sich leichter einer beliebigen musikalischen Form anschmiegt»
sondern auch in der Oper linden wir häufig den Ansatz zur Sonaten-
form. Die B -dur-Arie des Octavio im Don Juan hat die Struc-
tur der Sonate (Sonatine), ebenso die Auftritts-Arie der Elvira da-
selbst (als Terzett bezeichnet, wegen der kleinen Zwischensätze des
Don- Juan und Leporello):
305 i
Ah! chi mi di- ce ma-
S^
e^E
*==■=*
i
£
m
£
Die zweite grosse Arie der Elvira:
306
4
8
fest er Eng-g^
Mi tradi quell alma in - grata,
ist ein Rondo erster Form, die des Pizzaro im Fi de Ho hat Sonatenform.
Vorzugsweise aber der erste Ansatz der Sonatenform, wie er sich
vom Hauptsatz bis zum Eintritt des zweiten Themas entwickelt,
findet sich in zahlreichen begleiteten Vocalsätzen, selbst in Ensem-
ble's, welche eine dramatische Scene einschliessen. Dass die
Ouvertüren unserer classischen Meister, Mozart's, Beethoven's,
Weber's, Mendelsohn's u. A., fast ausschliesslich der Sonatenform
angehören, darf an dieser Stelle schon als bekannt vorausgesetzt
werden. Auch das Allegro von Wagner's Tannhäuserouvertüre
(welches aus Motiven der Yenusberg-Scene gebildet ist) gehört dieser
Form an, welche sich gewissermassen zu einem Rondo fünfter
Form erweitert durch den Mittelsatz in G-dur:
Acht Violinen.
307 l
Clarinette.
I
209
i
*
i
j.' ^ f r>-i
Meyerbeer's Ouvertüre zu Struensee, in specieller Anlehnung
an Beethoven's Egmont-Ouvertüre, hat ebenfalls Sonatenform.
Die grossen Componisten der französischen und italienischen
Oper, Boieldieu, Auber, Rossini, Bellini u. A, bedienen sich
ebenfalls dieser Form, in besonders scharfer Abgrenzung der Theile
gegeneinander.
Die Ouvertüren von Gluck, dessen Entwickelung in die Zeit
vor der Ausbildung der Instrumentalformen fällt, zeigen zwar noch
nicht die ausgeprägte Sonatenform, weisen doch aber schon stark auf
dieselbe hin.
Die gegenwärtige Richtung der Oper hat jedoch mit innerer Not-
wendigkeit dahin geführt, an die Stelle der Ouvertüre das Vorspiel
zu setzen. Als unübertroffenes Muster eines solchen möge (Jas Lohen-
grin-Vorspiel von Wagner hier genannt werden, dessen innere
Structur dem bis hierher Yorgeschrittenen kein Geheimniss bleiben
kann. —
Wir haben hier die Formbildung von der einfachsten Verbindung
von nur zwei Takten, im sogenannten Zweitakt, bis zu dem
kunstvollen Bau der grossen Sonate und ihrer verwandten Formen
verfolgt und eingeübt. Die grosse Mannigfaltigkeit, welche uns dabei
vor Augen getreten ist, beweist, dass hier, wie in den andern Zweigen
musikalischer Gestaltung, zu vollendeten Kunstschöpfungen, wie wir
sie vielfach zu betrachten Veranlassung genommen haben, ausser dem
berufenen Talent, die gründlichste Sachkenntniss gehört, weil es nur
dieser möglich ist, unter der unerschöpflichen Fülle des technisch
Möglichen das aesthetisch (künstlerisch) einzig Richtige in jedem
Falle mit Sicherheit zu ergreifen.
X
Index.
24, 25, 27, 28, 30,
17.
1, 28, 53, 56, 63, 123,
Abgegrenzt 2,
Abkürzung 98,
Abstrakt 1.
Abstraktion
Abweg 1.
Achttaktü
49,
Aehn]
Aes l
^^70.
Feve 64.
ro 28.
fang 51, 116.
fanger 89, 129
Anhang 42, 47, 52, 64. 98, 115, 118
126, 158, 181, 182, 189.
Anknüpfung 2.
Aneinanderreihung 114.
Arie 208.
Auber 209.
Auszug, melodischer 1, 39, 110, 141,
180.
Auftakt 3.
Ausbeutung 119.
Ausdruck 109.
Ausgefüllt 2, 5.
Ausgeschriebene Wiederholung 37, 99.
Ausnahmsweise 11, 58, 61, 160, 171,
207.
Autor 63.
B.
Ballade 89, 112.
Bässe, gegebene 66 ff.
Basso ostinato 81.
Beethoven, Sinfonien 3, 5, 8, 15, 21,
25, 53, 59, 62, 80, 82 ff., 86 ff., 95,
100, 115, 140, 160, 166, 167, 170,
173, 179, 186 ff. Quartetten und
Quint. 3, 6, 7, 141 ff., 153, 179,
199, Sonaten (einschl. Duo, Trio)
2. 3, 4, 5, 9, 10, 12, 13, 16, 17,
18, 20, 22, 23 ff., 33 ff., 40, 46, 49,
55, 62, 78, 93 ff., 105, 115, 145,
154, 182 ff., 190 ff., 196.
Ouv. 2, 29, 171. Var. 62, 95, 101.
Conc. 5, 6.
Begleitungsform 91, 179.
Begräbnissfeierlichkeit 78.
Begriff 5.
Bellini 209.
Bildung, gesellschaftliche 66, allge-
mein geistige 109.
Biographisch 102.
Boieldieu 209.
Bolero 80.
Bourree 80.
Bühne 70.
Bunt 119.
C.
Cadenz 44, 67, 76, 140.
Cadenziren 187.
Canon 58, 80, 94, 97, 161, 171, 175,
176.
Charakteristich 57, 163.
Chopin 62, 78, 80, 81, 89.
Classisch 1, 38, 198.
Coda 64, 70, 115, 116, 118, 119.
Combination 64.
Componist 1, 13, 40, 51, 55, 195.
Compositionstechnik 4, 5.
Compositionslehre 5, 55, 60, 107.
Concertvortrag von Tänzen 64.
Construction 3, 27, 28, 29, 31, 38,
51, 54, 63, 70, 76, 108, 118, 134,
153, 160, 170, 187.
Contrapunkt 54, 68, 80, 87, dpp. 106,
164, vrf. 164, 170, 171, 174, 175,
comb. 195.
Contretanz 68, 79.
Correspondenz, harmonische 23, the-
matische 28, 65. rhythmische 24.
D.
Dehnung s. Erweiterung.
Diabelli 62.
Dichter 109.
Dimensionen 61, 162, 181.
Doppelzweitakt 4.
Doppelphrase 4.
Doppelsatz 7, 27, 28, 119.
Doppelperiode 56.
Dramatisch 109, 111.
Dreitheilig 30 ff., 37, 48, 65, 119,
189, 194.
Dreitakt 52.
212
Drehung, des Korpers beim Tanz 68.
Dur 17, 19, 32, 57, 99, 116, 124,
127, 153, 170, 181.
Durchführung 58, 120* 129, 161, 163,
170, 171, 182, 187, 194.
Duo 82.
Dynamisch 119.
E.
Effekt 66.
Eigentümlich 57.
Einfach 98.
Einheit 62, 114.
Einleitung 64, 71, 182, 204.
Einschub 42.
Eintaktig 3, 64.
Elemente 1.
Elementarlehre 55.
Elegie 89.
Enharmonische 55.
Entwicklung 57.
Episch 112.
Episode 61, 201.
Erfindung 156.
Ergänzen 6, 39.
Erweiterung 38, 39, 41, 44, 49, 52,
91, 99, 109.
Etüde 61, 62.
F.
Fachbildung 109.
Fanfare 70.
Festmarsch 68, 80.
Feinheit 80.
Fermate 109.
Figurativ 5.
Figur 161.
Figuration 57, 60, 72, 170, 182.
Finale 66, 185, 188, 207.
Form 1, 5, 13, 28, 30, 33, 39, 49,
54, 57, 82, 102, 169.
Formenlehre 1.
Formel 47, 76, 106, 127, 131, 151,
175, 179.
Formbestimmung 57, 99, 107.
Frei 54.
Freiheit 23, 34, 39, 54, 166, 177.
Freie Satz 57, 62, 80, 112, 164, 195.
Fremdartig 55.
Fuge 171.
Fugirt 88, 164.
Fundamentalbass 68.
Fünftakt 53, 68.
Fünftheilung d. Sonate 118.
G.
Galop 64.
Gang 58, 98.
Ganzschluss 8, 10, 11, 17, 32, 40,
44, 72, 117.
Gedächtniss 1, 14.
Gelungen 4.
Gehör 1.
Gegenbewegung 60, 84, 174, 184.
Gegensatz 7, 185.
Generalbass 68.
Genie 156.
Germanisch 110.
Gesetz 110.
Gesellschaftstänze 63.
Gesungenes Lied 108.
Gleich 17, 32, 52.
Gleichnamig 170.
Gleichmafs 54.
Gluck 209.
Goethe 109, 112.
Gounod 112.
Gross. Satz 24, 28, 119 Periode 27,
28, 37. Lied 36, 48.
Gradzahlig 54, 63, 68.
Grundaccord 68.
Grundton 68.
H.
Halbschluss ,10, 11, 14, 27, 32, 47,
72, 127, 139, 179, 186.
Harmonielehre 54, 56, 57, 71, 75.
Harmonisch 61, 66, 164.
Haupttempi 4.
Hauptsatz 72, 97, 115, 119, 167, 181,
Haydn 2, 3, 62, 82, 154, 166, 170
205, 206, 208.
Herrschaft 55.
Heine 112.
Historisch 102.
Hinzufügung 135.
Humoristisch 65.
J.
Idealisirte Tanzformen 79, 81.
Imitation 94, 100, 101, 125, 171.
Inhalt 126, 170,
Instrumentalform 1, 207.
Instrumentalmusik 14, 38, 171, 177.
Instrumentation 170.
Introdnction 65, 182.
Intrade 73.
Jugendarbeit (Mozarts) 30, 102, 104.
K.
Kind 112.
Klammern 3.
Klarheit 173; 187.
Klangsteigerung 73.
Klein: Periode 7. Liedform 14, 31,
33, 37, 194.
213
Kublau 115 ff., 123. 133, 148.
Künstler 14 J.
Kunstwerk 1.
Kürze 3.
L.
Länge 3, 42, 71, 120, 129, 170.
Langsam 89, 196, 204, 207.
Langweilig 119.
Lehrbegriff 1, 5, 13.
Lehrgang 30.
Liedform 14, 22, 30, 31, 32, 66, 98,
189, 194.
Lied ohne Worte 89.
Lied 108.
Liszt 62, 76, 184.
Logisch -55, 108.
LottiU2.
Lowe 112.
Lyrisch 108.
M*
Maggiore s Dur.
Mannigfaltigkeit 66, 118.
Marsch 68, 80.
Marx 58.
Material 55.
Mafsvoll 1-19.
Mazurka 80.
Metrisch 3, 4, 118.
Metrik 3, 109.
Meister 14, 38, 62, 170.
Meisterwerk 68.
Meyerbeer 68, 209.
Melancholie 89.
Melodie 64.
Mendelssohn 29, 38, 70—77, 110.
Menuet 38, 48, 81, 207.
Militärmarsch 64, 68.
Minore s. Moll.
Mittelsatz 43, 51, 51 f.,
Modern 70, 164.
Modulation 42, 54, 55, 60, 82, 97,
108, 117, 119, 126, 162, 173.
Modulationssatz 116.
Moll 8, 19, 22, 32, 65, 116, 124, 127,
153, 166, 181.
Motiv 42, 57, 59, 60, 62, 97, 119,
133, 163, 173, 203.
Mozart Sinf.*2, 15, 29, 49, 50, 52,
60, 81, 115, 135, 148, 151, 157,
163, 174 ff., 182, 185, 188, 202,
Sonaten 2, 3, 6, 8, 13, 24, 28, 30,
50, 80, 103, 125, 137, 153, 161,
188, 199. Conc. 8. Ouv. 27, 54, 115,
Oper 54, 62, 68, 69, 91 Quintett
3, 139, 179, 180, 181, 185, Gesang
11, 112, 113.
Nachahmer 80.
Nachahmung 84.
Nachsatz 7, 8, 10, 12, 14, 15, 17,
23, 27, 30, 31, 41, 43, 46, 119,
181, 194.
Nachschlag 64.
.Nationaltanz 80.
Naturgemäss 55.
Nebenarbeiten 57.
Neuheit 55.
Nocturn 89.
Numeriren 4, 6.
Nummern des Walzers 65.
Notengattung 3, 118.
Nothwendigkeit, innere 55.
0.
Oberdominante 10, 17, 19, 32, 38,
116, 119, 127.
Obermediante 22, 32, 57.
Ohr 3, 5.
Oper 68, 91, 171, 208.
Orchester 175.
Orchestersatz 64, 100.
Orgel 4.
Orgelpunkt 136, 163, 173.
Ouvertüre 73, 115, 208.
Pah sp 2
Parallel* 19, 32, 55, 99, 104, 116,172,
Partiturstudium 107, 179.
Pas 63.
Passage 98.
Periode 7, 14, 15, 17, 19,22,28,33,
39, 48, 63, 83, 136, 194.
Phrase 1, 2, 22, 40, 58, 119.
Phantasie 1, 141.
Plan 176.
Populär 38, 62, 181.
Polka 64.
Polka Mazurka 65.
Polonaise 68, 78, 80.
Poet 113.
Poetisch 108, 171.
Praktisch 13, 112, 120.
<!•
Quadrille 79.
Quartett 38, 82.
Quartenzirkel 19,431, 164.
Quintett 38.
Quintenzirkel 75.
R.
Raff 62, 80, 204.
214
Regelrecht 43, 178.
Resignation 89,
Reichardt 112.
Reissiger 112.
Reim 112, 113.
Reprise 193, 164, 181
Rheinische Polka 63.
Rhythmus 3.
Rhythmik 3, 28, 64.
Rhythmisch 5, 23, 54, 68, 100.
Ritmo a tre battute 53.
Rigaudon 80.
Romanisch 111.
Romanze 112.
Rondo 23, 98, 129, 189. I 92, II 101.
III 102, IV 189, V 192.
Rossini 209.
Rundgesang 92.
S.
Sarabande 80.
Satz 1, 5, 7, 22, 24, 25, 28, 31, 33,
38, 57, 191.
Scherzo 22, 38, 81, 207.
Schema 62, 122.
Schlüsse 8, 14, 57.
Schluss 51, 99, 106, 118, 161.
Schlusssatz 115, 116, 117, 119, 126,
152, 166, 174, 176, 186, 189, 191,
Schnell 64, 89.
Schritt 68.
Schüler 61.
Schiller 110, 113.
Schubert 80, 109, 112.
Schumann 112, 184. .
Selbständig 24, 61.
Sechzehntaktig 27, 28, 36.
Sequenz 49, 68, 131.
Seitensatz 115, 117, 119, 152, 168,
177, 180, 186, 189, 191.
Siebentaktig 54.
Sonate 17, 38, 82, 83, 114, 134 ff.,
162, 170, 189.
Sonatine 115 ff., 148, 196.
Sprache 118.
Spannung 28, 73.
Sprachgebrauch 32.
Specifische Begabung 65.
Steigerung 23, 73, 97, 157, 183.
Stereotyp 91.
Stilvoll 55.
Stimmung 112.
Streichquartett 4, 39.
Studium 82.
Symphonie, Sinfonie 38, 82, 178.
Symmetrie 50.
Syncopirt 175.
T.
Takt 3, 52, 63, 68.
Taktart 1, 3.
Taktstrich 3, 52.
Taktstock 68.
Takttheil 1, 52.
Taktverbindung 52, 54, 68, 118.
Taktwerth 3.
Tanz 63, 66, 68.
Tanzform 38, 81.
Tänzer 63.
Tarantella 80.
Tempo 102, 183, 196,
Text 112.
Technisch 126, 157, 171.
Theil 27, 32, 33, 42, 134.
Theilschluss 38, 55, 57, 68.
Thema 60, 99, 108, 115.
Thematisch 28, 38, 116, 132, 171,
185.
Thematische Arbeit 53, 119, 129.
163, 170, 177, 192.
Theorie 107.
Tonfolge 1.
Tonisch 5, 24, 108, 119, 166.
Tonika 8, 17, 32, 66, 186, "
Tongeschlecht 119, 127.
Tonart 114, 127.
Tonsatz 92.
Transponiren 55, 60, 123, 169.
Trauermarsch 55, 78, 80, 81.
Trio 64, 65, 68, 72, 82.
Trugfortschreitung 84,
U.
üebergang 47, 100, 195.
Uebergangsform 107.
üeberleiten 3, 5, 6, 37, 116, 118,
160, 189.
üebung 25, 30.
Uebermafs 119.
Umkehrung 68.
Umfang 92, 115.
Unwahrheit 1.
Unregelmässigkeit 30, 52, 54.
Unterdominante 41.
Unbewusst 53.
Ungewöhnlich 57.
Ungradzahlig 63.
Unbedeutend 107.
Ungeschick 112.
Unumstösslich 110.
V.
Variante 60.
Variation 37, 60, 61, 99, 100, 101,
170.